Nicht mehr tun, was andere wollen
finden, als sie eigentlich sind. Um eine maximale Veränderung zu erzielen, d. h. Sie dazu zu bewegen, sich so weit wie möglich von Ihrer ursprünglichen Meinung zu entfernen, muss ich also meine Ansichten so formulieren, dass sie genau an der Grenze dessen liegen, was Sie noch vertragen können. Wenn sie also zu nahe an das hinkommen, was Sie kategorisch von sich weisen, wird die Wirkung gleich null sein. Sie erleben einen zu großen Kontrast, wenn Sie meine Ansichten mit Ihren bisherigen Gedanken vergleichen. Aber wenn ich zu zaghaft bin, erziele ich auch keinen bemerkenswerten Effekt, denn dann klingt es einfach nur, als würden wir übereinstimmen.
Damit Sie meine ursprüngliche Alternative für besser halten, als sie ist, sorge ich dafür, dass Sie zuerst eine weniger attraktive Alternative zu sehen bekommen. Angenommen, ich möchte mir fünf Euro von Ihnen leihen, dann würden Sie vielleicht Nein sagen, wenn ich Sie direkt darum bitte. Deswegen bitte ich Sie stattdessen erst um einen Zwanziger. Entweder bekomme ich ihn, dann habe ich so oder so gewonnen. Oder Sie sagen Nein, doch wenn ich Sie daraufhin bitte, mir doch einen Fünfer zu leihen (was ich von Anfang an wollte ), sind Sie wesentlich leichter dazu bereit. Denn im Vergleich zur vorherigen Forderung ist es ja so wenig.
Es muss gar nicht um Geld gehen. Eine Freundin von mir, der ich versprochen habe, dass sie anonym bleiben wird, wendet die Kontrastskala ganz systematisch an, um ihren Freund einzukleiden. Sie erzählt:
» Er ist ziemlich feige, was Klamotten angeht. Also kaufe ich ihm drei T-Shirts und lege ihm das hin, das er garantiert zu extrem finden wird. Er weiß allerdings nicht, dass ich das Ding schon mit der Absicht gekauft habe, es wieder zurückzugeben. Ich nehme es nur mit, damit er das mittlere T-Shirt okay findet, und das ist dann auch das Shirt, das ich eigentlich an ihm sehen will. Aber wenn ich bloß das gekauft hätte, ohne eines, das im Vergleich dazu noch schlimmer aussieht, hätte er mich gebeten, das mittlere zurückzubringen. Jetzt behält er es immer. Und ich kriege das, was ich die ganze Zeit wollte.«
Ein Billardtischverkäufer entdeckte, dass es wesentlich effektiver war, den Kunden zuerst den teuersten Tisch zu zeigen und ihnen anschließend die freie Wahl zu lassen– statt sie mit einem günstigen Angebot zu locken und dann zu versuchen, ihnen einen teureren und besseren Tisch zu verkaufen. Dabei geschehen mehrere Dinge gleichzeitig: Das Kontrastprinzip lässt die günstigeren Tische durch den Vergleich viel billiger wirken, als sie wirklich sind. Der Gedanke an den teuren Preis des ersten Tisches verhinderte, dass die Kunden nicht allzu weit von diesem Preis abwichen– also kauften sie am Ende eben nicht die billigsten Tische. Schließlich trat noch ein letztes Prinzip hinzu, das auch wirkte, als ich Sie gerade um fünf Euro gebeten habe: das Reziprozitätsprinzip. Zufällig handelt gleich das nächste Kapitel davon.
Eine Hand wäscht die andere
Das Reziprozitätsprinzip
Sie bummeln durch einen Laden und kaufen fürs Abendessen ein. Als Sie gerade um die Käsetheke biegen, stehen da plötzlich zwei Menschen in Kochkluft und machen Tacos. Offenbar handelt es sich um eine Werbekampagne für eine neue Tacosauce. Aber hier lässt man sich nicht lumpen. Hier gibt’s nicht bloß die Sauce und ein paar lächerliche Maischips, nein, hier gibt’s Gemüse, Fleisch, Tacos, Guacamole – das ganze Drum und Dran. Man hält Ihnen eine kleine, weiße Plastikschale hin, Sie greifen zu und mampfen neben anderen plastikschalenbewehrten Menschen Ihre Tacos. Sie merken, wie die Köche Sie erwartungsvoll anschauen. Also loben Sie, wie gut das Essen doch gewürzt ist, und behaupten, dass es superlecker schmeckt. Das nimmt der eine Koch zum Anlass, um Ihnen zu erklären, wie einfach es ist, den Saucenmix anzurühren.
Sie hatten eigentlich nicht vor, heute Tacos zu essen, aber plötzlich kommt Ihnen die Idee gar nicht so übel vor, vor allem, da Sie keinen anderen Ausweg aus der Situation sehen. Sie haben Ihr Essen gegessen, und nun haben sich die beiden auch schon eine Minute mit Ihnen unterhalten. Und das fertige Taco-Set mit Sauce, Kräutern und Schale liegt direkt vor Ihrer Nase. Und das Gemüse gleich daneben. Sie nehmen ein Taco-Set und gehen. Eigentlich haben Sie nach dem Ding nicht nur gegriffen, weil Sie so Appetit darauf hatten, sondern auch, um sich ein Ticket fort von diesem Stand zu kaufen. Doch auf dem Weg zur
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