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Nicht menschlich Inc.

Nicht menschlich Inc.

Titel: Nicht menschlich Inc. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephanie Linnhe
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zum anderen wusste ich, dass er recht hatte.
    Unser Weg führte uns in die Gegend der Stadt, die ich noch nicht kannte. Auf sterile Bürokomplexe und Lagergrundstücke folgten mit Gras bewachsene, sorgsam abgetrennte Felder sowie Hallen aus rotem Backstein.
    Ich schloss die Augen und lehnte den Kopf nach hinten. Bisher hatte ich kaum Zeit gehabt über all das nachzudenken, was seit meinem Schichtbeginn am Vortag passiert war. Vielleicht sparte ich mir das besser für zu Hause auf, weil ich Desmond nicht mit hysterischen Reaktionen auf die Erinnerung an alles, was mir in LaBrock merkwürdig vorkam, verschrecken wollte.
    Als ich die Augen wieder aufschlug, befanden wir uns in einer spärlich belebten Straße, die rechts und links von Geschäften gesäumt wurde. Ich betrachtete die Passanten: eine junge Mutter mit Kinderwagen, eine Gruppe Jugendlicher mit Technik am Ohr sowie ein älteres Pärchen, das eng nebeneinander herlief. Ich richtete meine Aufmerksamkeit auf die Geschäfte. An einem blau gestrichenen Haus prangte der Schriftzug Boonsens. Noch während ich mich bemühte, das Schaufenster zu erkennen, bemerkte ich ein Schild mit einem durchgestrichenen schwarzen Männchen, ähnlich einem Verkehrsschild. Darunter blinkten in regelmäßigem Rhythmus zwei gelbe Worte auf: Keine Menschen .
    Ich keuchte und presste die Nase gegen die Scheibe, doch da waren wir schon vorbei. Empört ruckte mein Kopf zu Desmond herum. »Keine Menschen?«
    Ich fühlte mich persönlich angegriffen, obwohl mit dem Schild meine gesamte Spezies gemeint war. Trotzdem, das machte es nicht weniger schlimm, vielleicht sogar noch schlimmer. Während ich überlegte, ob ich in Zukunft nur noch mit kugelsicherer Weste und Elektroschocker aus dem Haus gehen sollte, warf Desmond einen so langen Blick in den Rückspiegel, dass ich befürchtete, wir würden einen Unfall bauen. Und niemand würde uns helfen, weil wir Menschen waren. Wir würden auf offener Straße verbluten und das Letzte, was ich sehen würde, wäre ein spitzzahniges Grinsen sowie ein Gesicht, neben dem sich zwei Flügel entfalten würden …
    »Ah, das Boonsens«, sagte Desmond und blickte endlich wieder nach vorn. »Es gibt Läden, die spezielle Artikel für andere Spezies verkaufen. Menschen sind daher dort nicht erwünscht, weil es eine Art Eingriff in die Privatsphäre darstellen würde.«
    So abrupt aus meinen Todesvorstellungen gerissen, reagierte ich leicht aggressiv. »Ach ja, und was ist mit speziellen Abteilungen in Drogeriemärkten, zu denen zumindest in meiner Welt Männer und Frauen Zutritt haben? Gehören weibliche Hygieneartikel etwa zu den Themen der Öffentlichkeit?«
    Ich biss mir auf die Lippe, schwieg und wünschte mir, die Klappe gehalten zu haben.
    Desmond lachte leise. »Drogeriemärkte führen auch hier ein gemischtes Warensortiment. Aber Dinge wie Flügelwachs oder Schuppenhärter bekommt man eben nur in besonderen Läden.«
    Das klang einleuchtend. Ich schwieg und versuchte, mir vorzustellen, wie es in einem Geschäft aussehen würde, in dem Menschen unerwünscht waren. Weit kam ich nicht, denn wir bogen in eine schmalere Straße ein und hielten kurz darauf an.
    »So, wir sind da.« Desmond berührte leicht meinen Handrücken und nickte mir zu.
    Ich sah erst meine Hand an, dann ihn. Dabei versuchte ich, mir möglichst nicht den Vorwurf anmerken zu lassen, den ich fühlte – er hätte mich länger berühren können. Meine Hand in seine nehmen, mein Gesicht streicheln wie schon einmal zuvor. Doch ich nickte lediglich, denn Carsten wartete sicher. Ja keine Aufmerksamkeit erregen und schön pünktlich sein.
    Wir stiegen aus. Augenblicklich umhüllte mich die normale Atmosphäre einer Innenstadt. Gesprächsfetzen, Fahrzeuggeräusche, Kindergeschrei und Hundegebell vermischten sich mit zaghaften Windböen. Meine Nase wurde von einer Melange aus Kaffeeduft und Gebratenem gekitzelt, und ein dicker Mann mit Regenschirm machte sich erst gar nicht die Mühe, seinen Bauch einzuziehen, sondern zwang mich, ihm auszuweichen. Ich ignorierte seine Unverschämtheit und blickte Desmond an. »Und nun?«
    Er deutete quer über den Platz auf eine der Häuserecken, wo sich die hin und wieder durch die Wolken brechende Sonne im Glas der Scheibe spiegelte.
    »Das dort ist das Holysmacks.«
    Auf zwei senkrechten, goldfarbenen Stangen flatterten Fahnen, auf denen man den Schriftzug erahnen konnte, wenn der Stoff sich ausbreitete. Das Holysmacks war nicht gerade klein. Zwei Stockwerke

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