Nicht mehr tun, was andere wollen
jedem amerikanischen Heim eine Teekanne stand, und zwar fast immer dieselbe Ausführung– eine rote Kanne. Die Agentur kreierte also Plakate mit der Abbildung einer solchen roten Teekanne, unter der folgender Slogan stand: » Take Tea and See.« Dahinter steckte der Gedanke, dass die Leute dieses Bild mit ihrer Teekanne zu Hause assoziieren würden. Und wenn die Hausfrau ihre eigene Kanne in der Küche sah, sollte automatisch die Assoziation zu der symbolischen Teekanne auf dem Plakat hergestellt werden– und damit auch zum Slogan » Take Tea and See«. Nun war dieser Slogan ja nichts anderes als eine direkte Anweisung, Tee zu trinken. So wollte die Agentur in jeder amerikanischen Küche das gedankliche Bild ihres Plakats verankern– zumindest bei den Leuten, die so eine rote Teekanne besaßen. Ein unsichtbares Plakat, das keinen Platz wegnahm und keine Druckkosten verursachte, sondern nur im Kopf der Konsumenten existierte. Eine interessante Idee. Und tatsächlich stieg der Verkauf von Tee in den nächsten Jahrzehnten stetig an.
Freuen Sie sich, mich zu sehen, oder stehen wir nur gerade im Obstladen?
Deutungen und Assoziationen, an die wir nicht denken
Seit über dreißig Jahren lernen Medizinstudenten, dass ein Asthmaanfall nicht nur durch das tatsächliche Einatmen von Blütenpollen ausgelöst werden kann, sondern auch durch den bloßen Anblick einer Blüte. Auch eine Plastikrose kann eine derartige allergische Reaktion auslösen. Mit anderen Worten: Sobald man mehrfach echten Blüten und Pollen ausgesetzt war, »lernt« das Gehirn, eine Assoziation zwischen dem bloßen visuellen Eindruck und dem Zusammenziehen der Bronchien herzustellen. Wie genau funktioniert das? Obwohl seit dreißig Jahren die Verbindung zwischen Hirn und Körper erforscht wird, haben wir auf diese Frage immer noch keine befriedigende Antwort gefunden.
Vilayanur S. Ramachandran, Die blinde Frau, die sehen kann: Rätselhafte Phänomene unseres Bewusstseins
Bis jetzt ging es meistens um Wörter oder Bilder, wenn ich von Priming gesprochen habe. Tatsächlich werden wir aber von allem beeinflusst, was sich in unserer Umgebung befindet. Abgesehen von Farben und Formen wären auch Geruch und Temperatur zu nennen, Geräusch und Bewegung, Hart und Weich. All das kann z. B. Einfluss darauf haben, was Sie von einem anderen Menschen denken. Also dürfte darin auch ein potenzielles Priming-Werkzeug liegen.
Der Psychologieprofessor Timothy Wilson berichtet Folgendes: Er saß bei einem Elternabend in der Schule seiner Tochter und lernte einen anderen Vater kennen, der sich als Phil vorstellte. Timothy erinnerte sich, dass seine Frau ihm schon von Phil erzählt hatte: Er sei ein anstrengender Typ, der anderen gern ins Wort fiel, nicht richtig zuhörte und die ganze Zeit nur seinen Willen durchboxen wollte. Timothy kam ziemlich bald zu der Erkenntnis, dass seine Frau mit ihrer Beschreibung absolut recht gehabt hatte. Phil redete dazwischen, fragte, inwiefern sein Sohn von den Vorschlägen auf diesem Elternabend profitieren könne, und weigerte sich, auch einmal über die Argumente der anderen Eltern nachzudenken. Als Timothy nach Hause kam, erzählte er seiner Frau, wie recht sie doch gehabt habe. Erst verstand sie ihn nicht richtig, und dann meinte sie: » Ich hab doch gar nicht von Phil gesprochen, sondern von Bill. Phil ist total nett, der hilft auch oft in der Schule aus.« Im Lichte der neuen Information dachte Timothy peinlich berührt an den Elternabend zurück und musste sich eingestehen, dass Phil wahrscheinlich nicht mehr dazwischengeredet hatte und auch nicht arroganter gewesen war als die anderen Eltern– er selbst eingeschlossen. Ohne sich dessen bewusst zu sein, hatte Timothy Phils Benehmen mit einer vorgefassten Meinung beurteilt. In Wirklichkeit hätte sich Phils Verhalten auch ganz anders deuten lassen. Doch der erste Eindruck, den man von einem Menschen bekommt, ist wahnsinnig stark. Jedoch sind wir uns selten darüber im Klaren, dass dieser erste Eindruck von anderen Dingen beeinflusst wird, die uns durch den Kopf gehen. In Timothys Fall war es eine vorgefasste Meinung über Phil gewesen.
In einem Experiment in meiner Sendung Hjärnstorm wollte ich untersuchen, ob ich bei Testpersonen ganz verschiedene Eindrücke von mir selbst hervorrufen könnte– je nachdem, in welchen Gefühlszustand sie vor der Begegnung mit mir versetzt worden waren. Die Teilnehmer sollten also vor unserem ersten Treffen keine Meinung über mich haben,
Weitere Kostenlose Bücher