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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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Tür trat, um von einem Taxi zum Flughafen gebracht zu werden. Wenn es denn so etwas wie einen Flughafen in LaBrock gab. Doch niemand betrat die Bühne, und nach und nach verschwamm die Häuserfassade vor meinen Augen und machte Bäumen und Singvögeln Platz.
    Meine Erinnerungen an die vergangene Stunde waren schön und verstörend zugleich.
    Nachdem ich mich am Wald widerstrebend von Desmond gelöst hatte, weil mein Herz immer schneller klopfte und ich fürchtete, er würde es bemerken, fehlten mir die Worte. Ich setzte ein paar Mal an, bekam aber letztlich nur ein »Warum?« heraus, auf das er nun wirklich keine Antwort geben konnte . Wahrscheinlich wollte er mich nicht überfordern, denn er hatte mir eingeschärft, mir die Unwissenheit nicht anmerken zu lassen, und auf die Zeit hingewiesen, die uns davonrannte. Das erzeugte in meinem Kopf das Bild des Prokuristen mit einer viel zu großen Stoppuhr in der Hand. Ich ließ mich bereitwillig überreden, weil er mich noch immer im Arm hielt, und war umso empörter, als er mich losließ und sanft zurück zum Auto zerrte. Merkwürdigerweise fühlte ich mich, als der Motor ansprang, gewappnet für weitere Nachrichten, die meine Welt komplett auf den Kopf stellten. Das lag ebenso an Desmonds Nähe als auch daran, dass ich den größtmöglichen Moment des Schocks überwunden hatte. Es konnte also, so sagte ich mir, nur noch bergauf gehen.
    Entweder war Desmond der Meinung, ich hätte für heute genügend neue Dinge erfahren oder die Anweisungen meines Chefwinzlings saßen ihm im Nacken, jedenfalls drängte er mich behutsam dazu, mit der Arbeit zu beginnen. Da meine Oma immer sagte, dass Dinge schlimmer wurden, wenn man sie hinauszögerte, gab ich nach und schob den Wunsch, ohnmächtig zu werden, großzügig beiseite.
    Also saß ich hier, glotzte auf ein Wohnhaus, das ebenso gut in Westburg hätte stehen können und versuchte, nicht an all das zu denken, was mir heute widerfahren war. Jetzt, im Auto neben Desmond, kam es mir so weit entfernt und surreal vor.
    Nach einer ganzen Weile des Schweigens verlagerte ich mein Gewicht von einer Pobacke auf die andere. Kein Wunder, dass Polizisten in Hollywood-Blockbustern allesamt Donuts aßen. Durch das Loch in der Mitte ließ sich lustig die Zeit vertreiben – wie viele Kringel passten auf einen Finger oder eine Zunge, wie lange konnte man diese mit ihrer Last ausgestreckt halten, konnte man auch durch einen Donut das verdächtige Subjekt beobachten?
    »Als was arbeitet Herr Wills bei ABM?«, erkundigte ich mich nach weiteren Minuten, in denen ich mir ausgemalt hatte, wie wir beide als Stalker festgenommen und in das örtliche Gefängnis verfrachtet wurden. In eine Gemeinschaftszelle.
    »Adrian ist einer der Telefonisten.«
    »Ein Callcenter also?«, rückte ich mit meiner scharf kombinierten Schlussfolgerung heraus. Noch immer wusste ich nicht genau, was ABM war. Etwa eines der Unternehmen, die abends mit penetranter Aufdringlichkeit nervten?
    »Ich mag keine Callcenter«, murmelte ich und zuckte zusammen, als sich die Tür im Haus vor uns öffnete. Heraus trat eine Frau mit Kinderwagen. Ich beugte mich vor, bis meine Stirn an die Scheibe stieß, und schüttelte dann den Kopf. Selbst mit Perücke und viel Make-up hätte Wills niemals so aussehen können. Weiterhin bezweifelte ich, dass er in den Kinderwagen passte. Also Fehlanzeige.
    Desmond schmunzelte. Zunächst hörte ich es nur, ein sympathischer Schokoladenlaut. Dann sah ich seine verhalten in die Höhe tanzenden Mundwinkel. Süß.
    »Zu ABM gehört ein großes Callcenter, ja.«
    »Da hatte ich wohl Glück, dass ich mich nicht aus Versehen dort beworben habe, oder?« Ich lachte, und zum ersten Mal an diesem Tag klang es nicht verzweifelt, sondern ziemlich echt.
    »Dann hättest du den Prokuristen deutlich öfter am Hals.«
    »Hätte ich?«
    Desmond zog eine Grimasse. »Es ist seine Lieblingsbeschäftigung.«
    » Was, telefonieren ?«
    »Schön wär ’s. Nein, die Callcenteragenten zu überprüfen. Sie bilden die größte Abteilung bei ABM und somit die größte potenzielle Fehlerquelle. Wer mehr Mitarbeiter kontrolliert, hat mehr Ansehen in der Branche.«
    Welch schöne Vorstellung. »Ist dieses starke Faible für Überwachung und Einschüchterung normal für eure Welt oder nur normal für … diese Branche?« Ich betonte die Wiederholung.
    Seine Mundwinkel beendeten ihre Reise in die Höhe, was meine Frage im Grunde beantwortete. »Unsere Welt unterscheidet sich weniger

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