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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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weiterzureden. Ich konnte es nicht einschätzen, also wartete ich ab.
    »Der Mann war weitgehend schon ein Mensch«, sagte er und sah mir fest in die Augen. »Deine Beschreibung klingt danach, als lebte er in Symbiose mit einem Dämon. Keine Sorge, er war keine Gefahr für dich.«
    »Mit einem …? « Ich verknüpfte seine Erklärung mit den Bildern in meinem Kopf. »Ein Dämon? Warum um alles in der Welt sollte ein Mensch so etwas tun wollen? Das ist ja schrecklich!«
    Ich wollte noch etwas sagen, doch da kehrte die Stampede der Telefonisten zurück. Desmond trat von mir weg und drückte sich enger an die Wand. Ich folgte seinem Beispiel und war im nächsten Moment umgeben von sich bewegenden Mündern, halb versagenden Deodorants und einer stattlichen Portion Hektik. Ich blickte der hastenden Meute hinterher und erwartete, kleine Rauchwölkchen an den Schuhsohlen erblicken zu können. Eine Tür schlug, ich hörte von irgendwoher Staceys Befehlsstimme, dann war Ruhe.
    Desmond und ich tauschten einen Blick und wagten uns wieder auf den Flur. Er sah nachdenklich aus. Am liebsten hätte ich eine der dunklen Haarsträhnen aus seinem Gesicht geschoben und das, was ihm offensichtlich Sorge bereitete, gleich mit. Mehr Gründe, ihn anzufassen, fielen mir leider nicht ein. Eine andere Möglichkeit war, das Büro der Telefonisten zu stürmen und sie anzuschreien, dass sie einen wundervollen Moment zwischen mir und ihrem Hausmeister zerstört hatten. Sie würden sich vielleicht dabei heimisch fühlen, immerhin waren sie lautes Gebrüll gewohnt.
    Desmonds Brustkorb hob und senkte sich, als er tief durchatmete. »Ich bin mir noch immer nicht sicher, wie die Verbindung in eure Welt zustande kommen konnte. Das Wichtigste ist nach wie vor, dass du dir nichts anmerken lässt. Und das klappt am besten, indem du dir sagst, dass dir niemand gefährlich werden kann.«
    Ich bezweifelte das. Wenn in meiner Welt alte Männer herausfanden, dass sie stärker als Automotoren waren, dann würden sie in kürzester Zeit ganz andere Dinge tun. Man kannte das ja zur Genüge aus Superheldenfilmen.
    »Das könnte schwierig werden«, sagte ich und bemerkte, dass meine Stimme zitterte. »Bestien wie dieser Mann könnten mich doch mal eben mit gebrochenem Genick zurücklassen, nur weil ich ihren Zebrastreifen übersehen habe.«
    Eine ganze Reihe von Emotionen zog über Desmonds Gesicht, jedoch so schnell, dass ich sie nicht einordnen konnte. Seine Kiefer mahlten und entspannten sich wieder, und die Ader an seinem Hals pochte. Dann hob er eine Hand und legte sie an meine Wange.
    »Ja, er könnte dir das Genick brechen, und er würde es vielleicht auch tun, wenn du sein Leben bedrohst. Sich wehren, so wie ein normaler Mensch es tun würde, mit den Möglichkeiten, die ihm gegeben sind. Doch er ist von sich aus nicht aggressiv, nur weil er kein Mensch ist.« Er bewegte seinen Daumen und strich federleicht über meine Haut. Sie kribbelte, wo er mich berührte, und die feinen Stiche zogen sich meinen Hals und die Schultern hinab und erreichten meinen Rücken. Ich hielt die Luft an und sah zu Desmond hoch. Der alte Mann war vollkommen vergessen. Mein Herz schlug schneller, und ich neigte den Kopf seiner Hand entgegen. Er zögerte, blieb aber, wo er war. Seine Fingerspitzen berührten meinen Nacken.
    »Ich kann mir kaum vorstellen, dass Sie beide nichts zu tun haben«, kam es plötzlich aus dem Bereich hinter uns. Desmond zog seine Hand zurück, und ich trat von ihm weg, während mein Gesicht wieder die Farbe eines Sonnenuntergangs annahm. Aufrecht wie ein Soldat drehte ich mich um und starrte in das Gesicht der Prokuristenmutter. Ihre Lippen bildeten eine perfekte Horizontale.
    »Ich …«, stotterte ich, doch sie beachtete mich nicht.
    »Herr Ayperos.« Sie wandte sich an Desmond. »Ich wüsste nicht, dass die Einweisung«, sie betonte das Wort auf eine besonders unangenehme Weise, »von neuen Untergebenen meines Sohnes in Ihren Bereich fällt.«
    Ich konnte sehen, wie er seine Hand, die mich vor wenigen Sekunden noch berührt hatte, zu einer Faust ballte und die Sehnen auf seinem Unterarm hervortraten. Dann entspannte er sich, nickte mir knapp zu und setzte sich in Bewegung. Er antwortete der Frau zwar nicht, ging aber so eng an ihr vorbei, dass es Antwort genug war. Sie blieb stehen, wo sie war, doch ihr Blick bekam etwas Wachsames.
    Ich beobachtete die Szene und war verunsichert. Offenbar gab es eine Menge Regeln und Gepflogenheiten, die ich noch lernen

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