Nicht mehr tun, was andere wollen
Waschmittel kaufen gehen. Sie kommen zum Regal und sehen sich einem riesigen Angebot gegenüber– allein in meinem örtlichen Supermarkt, der gar nicht mal so groß ist, gibt es 32 verschiedene Sorten. Eigentlich ist es nicht besonders wichtig, was für eine Marke Sie kaufen. Außerdem haben Sie wesentlich Wichtigeres zu tun, als eine gründliche Kosten-Nutzen-Analyse von 32 verschiedenen Waschmitteln durchzuführen. Deswegen nehmen Sie wahrscheinlich die Marke oder die Verpackung, die Sie am besten kennen. Der Grund dafür, dass Sie sie wiedererkennen und auch immer wieder kaufen, ist der, dass Sie ihren Namen immer wieder in der Fernsehwerbung und in Anzeigen gesehen haben. In einer Umfrage, die wir für Hjärnstorm durchführten, erklärte ein Mann: » Ich kümmere mich überhaupt nicht um Werbung, ich kaufe, was ich will.« Er hatte nicht darüber nachgedacht, dass er etwas vielleicht deswegen haben wollte, weil er es wiedererkannte, dass es attraktiv für ihn geworden war, weil er es zuvor wiederholt gesehen hatte– in der Werbung.
Wenn das alles wahr ist, dann müsste ein plötzlicher Anstieg der Fernsehpräsenz eines Produkts für dramatische Veränderungen sorgen, weil wir es verstärkt wiedererkennen. Daraufhin müsste auch der Absatz steigen– bzw. das Interesse für die Person. So etwas ist leicht zu messen, und wann immer man einen Vergleich anstellte, kam man zu dem Ergebnis, dass die Annahme zutrifft. Wenn ein Produkt im Fernsehen erscheint, kaufen wir mehr davon. Wir brauchen Werbespots nicht mal zu mögen. Der Film oder die Anzeige kann auch total unter aller Kanone sein. Das ist für den Wiedererkennungsfaktor völlig unerheblich. Wenn wir vor dem Regal mit den Waschmitteln stehen, ist es völlig egal, dass es ein mies synchronisierter, dümmlicher amerikanischer Werbespot war– wir entscheiden uns für das, was wir wiedererkennen. Und je mehr Sie eine Ware wiedererkennen, desto sicherer kann ich sein, dass Sie sie auch kaufen. Egal, ob es sich um ein Produkt oder eine Person handelt.
Aber einen Haken gibt es dann doch– zumindest wenn es um den Wiedererkennungseffekt geht, dessen wir uns bewusst sind. Wenn wir eine Sache pausenlos immer wieder zu hören bekommen, haben wir sie nach einer Weile einfach über. Nachdem wir einen Werbespruch x-mal gehört haben, bekommen wir ihn satt. Darin unterscheidet sich das bewusste vom unbewussten Wiedererkennen. Der Psychologe David Shumann beschloss, der Sache auf den Grund zu gehen. Er wollte auch wissen, was passiert, wenn man die Botschaft jedes Mal leicht abändert. Den Teilnehmern seines Experiments wurde ein falsches Fernsehprogramm vorgespielt, inklusive Werbespot für einen fiktiven Stift, den » Omega-3-Stift«. Die eine Hälfte der Gruppe bekam denselben Werbespot für diesen Stift mehrfach zu sehen, vier oder acht Mal, während man der anderen Hälfte der Gruppe vier oder acht verschiedene Spots für den Omega-3-Stift zeigte.
Beim Fernsehen versuchen wir ja normalerweise nicht, die vorbeiflimmernden Werbespots bewusst aufzunehmen. Wir schauen eher aus dem Augenwinkel zu. Shumann entdeckte, dass wir bei dieser Art von flüchtiger Aufnahme rasch ermüden, wenn wir immer wieder denselben Film zu sehen bekommen. Aber wenn er leicht variiert wird, ermüden wir nicht im Geringsten, vielmehr wird unsere Einstellung zur Werbebotschaft immer positiver, je mehr Varianten uns angeboten werden.
Wenn wir Werbespots jedoch bewusst verfolgen (vielleicht, weil es sich um ein Produkt handelt, das uns tatsächlich interessiert ), sieht die Sache schon ganz anders aus. Hier stellte Shumann fest, dass der Ermüdungseffekt eintritt, nachdem wir den Spot ungefähr acht Mal gesehen haben, egal ob es immer derselbe war oder mehrere Varianten. Wenn wir eine kommerzielle Botschaft bewusst verarbeiten, bieten uns die Wiederholungen nämlich eher eine Gelegenheit, die Werbebotschaft genauer unter die Lupe zu nehmen und zu kritisieren.
Das klingt jetzt vielleicht so, als würde es dem widersprechen, was ich vorher festgestellt habe. Das Experiment mit den sinnlosen Wörtern und die Demonstration mit den kurz eingespielten Porträtfotos schien ja nicht auf einen Ermüdungseffekt hinzudeuten, ganz im Gegenteil: Zajonc bekam mit jeder Wiederholung bessere Ergebnisse. Aber man darf nicht vergessen, dass diese Experimente von einem extrem einfachen und kurzen Eindruck (im Fall der Gesichter sogar so kurz, dass er nicht einmal bemerkt wurde) ohne spezifische Botschaft
Weitere Kostenlose Bücher