Nicht mein Märchen (spezieller Festtags-Preis) (German Edition)
beendete.
Am Dienstag hatte ich meinen ersten Kurs in Medienkunde, mein einziger Nicht-Wissenschafts-Kurs. Matthew hatte mich dazu überredet. Er und ich fanden zwei Plätze im vorderen Bereich des Vorlesungssaals, er drehte sich um und warf einen finsteren Blick auf die Massen von Studenten, die den Saal hinter uns füllten.
„Naja,“ sagte ich. „Filme und Fernsehen gucken um Credits zu sammeln, weißt du?“
Der Professor, ein gequält dreinblickender Mann in einem Tweed-Anzug, trat ans Podium. „Hallo!“ rief er. „Ruhe bitte. Ruhe! Ok, also herzlich willkommen zum strapaziösesten Kurs, den sie je besuchen werden. Kein Witz Leute. Zu jedem Film, jeder Fernsehserie und jedem Werbespot den wir uns ansehen, werden sie einen Bericht schreiben, zusätzlich werden sie all ihren Medien-Konsum protokollieren müssen, inklusive Internet, und das jede Woche.“
„Und das,“ sagte ich zu Matthew, „hat gerade die Kursgröße um 75 Prozent reduziert.“
Matthews Augen hatten allerdings zu leuchten begonnen. Er hatte Englisch im Hauptfach und lebte für Berichte und Aufsätze.
„Heute Morgen beginnen wir mit Youtube. Wir sehen uns ihre Urheberrechts-Politik, ihr Businessmodell und einige ihrer Top-Videos an, beginnend mit Smosh, LonelyGirl15 und dann Justin Bieber.
Es gab ein kollektives Aufstöhnen. Für Justin Bieber waren wir alle doch etwas zu alt.
„Holt eure Blöcke raus Leute, ich lasse nämlich auch unangekündigte Tests schreiben.“
Ich hatte meinen Block bereits raus geholt und atmete tief durch. Der Kurs war eigentlich nichts für mich, Matthew allerdings sah aus, als wäre er im Himmel.
Samstagnacht wachte ich aus meinem Tiefschlaf auf. „Chloe? Chlo? Wache auf, bitte.“ Jemand hatte meine Schulter fest im Griff und schüttelte mich.
Ich befreite mich und rollte mich auf die andere Seite. Die Bettdecke schlang sich um meine Hüfte. Ich war in meinem Bett und es war dunkel. Eigentlich sollte keiner hier sein um mich zu stören.
„Chloe?“ Es war Lori.
„Hmm?“ grunzte ich.
„Bitte. Deine Mutter ist hier und flippt fast aus.“
In meiner Erschöpfung brauchte ich eine Weile um diese Information zu verarbeiten. Als ich soweit war, schälte ich mich aus meinen Laken und setzte mich auf. Ein dünner Streifen Licht fiel durch meine halb geöffnete Tür. Lori saß auf meinem Bett, noch voll angezogen.
„Wie spät ist es?“ flüsterte ich.
„Eins. Charles und ich sind gerade erst zurück gekommen. Sie saß in ihrem Auto in der Auffahrt.“
Ein Uhr Samstagnachts. „Okay.“ Ich grub meine Beine aus den verworrenen Bettlaken und stand auf. „Was macht sie gerade?“
„Sie heult.“
Ich öffnete meine Zimmertür und blinzelte ein paar Mal, damit sich meine Augen an das Licht gewöhnen konnten. Ich konnte meine Mutter jetzt hören, schluchzend, als hätte ihr jemand das Herz gebrochen.
„Ich geh jetzt in mein Zimmer, ok?“ sagte Lori.
„Ja.“ Ich räusperte mich, strich meinen Pyjama glatt und ging in unser Wohnzimmer. Meine Mutter saß auf der Couch, in einem Jogginganzug. Ihr Gesicht war frei von Makeup und ihr blondes Haar zerzaust.
„Was ist los?“ fragte ich.
„Oh. Oh, Süße!“ Sie putzte sich die Nase. „Es ist… ist… ist…“
„Durchatmen,“ forderte ich sie auf. Ich setzte mich neben sie. „Jetzt rede.“ Ich versuchte, die Verärgerung aus meiner Stimme zu lassen, aber bei ihr war das immer schwierig. Besonders in Momenten wie diesem.
„Es ist… ist…“
„ Mom . Rede einfach.“
„Ich versuch’s ja!“ heulte sie.
„Hat dich Dr. Winters angerufen?“
„He? Nein. Nein, nichts in der Richtung.“
„Jemand anderes-“
„Meine Scheiben sind zerbrochen!“ Sie fing wieder an zu schluchzen und begrub ihr Gesicht in ihrem Taschentuch. Ihre Schultern bebten.
„Welche Scheiben? Von deinem Auto?“
„Nein.“
„Von deinem Haus?“
„Ja!“
„Was ist passiert?“
„Jemand hat sie eingeworfen!“
Es war mitten in der Nacht und ich hatte keine Lust ihr alles aus der Nase zu ziehen um dieses Puzzle zusammen zu setzen. „ Mom . Komm schon, rede einfach. Wer hat deine Fenster eingeworfen? Was wollten die?“
„Ich weiß es nicht!“
„Was davon weißt du nicht?“
„Alles.“
„Erzählst du mir dann einfach was passiert ist?“
„Ich war, war zu Hause, am Telef… und ein Stein kam durch das Fenster, und noch jemand hat das Küchenfenster eingeschmissen. Ich hab mich auf den Boden geworfen, ich konnte
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