Nicht mehr tun, was andere wollen
ausgingen. Bei den Werbespots hingegen handelt es sich um einen längeren Eindruck mit einer wesentlich komplexeren Botschaft. Darin liegt der Unterschied. Wir werden nicht so leicht ermüdet von einem Eindruck, dem wir nur so kurz ausgesetzt sind, dass wir ihn nicht einmal bewusst wahrnehmen, umso mehr jedoch von einem 30Sekunden dauernden Werbespot.
Und was ist mit Ihrem Lieblingslied und dem Film? Die haben wir uns ja auch garantiert mehr als acht Mal angehört und angesehen. Nach Shumann müssten wir zu dem Zeitpunkt schon kotzen. Doch hier gibt es einen wichtigen Unterschied. Wir entscheiden selbst, welche CD wir in den Player legen bzw. was wir auf unserem iPod abspielen. Das heißt, wir regeln selbst, wie oft wir dem Reiz ausgesetzt werden, und sollte der Ermüdungseffekt einsetzen (und das passiert ja oft genug, wenn wir finden, dass wir uns an einem Lied endgültig » überhört« haben ), dann können wir uns dafür entscheiden, es so lange nicht mehr anzuhören, bis sich die Ermüdung gelegt hat. Auf diese Art kann unser Lieblingsinput viel länger überleben als etwas, das wir uns gezwungenermaßen immer wieder ansehen müssen, weil Scrubs – Die Anfänger plötzlich für die Werbepause unterbrochen wird.
Wer wirklich begriffen hatte, welche Macht in der Wiederholung liegt, war Hitlers Propagandaminister Joseph Goebbels. Seine Kampagnen bauten auf einer ganz einfachen Beobachtung auf: Für » die Massen« ist Wahrheit gleichbedeutend mit der Information, die ihnen am meisten vertraut ist. Die sie wiedererkennen. Goebbels drückte es so aus:
Das Volk [ist] meist primitiver, als wir uns das vorstellen. Das Wesen der Propaganda ist deshalb unentwegt die Einfachheit und die Wiederholung. Nur der, der die Probleme auf die kleinste Formel bringen kann und den Mut hat, sie auch gegen die Einsprüche der Intellektuellen ewig in dieser einfachen Form zu wiederholen, der wird auf die Dauer zu grundlegenden Erfolgen in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung kommen.
Schon lustig– ich könnte schwören, er redet von den Werbespots für » Kinderüberraschung«. Laut Goebbels kommen wir zu unserem Wissen über die Welt, indem wir ständige Wiederholungen einfacher Botschaften hören. Enervierendes Gelaber und Wiederholungen bestimmen, was wahr ist und wie Sie Ihr Leben leben sollen.
Die Krux ist natürlich, dass Sie täglich massenweise überzeugende Botschaften sehen und hören, und Sie sehen und hören sie eben nicht nur einmal, sondern immer und immer wieder. Es ist schwer, um nicht zu sagen unmöglich, die ganzen Eindrücke, mit denen wir so bombardiert werden, bewusst zu verarbeiten. Deswegen haben Sie Ihre Schutzmechanismen: Ihre Wachen und Ihre Mini-Erinnerungen. Die Eindrücke prallen an Ihnen ab wie die aggressiven Säuren an Ihren Zähnen, wenn Sie Extra-Kaugummi kauen. Diese Eindrücke schaffen ihre eigenen, subjektiven Wahrheiten und warten auf die nächste Gelegenheit, wenn Sie vielleicht einmal nicht so auf der Hut sind.
Auf persönlicher Ebene
Ich möchte noch einmal etwas wiederholen, das Sie ein paar Seiten weiter vorne schon einmal gelesen haben. Je mehr Sie jemand mögen, umso mehr lassen Sie sich von dieser Person beeinflussen. Wenn ich also jemand beeinflussen will, muss ich erst dafür sorgen, dass er mich mag. Das Gegenteil gilt genauso: Leuten, die wir nicht mögen, hören wir nicht zu. Ich habe einen großen Teil des Buches Die Kunst des Gedankenlesens dem Thema gewidmet, wie man ein gutes Verhältnis zu seinem Gegenüber aufbauen und sein Vertrauen gewinnen kann. Die meisten Methoden zielten darauf ab, dem anderen durch nonverbale Techniken zu vermitteln, dass man ungefähr genauso ist wie er. Das heißt, man demonstriert die Ähnlichkeiten zwischen sich und dem anderen. Man sorgt für Wiedererkennung. Leute, deren beruflicher Erfolg davon abhängt, dass Sie sich ihren Ansichten anschließen (also Politiker oder Verkäufer ), versuchen Ihnen die ganze Zeit zu vermitteln, dass » Sie und ich die gleichen Ziele haben«, dass Sie » für ein gemeinsames Ziel zusammenarbeiten müssen«, dass sie Ihre Teamkameraden sind. Oder – um einen anderen Vergleich heranzuziehen, an den Sie sich vielleicht erinnern – dass sie zur gleichen Gruppe gehören wie Sie. Kleider sind ein weiterer Faktor mit Wiedererkennungseffekt. Studien haben gezeigt, dass wir am ehesten solchen Leuten helfen, die so gekleidet sind wie wir. In einem Experiment aus den frühen 70er Jahren zogen sich ein paar
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