Nicht menschlich Inc.
Idee, wieder aufs Gas zu drücken.
Der Wagen machte einen Satz und soff ab. Mit brennenden Wangen fummelte ich am Schlüssel herum, startete neu und fuhr näher an den Straßenrand. Mein Hintermann, ein auf seinem Sitz tobender, junger Kerl mit Kappe und Muskelshirt, zeigte mir durch das geöffnete Fenster einen Vogel. »Dämliche Schickse«, brüllte er, legte seinen Ellenbogen wieder ab und startete mit quietschenden Reifen durch.
Er wirkte so menschlich. Sein Ausweichmanöver hatte noch einen Vorteil. Ich entdeckte eine Haltebucht, dort konnte ich in aller Ruhe mit meinem Straßenplan kämpfen. Beim Einparken schaffte ich es gerade noch rechtzeitig, den Passanten zu verschonen, der ohne Vorwarnung auf die Straße trat. Ich hupte und bremste gleichzeitig, eine hektische Imitation des Fahrers von vorhin. Ein bulliges Gesicht tauchte vor mir auf. Silbrige Ohrringe schlugen gegen stoppelige Wangen, das Piercing unterhalb der Lippen glitzerte. Vor mir stand Alphonse, der Türsteher aus dem Holysmacks. Es war so ungewohnt, in LaBrock ein bekanntes Gesicht zu sehen, dass ich mich beinahe freute. Mit Schwung stieß ich die Tür auf und begriff, dass er womöglich nicht entzückt war, beinahe angefahren worden zu sein. Für einen Rückzug war es aber zu spät.
»Einen schönen guten Tag«, sagte Alphonse mit seiner melodischen Stimme. »Das ist ja gerade noch gut gegangen.«
»Ja«, stammelte ich.
»So sieht man sich also wieder. Wie geht es Ihnen? Sind Sie beruflich unterwegs?« Trotz seines Äußeren – er trug eine braune Lederhose, die bei seiner Größe höchst wuchtig wirkte, ein Shirt in grellem Orange und schwere Stiefel, von denen es permanent klirrte – passte der französische Akzent gut zu ihm.
»Natürlich«, entgegnete ich möglichst lässig und versuchte, mich ebenso zu geben. Innerlich vibrierte ich. Dies war die Gelegenheit, um mit einem Eingeweihten aus meiner Welt zu reden. Hätte ich gewusst, dass ich auf Alphonse treffen würde, hätte ich mir einen Fragekatalog zurechtgelegt. »Und das unter Zeitdruck. Eine Unterteufelin wartet auf Rückmeldung.«
»Auweia«, sagte er und kniff seine Augen auf sehr süße Weise zu, langsam und irgendwie verspielt. »Die lassen Sie besser nicht zu lange warten.«
Schnell, ich musste die Kurve kriegen, ehe er den Small Talk beendete und sich verabschiedete. Ich knetete meine Finger und überlegte, wie weit ich gehen konnte, um mir einen Teil der Informationen zu besorgen, die ich wünschte, ohne mich dabei als illegalen Einwanderer zu outen.
Ich rieb einen Fleck von der Motorhaube.
»Tja, wenn man nur jeden so leicht einschätzen könnte wie unsere Freunde aus dem Konvent.«
Alphonse brachte seine Wangen zum Schwingen. »Alter Adel? Lady, da drücken Sie besser noch ein wenig fester aufs Gas.«
Wir lachten beide.
»Ach, wir kommen wunderbar aus«, sagte ich und winkte ab. »Letztens habe ich ihr noch gesagt, dass ich gern mit ihrer Familie Tee trinken würde, da ich mir nicht vorstellen kann, dass sie das Temperament ihrer Leute geerbt hat.«
Wir lachten wieder. Nur hielt sich Alphonse dieses Mal seinen Bauch, der wie bei starkem Seegang wogte.
»Tee trinken«, japste er.
»Ja«, wieherte ich.
Er wischte sich Tränen von den Wangen. »Das würde ich gern sehen.«
Nun hieß es Improvisation. »Nun ja, Schwächen hat doch jeder.« Ich grinste ihm verschwörerisch zu, zumindest fühlte sich das Grinsen verschwörerisch an.
Alphonse rieb seine Hände. »Ihre Schwäche liegt in ihrer Stärke, sicherlich. Wer so viel Kraft und Feuer mit sich herumträgt wie ein Unterteufel, der sieht schnell rot und vergisst alles andere um sich herum.«
»Wie wahr«, pflichtete ich ihm bei.
»Aber äußerst amüsant, die Vorstellung, dass Sie sich freiwillig in einen Konvent begeben würden«, sagte Alphonse und strich über seine Glatze.
Er war wirklich in Plauderlaune. Ich spürte die Aufregung auf meinem Gesicht und zog spielerisch ein paar Locken davor.
Dann trat ich näher an Alphonse heran. »Darf ich Sie etwas Persönliches fragen? Wer hat Ihnen von den Portalen erzählt?«
Er drückte sein Kinn an die Brust. Ich beobachtete die rasch wachsende Hautfalte und hoffte, mich nicht vollkommen bloßgestellt zu haben.
»Meine Eltern natürlich«, sagte er.
»Bei mir war es meine Oma«, plapperte ich eilig. »Aber Sie wissen ja, wie das mit älteren Menschen ist. Da wird gern das eine oder andere Detail vergessen.«
»Was möchten Sie wissen, Lady?«
Alphonse
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