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Nicht mehr tun, was andere wollen

Nicht mehr tun, was andere wollen

Titel: Nicht mehr tun, was andere wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrik Fexeus
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steigt unsere biologische Bereitschaft, auf eine eventuelle Gefahr zu reagieren, und es kommt zu einer raschen Adrenalinausschüttung. Denken Sie mal nach, welche Produkte gerne rot sind: Marlboro. Coca-Cola. Kitkat. Waren, die Genuss und Anregung versprechen. Durch die rote Verpackung bekommen Sie dank Ihres kleinen Adrenalinstoßes einen Kick– und damit einen Vorgeschmack auf das, was das Produkt Ihnen verspricht– und zwar allein durchs Ansehen! Fast alles in unserer Umwelt kann auf diese Art Reaktionen bei uns hervorrufen.
    Wenn Sie das mit dem Priming-Effekt kombinieren, führt das zu verblüffenden Phänomenen. Sobald Sie einen Text lesen, der von alten Menschen handelt, werden Sie sich tatsächlich langsamer bewegen als vorher. Ihr Hirn hat nämlich selbsttätig darüber nachgedacht, wie es sich anfühlt, alt zu sein, und Ihr Körper reagiert entsprechend. Aber es kommt noch merkwürdiger. Der Text an und für sich muss gar nicht vom Altsein handeln. Es reicht, dass genügend Wörter darin vorkommen, die man mit Alter assoziieren kann– und schon stellt Ihr Gehirn die Verbindung selbst her und schaltet in den » Seniorenmodus«, ganz egal, was wirklich im Text stand. Ebenso geht es, wenn Sie einen Text lesen, der eigentlich vom Kochen handelt, dabei aber Vokabeln wie » heftig«, » gewaltig«, » kräftig«, » aggressiv«, » bissig« oder » streiten« enthält. Dann wird es Ihnen im Anschluss viel leichter passieren, dass Sie wütend werden und wegen einer Bagatelle mit irgendjemand Streit anfangen. Ganz unbewusst haben Sie die Verbindung zu einem aggressiven Verhalten hergestellt und Ihr Handeln daran angepasst– und dabei ist es ganz egal, dass Sie im Grunde nur ein Kochrezept gelesen haben.
    So hat der Psychologe Daryl Bem gezeigt, dass nicht einmal so grundlegende Dinge wie unsere Auffassung von Richtig und Falsch immun gegen den Priming-Effekt sind. Mitte der 90er Jahre ließ er Testpersonen verschiedene Aussagen treffen. Wenn eine Aussage korrekt war, leuchtete eine Lampe auf. Wenn sie falsch war, leuchtete die Lampe nicht auf. Als die Verbindung zwischen dem Aufleuchten der Lampe und wahren Aussagen etabliert war, versuchte Bem die Lampe auch dann aufleuchten zu lassen, wenn die Testperson eine Unwahrheit sagte. Das Ergebnis? Zum Schluss glaubten diese Personen an ihre falschen Behauptungen!
    Priming weckt Assoziationen in uns, ohne dass wir es merken. Auf diese Art kann man unmerklich, aber äußerst konkret unsere Stimmungen, unsere Vorstellungen von Richtig und Falsch sowie unser Leistungsvermögen beeinflussen. Und dazu müssen Sie sich nicht mal in den Kopf eines Universitätsprofessors hineindenken. In einem extremen Beispiel ließ man zwei Gruppen von afroamerikanischen Collegestudenten einen Standardtest ablegen. Vor der Prüfung mussten sie einen Fragebogen mit persönlichen Angaben ausfüllen. Bei einer Gruppe gab es auf diesem Fragebogen auch ein Feld namens » Rasse«. Diese einfache Frage reichte, um im Unterbewusstsein der Prüflinge all die Vorurteile und Stereotype über faule, dumme Afroamerikaner zu wecken, die ihnen immer noch im Kopf herumspukten. Mit dem Ergebnis, dass diese Gruppe nur halb so gut abschnitt wie diejenige, die das Feld nicht hatte ausfüllen müssen. Als die Studenten hinterher befragt wurden, ob irgendetwas an dem Test ihre Leistung beeinträchtigt haben könnte oder ob es sie gestört hatte, ihre Rasse angeben zu müssen, antworteten sie, es habe sie nicht gestört, und sie seien wohl einfach nicht klug genug! Die wieder zum Leben erweckten Vorurteile wirkten also in ihrem Unterbewusstsein nach wie vor. Genauso ging es den blonden Frauen, denen man vor einem IQ-Test Blondinenwitze vorlegte. Sie erzielten schlechtere Ergebnisse als die andere Gruppe von Blondinen, die diesen herabsetzenden Scherzen vorher nicht ausgesetzt worden waren. Da Priming ganz unmerklich wirkt und wir seine Wirkung kaum verstehen, auch wenn wir mit der Nase darauf gestoßen werden, könnten wir fast zu einer Art magischem Denken kommen. Aber bevor wir dazu kommen, möchte ich Ihnen noch ein anschauliches Beispiel für Priming in der Praxis geben.
    Take Tea and See
    Die Werbeagentur Leo Burnett in den USA setzte den Priming-Effekt in einer genialen Kampagne ein. Sie sollten die Amerikaner dazu bringen, mehr Tee zu trinken, doch das war schwierig, denn die Amerikaner hingen einfach zu sehr an ihrem plörrigen Kaffee. Eines Tages fiel jemand bei Leo Burnett ein, dass immerhin in fast

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