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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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nicht bemerkt. Dann besann ich mich auf Höflichkeit. Womöglich erinnerte sie sich nicht, wer ich war, und behielt deshalb ihren gargoylehaften Gesichtsausdruck. Immerhin hatte sie mich nur wenige Male kurz gesehen.
    Also klopfte ich imaginären Schmutz von meiner Kleidung und bemühte mich um Beiläufigkeit. »Leider gibt es noch nichts Neues zum Fall Herms. Ich versuche es natürlich weiterhin, um Ihrem Sohn  …«
    Ihre wegwerfende Handbewegung bremste mich. In der einen Sekunde noch mitten im Redefluss, stand ich in der nächsten stramm, die Schultern hochgezogen, und starrte auf den Feldwebel vor mir. Wenn das so weiter ging, würde ich bald mit einem 30-Kilo-Rucksack durch die Stadt joggen.
    Ich grübelte, ob es etwas gab, was ich sagen konnte, als die Mutter des Prokuristen mich anknurrte. Mein Unterkiefer klappte herab. War das etwa eine Sitte in LaBrock, die ich noch nicht kannte?
    Dann, endlich, redete sie mit mir.
    »Und ich dachte, mit einer unwissenden Göre von außerhalb könnte nicht viel schiefgehen.«
    »Wie bitte?« Das war keine entrüstete Entgegnung. Ich glaubte wirklich, mich verhört zu haben.
    Sie antwortete nicht, sondern kramte in ihrer unförmigen Handtasche, die ihr über einer Schulter baumelte.
    »Es hätte so einfach sein können«, verfiel sie dabei in nebensächliches Gemurmel, das so gar nicht zu ihrem sonstigen Tonfall passte. »Du suchst diese Herms und fragst einfach bei den richtigen Leuten nach.«
    Moment mal! Ich blinzelte. War das soeben Kritik an meiner Arbeit?
    »Entschuldigen Sie, aber ich habe durchaus nach Kirsten gesucht, und sogar mit ihrem Bruder Carsten und ihrer Nachbarin geredet.«
    »Mit der falschen Nachbarin«, brüllte sie und ließ ihre Handtasche los.
    Ich holte erschrocken Luft. In ihrer Hand blitzte es silbern. Es dauerte zu lange, bis mein geschocktes Hirn die Information verarbeitete. Die Mutter des Prokuristen richtete soeben eine Waffe auf mich.
    Schlagartig schienen sich all meine Muskeln in Holz zu verwandeln, dafür flirrten vor meinen Augen grünliche Lichtblitze. Stocksteif stand ich da und starrte auf den schmalen Lauf einer Pistole. Das panische Stimmchen in meinem Kopf war wieder da und kreischte haltlos, doch ich konnte nicht mal den Mund schließen, geschweige denn hinhören.
    Die Prokuristenmutter schüttelte die Waffe wie eine Ratte. »Und die Telefonisten hättest du auch fragen können. Du nichtsnutziges Ding! Warum kannst du nicht bei dem Naheliegendsten anfangen und Leute aus der Firma fragen, anstatt Kirstens dummen Bruder, der auch noch bei der Behörde arbeitet?«
    Ihre Stimme war nicht lauter geworden, aber sie zischte mehr als zuvor. Trotzdem war sie noch gut zu verstehen, nur verstand ich rein gar nichts. Falsche Nachbarn, Telefonisten? Sollte ich mich überhaupt auf diese Diskussion einlassen? War es nicht logischer, einfach nach Hilfe zu rufen? Oder »Kabelbrand«? Eric und Neil wären in Windeseile zur Stelle und würden die Verrückte eventuell überrumpeln können.
    Ich strengte mich an, doch zu einem Schrei reichte es lange nicht. »Ich …«
    »Ich, ich, ich!« fuhr sie mir unwirsch über den Mund. Dann trat sie näher heran. Ich sah Hass und Verachtung in ihren Augen. In ihrem Haar hatte sich ein Herbstblatt verfangen.
    »Deine einzige Aufgabe bestand darin, herauszufinden, dass Stacey hinter Kirstens Verschwinden steckt. Was war daran so schwer?«
    »Aber …« Endlich sah ich die Möglichkeit, meine Haut zu retten. »Stacey hat doch … ich habe gedacht …«, stammelte ich und griff gleichzeitig nach ihren Worten wie eine Verhungernde. »Woher wissen Sie, dass Stacey …? Moment, Sie wissen, dass sie es war?« Ich verstand einfach nicht, dafür aber mein Körper. Er trieb meinen Puls so sehr an, dass mir schwindelte. Mein Herz setzte einen Schlag aus, als die Prokuristenmutter mit der Waffe wedelte.
    »Sei ruhig! Ich weiß es, weil ich wollte, dass sie wie die Schuldige aussieht.«
    Wollte? Meine Gedanken ratterten und stolperten übereinander, aber sie blieben hilflos. »Aber«, bemühte ich mich ein weiteres Mal, konnte aber den Blick nicht von der Mündung der Waffe loseisen. »War sie es doch nicht?« Ich war nicht nur zu Tode verängstigt, sondern auch total verwirrt.
    »Was sie war«, schnaufte mir die Antwort entgegen. »Ich sage dir, was sie war!« Die Prokuristenmutter fletschte ihre Zähne. Ich biss meine zusammen, um stehen zu bleiben, aus Angst, dass jede Bewegung die Wahnsinnige dazu bringen könnte,

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