Nicht mehr tun, was andere wollen
erzählt, dass ihr Mann ganz unbewusst selbst den Mund aufmacht, wenn er möchte, dass ihre kleine Tochter den Mund aufmacht. Gott sei Dank tut er das– denn wenn er den Mund aufmacht und sie sein Verhalten imitieren lässt, kann er ihr das Essen in den Mund schieben, und das arme Kind muss nicht verhungern. Daher ist es wohl nicht verwunderlich, was der Motivationstrainer Cavett Robert sagt, wenn er das Prinzip der sozialen Zugehörigkeit erläutert: » Da 95Prozent der Bevölkerung Nachahmer sind und nur 5Prozent Innovatoren, lassen sich die Menschen leichter durch das überzeugen, was andere Menschen tun, als durch alles andere, was wir [in der Reklamebranche] uns ausdenken könnten.«
Um genau zu untersuchen, wie ansteckend die Handlungen anderer Leute sein können, habe ich mich mit ein paar anderen auf eine belebte Straße gestellt und auf einen Punkt am Haus gegenüber gestarrt. Wir wollten herausfinden, wie lange es dauern würde, bis noch mehr Leute stehen blieben und hinaufblickten, obwohl es da gar nichts zu sehen gab. Ich dachte zwar, dass wohl die meisten Passanten im Vorübergehen einen Blick nach oben werfen würden und der eine oder andere vielleicht auch stehen bleiben würde. Doch weit gefehlt. Es war nur eine Frage von Sekunden, bis erst fünf Personen, dann zehn und schließlich noch mehr stehen blieben und zu erkennen versuchten, was wir da sahen. » Was gibt es denn da zu gucken?«, fragte mancher seinen Nachbarn. » Keine Ahnung.« Überraschend viele kamen sogar auf uns zu, um zu fragen, worauf wir denn blickten. Nicht mal die Antwort » Ich versuche bloß zu erkennen, was die anderen da sehen« konnte sie wirklich abschrecken. Eine Frau rief sogar ihren Mann zu Hause an, um ihm zu erzählen, dass hier » total viele Leute auf der Straße stehen und irgendwo draufstarren, aber ich hab keinen Schimmer, was die da sehen! Und die anderen wissen es anscheinend auch alle nicht!« Was meinen Sie, ist sie stehen geblieben? Darauf können Sie wetten. Wenn wir sehen, wie viele andere etwas tun, wollen wir es sicherheitshalber auch tun. Denn in der Entwicklung des Menschen war dieses Verhalten oft nützlich für uns. Zum einen, um nicht aus der Gruppe ausgestoßen zu werden, zum anderen, weil ein Nahrungsmittel, das viele essen, wahrscheinlich sicherer ist als das Essen, das keiner anrührt.
Indem ich z. B. auf dem Foto einer Anzeige Gruppenverhalten zeige, schlage ich gleich zwei Fliegen mit einer Klappe. Ich sage damit: » Sehen Sie sich doch mal diese knackigen Hochglanzmenschen an! Sie wollen doch sicher auch zu ihrer Gruppe gehören und so werden wie die? Dazu müssen Sie nur dieses Dings hier kaufen. Und nur heute bekommen Sie sogar zwei Stück zum Preis Ihrer Seele… pardon, zum Preis von einem, wollte ich natürlich sagen.«
Gleichzeitig aktiviere ich Ihren Nachahmungsreflex, indem ich Ihnen zeige, dass ganz viele Leute sich für mein Produkt entscheiden. Dann wollen Sie auch dabei sein, auch wenn Sie sich vorher nicht dafür interessiert haben. » Wie viele wollten Sie noch gleich? Bitte sehr. Jetzt denken Sie genauso wie wir.«
3. Teil, Wenn Sie denken, was andere wollen
Die hinterlistigen Manipulatoren haben Glück, denn es gibt ganze Verhaltensmuster, zu deren Ausführung man Sie bringen kann, ohne dass Sie es selbst bemerken würden. Wenn ich nur auf die richtigen mentalen Knöpfchen drücke, ist die Chance groß, dass Sie anspringen wie ein programmierter Roboter – was Sie in gewisser Hinsicht ja auch sind. Die professionellen Überzeuger haben dieses Knöpfchendrücken zu einer Kunstform entwickelt. Deswegen widme ich den letzten Teil dieses Buches der Beschreibung einiger unserer häufigsten und – aus der Perspektive des Manipulierenden – effektivsten Methoden. Diese Techniken können Sie auch selbst leicht ausprobieren, wenn Sie sehen wollen, wie sie in der Praxis funktionieren. Oder wenn Sie die Menschen in Ihrer Umgebung damit auf die Palme bringen wollen, dass Sie ständig kriegen, was Sie wollen. In diesem Teil finden Sie nämlich ganz konkrete praktische Methoden für die Beeinflussung im Alltag. Wie schon vorher werden Sie viele davon aus Situationen wiedererkennen, in denen Sie sich selbst schon befunden haben. Bald wissen Sie auch, warum diese Situationen immer gleich ausgehen. Sie werden aber auch besser Contra geben können. Oder vielleicht können Sie einfach besser flirten. Es liegt ganz bei Ihnen.
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