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Nicht mehr tun, was andere wollen

Nicht mehr tun, was andere wollen

Titel: Nicht mehr tun, was andere wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrik Fexeus
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Selbst wenn die einzelnen Gruppenmitglieder nicht genug Macht über uns hätten, um unsere Einstellung zu beeinflussen, kann die Gruppe als Ganzes das sehr wohl. Ein beliebtes Spiel unter Psychologen sieht so aus, dass man eine Gruppe Personen um einen Tisch versammelt. Man legt ihnen zwei Bilder vor: eines mit einem Strich und eines mit drei Strichen.

    Wie Sie sehen, ist die vertikale Linie auf dem linken Bild genauso lang wie eine der Linien auf dem rechten Bild, die anderen beiden haben eine andere Länge. Die versammelten Personen werden nun der Reihe nach gebeten zu sagen, welche der rechten Linien genauso lang ist wie die linke. In Wirklichkeit sind das aber alles Schauspieler, die spezielle Anweisungen erhalten haben– bis auf einen. Es wird also nur eine Person getestet. Zu Anfang geben alle Teilnehmer die richtige Antwort, im obigen Beispiel also, dass Linie Nummer2 auf dem rechten Bild die richtige ist. Doch nach einer Weile benimmt sich die Gruppe irgendwie komisch. Als neue Bilder vorgelegt werden, antworten die eingeschworenen Teilnehmer plötzlich mit einer ganz offensichtlich falschen Auskunft (wie Linie Nummer1 im obigen Beispiel ).
    Mit diesem Test will man herausfinden, ob sich eine einzelne Person von der Mehrheit überzeugen lässt oder ob sie es fertigbringt, an der richtigen Antwort festzuhalten. Erstmals wurde dieses Experiment an der Harvard University durchgeführt. Obwohl es sich bei den Teilnehmern um recht intelligente Menschen handelte, schloss sich doch ein Drittel der Mehrheit an und gab ebenfalls eine falsche Antwort. Einige folgten der Meinung der Mehrheit sogar noch, wenn der Längenunterschied an die 20Zentimeter betrug! Interessant ist hier die Frage, ob diese Personen bewusst falsch antworteten, weil sie einfach nicht fähig waren, dem Gruppendruck standzuhalten, oder ob sie sich von der » geballten Weisheit« der Gruppe überzeugen ließen und selbst zu glauben begannen, dass sie sich irrten.
    Gruppendruck klingt in diesem Zusammenhang nicht gerade nach der tollsten Erklärung, denn die Gruppe bestand aus Menschen, die sich vorher noch nie gesehen hatten und außerhalb dieser Aufgabe keinerlei Beziehung zueinander hatten. Doch dass sich jemand von etwas überzeugen lässt, was so eklatant verkehrt ist, nur weil zehn andere Personen das so sagen – das klingt auch reichlich komisch.
    Es ist richtig spannend, den Gesichtsausdruck der Testperson zu beobachten, wenn die anderen plötzlich falsch antworten. Die Person, die ich selbst beobachtet habe, sah die anderen Gruppenmitglieder an, als hätten sie den Verstand verloren. Bei jedem, der wieder die unsinnige Antwort gab, bekam er größere Augen. Er empfand die Situation als völlig absurd und reagierte, als könne er seinen Ohren nicht trauen. Als er an der Reihe war, zeichnete sich ein deutlicher Konflikt auf seinem Gesicht ab. Ich glaube, was bei ihm passierte, war beiden Erklärungen zuzuschreiben: Der soziale Druck war da und wirkte auf ihn. Er betrachtete die anderen Personen auch nicht als Idioten. Doch er konnte einfach nicht seine eigenen Sinneseindrücke anzweifeln, die ihm etwas ganz anderes sagten.
    Die Lösung für diejenigen, die in so einen Konflikt geraten, besteht darin, einfach überhaupt nichts mehr zu entscheiden– sondern die Autorität, die Gruppe, für sie entscheiden zu lassen. Die NSDAP-Mitglieder in den 40er Jahren waren bestimmt nicht alle Nazis. Doch zusammen mit dem Rest der Gruppe Hitlers autoritärer Stimme zu folgen, war wohl der einfachste Weg, um mit einer Situation umzugehen, die extrem unangenehm hätte werden können, wenn sie angefangen hätten, selbst zu denken– und zu zweifeln.
    Eine sanftere Art, Autorität auszuüben, bestünde darin, dass ich mich erst als Autorität etabliere und mich dann als das ausgebe, was Sie am liebsten wären. (In einem gewissen Rahmen. Wenn ich Respekt will, ist » Fantah fever« sicher der falsche Weg, auch wenn Sie das sonst vielleicht durchaus attraktiv finden.) Ich sorge ganz einfach dafür, dass ich glaubwürdiger wirke, indem ich vorgebe, genau die Wertvorstellungen zu hegen, an denen Sie selbst sich orientieren. Das ist die klassische Methode, wenn man dem Volk einen Politiker verkaufen will und ihn/sie populär machen will. Wenn man Reklame für Dinge machen kann, warum dann nicht auch für Menschen? Man muss bloß zusehen, dass der betreffende Politiker nett ist (aber kein Weichei ), eine deutliche (aber nicht zu spezielle) Persönlichkeit besitzt,

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