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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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von deiner, als du denkst«, erklärte er.
    Ich wagte, dies zu bezweifeln. Da, wo ich herkam, war der Überwachungsstaat zwar bereits Realität, aber noch längst nicht so ausgereift wie hier. Ich fragte mich, wie diese kleine Klausel in den Arbeitsverträgen von ABM aufgelistet war:
    Wir nehmen uns das Recht zu unbegrenztem Voyeurismus, wenn es um unsere Mitarbeiter geht .
    Eine für jeden Chef traumhafte Spielwiese, auf der man sich nach Belieben austoben konnte. Brotdosen durchleuchten, Toilettengänge mit der Stoppuhr messen, Ganzkörperabtastung nach getaner Arbeit, um Diebstahl zu vermeiden. Das brachte mich auf eine Idee.
    »Was machst du eigentlich in der Firma?«, platzte ich heraus.
    »Ich arbeite als Hausmeister.«
    Mit diesem Satz zerstörte er die Vorstellung, die ich beim Anblick seines nackten Oberkörpers entwickelt hatte, in nur einem Atemzug.
    »Ist das dein Ernst?«
    Er rutschte tiefer in seinen Sitz und machte es sich gemütlich. »Das ist gar nicht mal so schlecht. Ich bin in den seltensten Fällen länger als ein, zwei Stunden am Stück in der Firma und sonst in der Stadt unterwegs. Ich bin zwar angestellt und habe den Prokuristen, der mir sagt, was ich zu tun habe, aber nicht, wie. Ich arbeite lieber, wenn ich meinen Freiraum habe.«
    Da konnte ich ihm nicht widersprechen. »Und was machst du so als Hausmeister?«
    »Alles. Ich repariere Dinge, kümmere mich um die Post, mache Botenfahrten. Oder ich stehe neuen Mitarbeitern zur Seite.« Er grinste und zwinkerte mir zu. Vielleicht wünschte ich mir das auch nur. Für einen Moment schlugen die Wellen der Erleichterung über mir zusammen, als mir bewusst wurde, dass ich jetzt auch neben einem dickbäuchigen, schwitzenden Frührentner sitzen könnte.
    »Da hab ich ja Glück«, sagte ich voller Enthusiasmus. »Ich meine, dass du ein Mensch und kein halber Kobold, Viertelteufel oder so bist.« Der Scherz klang noch ein wenig seltsam auf der Zunge, als probierte ich eine exotische Zutat, deren Wirkung ich nicht zur Genüge kannte.
    Desmond warf mir einen nachdenklichen Blick zu, schwieg aber.
    Ich wackelte mit den Zehen, malte kleine Kreise auf meine Oberschenkel, hauchte das Seitenfester an und sah zu, wie der helle Fleck nach und nach ins Nichts schmolz. Kurz, ich war ein wenig nervös.
    »Was mache ich eigentlich, wenn der Typ nicht auftaucht? Morgen wiederkommen?«
    Zweifel schimmerte zu mir herüber. Die Schatten unter Desmonds Augen schienen sich vertieft zu haben. »Das wäre nicht gut für dich.«
    Ich stieß mir den Fuß an. »Das klingt wie eine Drohung«, versuchte ich einen Scherz, war aber definitiv verunsichert.
    Desmond legte seinen Kopf schräg, mit dem Ergebnis, dass einige Haarsträhnen in sein Gesicht fielen und seine Wangenknochen betonten. »Du solltest mit einem nachweisbaren Ergebnis zurückkommen, sonst bist du den Job schneller los, als du denkst.«
    Vielleicht wollte ich gerade das. Aber etwas, sei es mein Ehrgeiz oder die Aussicht darauf, erneut den halben Arbeitstag mit Desmond im Auto zu verbringen, spornte mich an. Ich grübelte und kam zu folgendem Ergebnis: Ich wusste nicht weiter. »Und nun?«
    Desmond deutete auf das Haus. »Außeneinsatz. Geh zu seiner Wohnung, klingle an, schau nach, in welcher Verfassung er sich befindet.«
    »Ich soll …? « Damit sah die Situation ganz anders aus. Ich war nicht der Vertretertyp, ich hasste es, an fremden Wohnungen zu klingeln. Schon früher zu Kinderzeiten, als wir an Halloween verkleidet um die Häuser gezogen waren, um gemäß der Tradition Süßigkeiten zu erbetteln, hatte ich mich in dem Augenblick geschämt, in dem mein Zeigefinger die Klingel berührte. Und nun, etliche Jahre später, sollte ich das beruflich tun? Gut, ich wurde besser dafür bezahlt als früher, aber …
    »Nala?« Desmond riss mich aus meinen Gedanken.
    »Hm?«
    Er deutete auf die Tür. »Geh schon. Dann hast du es hinter dir.« Damit überrumpelte er mich eindeutig, doch mein Körper gehorchte dem Befehl.
    Ich stieg aus und ließ die Tür hinter mir zufallen. Desmond blieb im Wagen und winkte mir zu. Ich lächelte und winkte zurück. Er war wirklich ein verdammt netter Kerl.
    Sein Winken wurde drängender, dann hielt er die Kamera in die Höhe. Ich seufzte, öffnete die Tür erneut und nahm das Ding an mich. »Wie soll ich das denn machen?« Ich jammerte. »Einfach klingeln und draufhalten?«
    Er hob die Hände. »Du musst irgendein Beweisstück mitbringen.« Damit war die Sache für ihn

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