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Nicht mehr tun, was andere wollen

Nicht mehr tun, was andere wollen

Titel: Nicht mehr tun, was andere wollen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrik Fexeus
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sich jedoch mental in einem genau vorprogrammierten Gefühlszustand befinden. Die Methode, mit der ich meine Versuchspersonen in die unterschiedlichen Gefühlszustände versetzte, bestand darin, ihnen verschiedene Umgebungen zu zeigen. Ich wollte bestimmte Gedanken- und Verhaltensmuster bei ihnen auslösen, indem ich sie äußerlichen, » passiven« Einflüssen aussetzte (passiv insofern, als ihnen keine bewusst formulierte Botschaft gegeben wurde, wie z. B. ein Text ). Wir luden ein paar Leute zum Schwedischen Fernsehen ein, unter dem Vorwand, dass sie einen neuen Programmleiter beurteilen sollten. Sie wussten jedoch nicht, dass wir sie vorher schon in zwei Gruppen eingeteilt hatten, die sich unabhängig voneinander in zwei völlig verschiedenen Umgebungen aufhalten sollten. Die eine gestalteten wir so gemütlich wie möglich: Kerzen, klassische Musik, Espresso, Obst und Kekse. Die andere statteten wir so unbehaglich aus, wie es nur ging: ein unangenehmer Raum in einem Kellergang, Betonwände, schmutzige Möbel, angefaultes Obst und kalter Kaffee in einer Thermoskanne. Ich hängte auch Bilder von Waffen an die Wände, denn der Anblick von Waffen löst Aggressivität aus (auch wenn es sich nur um ein Bild zu Dekorationszwecken handelt ). Ich fragte mich, ob das Priming-Experiment so funktionieren würde, denn die Teilnehmer nahmen schon sehr deutlich wahr, in was für eine Umgebung wir sie da steckten. Wir filmten sie heimlich, während sie auf die Probeaufnahmen und die Beurteilung des Moderators warteten. Beide Gruppen brachten deutlich zum Ausdruck, wie sehr ihnen ihr Aufenthaltsraum gefiel bzw. nicht gefiel. Dabei hoffte ich, die Personen durch die unterschiedlichen Umgebungen in einen so starken Gefühlszustand zu versetzen, dass sie dieses Gefühl mitnahmen, wenn sie den Raum verließen. Nach zwanzig Minuten trafen sich beide Gruppen in einem neuen, neutralen Milieu, wo man ihnen eine Aufgabe stellte: Sie sollten mich beurteilen. Ich hielt einen kurzen Vortrag über mich und eine erfundene Sendung. Sorgfältig achtete ich darauf, mich so auszudrücken und so aufzutreten, dass es genügend Raum für Interpretation gab. Das heißt, ich war weder zu selbstsicher noch zu unsicher, weder zu nett noch zu unsympathisch. Ich setzte darauf, dass die Versuchspersonen sich einen Grund für ihr Gefühl suchen würden, wenn sie nicht wussten, warum sie übellaunig bzw. fröhlich waren oder sich ihres Gefühlszustandes gar nicht richtig bewusst waren. Und dieser Grund war ich. Wenn sie jedoch wussten, warum sie diese positiven bzw. negativen Gefühle spürten, wenn sie also begriffen, dass diese auf die Atmosphäre in ihren Wartezimmern zurückzuführen war, dann würde das Experiment fehlschlagen. Dann wäre ihnen nämlich klar, dass sie wegen eines dreckigen Sofas sauer waren und nicht, weil ich so ein Blödmann war.
    Das Resultat war beeindruckend. Die Personen, die sich in der angenehmen Umgebung aufgehalten hatten, beurteilten mich samt und sonders positiv, während ich von den anderen durchwegs schlechte Kritiken bekam. Obwohl den Gruppen im Wartezimmer sehr wohl bewusst gewesen war, wie nett bzw. hässlich ihre Umgebung doch war, hatten sie offensichtlich keine Ahnung, wie dieses Erlebnis noch danach ihr Urteilsvermögen beeinflusste.
    Nach dem Experiment erzählte ich den Teilnehmern, was wir gemacht hatten. Interessanterweise konnte ich einen Bonuseffekt beobachten, von den Psychologen magical thinking genannt oder auch » illusorische Korrelationen« (versteht man sofort, nicht wahr?)– oder auch ganz einfach Wunschdenken. Damit Sie leichter verstehen, was ich meine, gebe ich Ihnen noch ein anderes Beispiel. Die Psychologen Chapman & Chapman dachten sich für ein Experiment psychologische Profile für ein paar Jungs und Mädchen aus (einige » gesund«, andere » krank« ), denen sie dann Zeichnungen zuordneten, die andere Kinder aus derselben Gruppe angefertigt hatten. Dann ließen sie Psychologiestudenten erklären, warum die Kinder– im Hinblick auf ihre angeblichen psychologischen Profile– die Bilder so und nicht anders gezeichnet hatten. Die Studenten erfuhren nicht, dass die Bilder und Profile ganz willkürlich zusammengeführt worden waren. Natürlich fielen ihnen allen höchst komplizierte Erklärungen für die Zeichnungen und die Personenbeschreibungen ein. Und jetzt kommt das Interessanteste: Als sie anschließend erfuhren, dass es zwischen den Bildern und den Profilen überhaupt keine Zusammenhänge

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