Nicht menschlich Inc.
sein, nicht wahr? Dafür war ich hier, und zudem hatte ich einen wahnsinnig attraktiven Leibwächter dabei.
»Also gut«, begann ich und legte die Hände auf den Tisch. »Ähm … wo befindet sich denn Kirsten gerade?«
Sein Schulterzucken war von einer Lässigkeit, die ich gern für mich beansprucht hätte. Momentan fühlte ich mich so unwohl, dass ich am liebsten aufgesprungen und um den Tisch gelaufen wäre.
»Ich weiß es nicht. Sagen Sie es mir.«
O nein. Diese Antwort kannte ich aus zahlreichen Filmen, aber bislang hatte ich noch nie darauf reagieren müssen. Nun galt es zu beweisen, dass ich mich durchsetzen konnte.
»Ich dachte, Sie wollten sich mit mir treffen, um mir zu helfen.« Ich legte mich auf die Guter-Cop-Schiene fest, das Gegenteil war einfach nichts für mich.
Carstens Blick irrlichterte zu Desmond, dann wieder zu mir. Er verschränkte beide Arme hinter seinem Kopf. »Ich habe mich mit Ihnen getroffen, weil ich wissen möchte, wohin sich meine Schwester verkrümelt hat.«
»Das heißt, Sie wissen gar nicht, wo sie ist?«
Am liebsten hätte ich Desmond für eine Blitzberatung zurück zum Wandtelefon gezerrt, aber das würde Carsten nur den Respekt vor mir nehmen. Ich durfte diese Feuerprobe nicht in den Sand setzen. Allerdings konnte ich nicht beurteilen, ob er es ehrlich meinte oder mir gerade einen gewaltigen Bären aufband. Ich war keine Pokerspielerin, Backgammon oder Vier gewinnt waren eher meine Wellenlänge.
Carsten drehte den Bierdeckel zwischen seinen Händen. »Genau. Ich erreiche sie seit einigen Tagen nicht mehr, obwohl sie versprochen hatte, Muffins für die Geburtstagsparty meiner Patentochter zu backen. Normalerweise hält sie, was sie verspricht. Aber sie ist wie vom Erdboden verschluckt. Da dachte ich mir, dass ich euch von ABM die Sucharbeit überlasse, wenn ihr schon einen extra Posten dafür habt. Ich verstehe also richtig, dass Sie meine Schwester noch nicht gefunden haben?«
Gut, ich war perplex, was aber daran lag, dass man mich schlicht und einfach benutzen wollte. Ich bemühte mich um einen höchst seriösen Geschäftsblick und verschränkte die Arme vor der Brust. »Nein.«
Alles andere hätte wie eine Rechtfertigung geklungen. Die einsetzende Stille am Tisch zwang mich aber dazu, weiterzureden. »Ich beginne gerade erst mit der Suche. Sie sind eine der ersten Stationen.«
Das schien ihn zu überzeugen. »Verständlich, aber leider bringt mir das nicht viel. Übrigens, bei unseren Eltern müssen Sie sich nicht melden, die stecken genauso voller Fragen wie ich.«
Er zerstörte mir nicht nur diese Option auf Antworten, sondern nahm mir gleich die nächste. Ich schielte zu Desmond hinüber, doch er verlagerte lediglich sein Gewicht von einem Fuß auf den anderen. Seine Mimik sagte alles, Carsten hatte sich als Sackgasse herausgestellt und Kirstens Verschwinden blieb ein Fragezeichen.
Kampflos wollte ich den Schauplatz allerdings nicht verlassen. Es war an der Zeit, den nutzlosen Bruder meiner Zielperson mit Fragen zu bombardieren. Ich versuchte, mich in die Rolle einer Ermittlerin zu versetzen.
»Wann haben Sie Ihre Schwester zum letzten Mal gesehen, Herr Herms?«
Er legte seinen Kopf schräg und starrte auf einen Punkt irgendwo im Nichts. Er dachte nach, er dachte wirklich nach. Vor Aufregung rutschte ich leicht auf dem Stuhl herum, bis ich bemerkte, wie sehr Desmond sich darüber amüsierte. Ich räusperte mich leise und schenkte Carsten erneut meine gesamte Konzentration.
Er vollführte eine vage Geste mit der Hand. »Ungefähr Anfang letzter Woche. Sie hat mir erzählt, dass ihr Arzt sie krankgeschrieben hat und ich habe ihr noch ein paar Sachen vorbeigebracht.«
»Was für Sachen?«
Es war nicht wichtig, aber ich gewöhnte mich gerade daran, Fragen zu stellen. Dadurch, dass Carsten darauf setzte, dass ich seine Schwester fand, gewährte er mir quasi einen Freifahrtschein zum Schnüffeln in fremden Angelegenheiten.
»Hauptsächlich etwas zu essen von meiner Mutter. Dann noch Medikamente und ein paar Filme.«
Das klang plausibel. Ich bedauerte, dass ich weder Notizblock noch Diktiergerät bei mir trug, und brummte ein »Hm« als Zeichen, dass seine Antwort mir genügte.
»Und warum haben Sie Kirsten seitdem nicht besucht?« Ich verengte die Augen bei dieser Frage, es erschien mir passend.
Er grinste. »Ich hatte keine Lust, mich anzustecken. Vor zwei Tagen hat mich unsere Mutter angerufen und mich gebeten, bei Kirsten vorbeizufahren, weil sie nicht
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