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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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dort gab es zu viele Möglichkeiten, um technische Geräte zu verstecken. Die Wiese nebenan war hübsch, aber so liebreizend idyllisch, dass sie von jeder Frau, die ein wenig Romantik in sich trug, gewählt werden würde. Ja, sie würden sicher damit rechnen, dass meine Wahl auf die Blumendecke fiel.
    Nichts da. Triumphierend deutete ich auf die sandige Ebene, die sich neben der Straße herzog und in der Ferne verlief. »Dort entlang.«
    Er lief ohne ein weiteres Wort los.
    Ich folgte ihm und sah mich aufmerksam um. Die ockerbraune Fläche musste früher ein Waldstück gewesen sein. Mittlerweile war der Boden gerodet und eingeebnet worden, wahrscheinlich, um für ein Baugebiet herzuhalten. Einige Baumgruppen standen herum und grenzten mehr oder weniger gleichmäßig große Terrains voneinander ab.
    An einer dieser Gruppen blieb Desmond stehen und zog sein Shirt über den Kopf. Dann beugte er sich herab und zog seine Hose bis über die Knie hoch.
    Ich erstarrte mitten in der Bewegung. Desmonds Oberkörper war so, wie ich ihn mir vorgestellt hatte. Er besaß eindeutig Muskeln, aber keinen übermäßig ausgeprägten Waschbrettbauch, worüber ich dankbar war, denn ich mochte keine zu eitlen Männer und auch keine, die im Fitnessstudio zu Gorillas wurden. Seine Haut war überall gebräunt wie an seinen Armen, ein Farbton, der nach freiem Himmel und nicht nach Sonnenstudio aussah, und Ahnungen dunkler Schatten verliefen in der Mitte seiner Brust bis zu seinem Bauchnabel. War das etwa ein Tattoo an einer Seite?
    Es war eines.
    Desmond sah mich an, doch nicht amüsiert oder auffordernd, sondern höchst arglos. Und so ein Mann, der halb nackt vor mir stand und dabei aussah, als wartete er auf eine Bemerkung, ohne die er nicht weiterleben könnte, förderte nicht gerade meine Sprachgewandtheit.
    »Kein Kabel«, riss er mich aus meiner Suche nach den passenden Worten.
    »Wie bitte?«
    »Ich bin nicht verkabelt. Kein Mikro, keine Kamera, nichts. Glaubst du mir jetzt?«
    Es machte Sinn, aber ich war noch immer so perplex, dass ich weiter grübelte.
    Desmond sah an sich herab und schmunzelte. »Oder möchtest du, dass ich auch die Schuhe und die Hose ausziehe?«
    Da fragte er noch?
    Ich winkte schnell ab. »Nein, schon gut, ich glaube dir auch so.«
    Ich hielt inne, als mir bewusst wurde, was ich da sagte. Wenn ich ihm wirklich glaubte, erkannte ich die Existenz von Miniatur-Prokuristen und anderen Dingen an, die für mich bisher in Bücher und Filme gehört hatten, und nicht an den Arbeitsplatz.
    Schnell streckte ich einen Arm aus und stützte mich an einem der Baumstämme ab.
    »Oh, oh«, murmelte ich. Ich atmete heftig, weil sich meine Brust urplötzlich zusammengezogen hatte, und ich befürchtete, einen Panikanfall zu bekommen.
    Desmond hatte sich sein Shirt wieder übergestreift und kam auf mich zu. Ohne ein weiteres Wort legte er seine Arme um mich. Wärme und der Duft nach Wind und Gräsern hüllten mich ein. Ich überlegte nicht weiter, lehnte meinen Kopf an seine Schulter und schloss die Augen. Mein Herz schlug hastiger, als er mir über das Haar strich, doch es beruhigte sich schnell und fand einen Gleichklang mit seinem.
    Die Welt raste für einen Augenblick, um dann einen Frieden zu finden, den ich bisher nicht gekannt hatte.

6
    Lehrlingsstunden
     
     
     
    I ch starrte durch die Windschutzscheibe auf ein mehrstöckiges Wohnhaus, dessen weiße Fassade an den Rändern in faustgroßen Stücken abblätterte. Auf meinem Schoß lag die aufgeschlagene Personalakte von Adrian Wills, des Mitarbeiters von ABM, der sich vor drei Tagen krankgemeldet hatte und den ich betriebsbedingt überprüfen sollte. Mein Stapellauf sozusagen.
    Das Foto neben dem tabellarischen Lebenslauf zeigte einen normal wirkenden Menschen mit schütterem Blondhaar und lustigen Falten an Augen und Mundwinkeln. Er wirkte sympathisch und ich hoffte, dass ich ihn nicht an den Pranger, oder vielmehr den Prokuristen, liefern musste. Von der arbeitslosen Bürokauffrau zur Detektivin eines Halbkobolds, das sollte mir erst einmal jemand nachmachen. Kim wäre so stolz auf mich. Natürlich erst, nachdem ich die jahrelangen Elektroschock-Therapien überstanden hätte, die man mir verabreichen würde, sollte ich zu Hause mit der Wahrheit über meinen Arbeitsplatz herausrücken. Zu dieser zählte, dass ich vor dem Zuhause von – ich blickte auf den Lebenslauf – Adrian Wills darauf wartete, dass er jeden Moment im Hawaiihemd und mit dicker Havanna im Mund vor die

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