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Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition)

Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition)

Titel: Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meral Al-Mer
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Harzextrakt sehr selten zu bekommen und hochwirksam ist, und lud ihn in meine Wohnung ein.
    Dort wickelte er etwas aus Alufolie aus, was mir aber gar nicht nach Haschischöl aussah, und bot es mir an.
    »Mach du zuerst«, sagte ich, »ich weiß ja gar nicht, wie man das konsumiert.«
    Und so baute der Mann sich sein Aluröhrchen und begann zu rauchen, und schon gingen bei ihm die Lichter aus.
    »Ist ja langweilig«, dachte ich, denn ich wollte keine solche müde machende Droge, ich wollte wach sein und Energie bekommen, so wie von Ecstasy eben. Zwar nahm ich auch ein paar vorsichtige Züge, doch das Zeug wirkte bei mir nicht. Am nächsten Morgen war der Typ verschwunden. Und als ich meinen Freunden von diesem Erlebnis erzählte, meinten sie, dass das sicher Heroin gewesen sei. Vielleicht wollte der Typ mich anfixen. Doch Heroin kam für mich – trotz allem – nie in Frage.
    Ein anderes Mal war ich zwei Männern in die Tiefgarage des Düsseldorfer Bahnhofs gefolgt, weil sie mir Stoff verkaufen wollten. Sie setzten sich vorn in ihren Wagen, ich hinten. Wir wickelten unser Geschäft ab, doch dann wurde es mit einem Mal ungemütlich: Der eine drehte sich um, packte mich an den Schultern und wollte zu mir nach hinten klettern. Ich duckte mich blitzschnell in den Fußraum des Wagens, machte die Tür auf und riss mich los. Der Dealer hing mit dem Oberkörper über der Fahrerlehne und musste sich erst aufrappeln. Da merkte ich, dass ich meine Handtasche vergessen hatte, riss noch einmal die Tür auf, wehrte die Typen ab, schnappte die Tasche, trat mich frei und rannte davon.
    Die vielleicht gefährlichste Situation erlebte ich mit einem illegal in Deutschland lebenden Afrikaner. Wir waren in seiner Wohnung, als er die Tür abschloss und anfing, an mir herumzumachen. Da begann ich zu weinen.
    »Kennst du Fufu?«, fragte ich ihn unter Tränen. »Das kann ich für dich kochen. Ich hab ganz viele afrikanische Freunde, und wenn du mich jetzt in Ruhe lässt, dann lernst du die alle kennen, wir kochen gemeinsam, trommeln, haben Spaß. Wie eine Familie. Aber wenn du mir jetzt was tust, dann bist du weiterhin ganz allein.«
    Ich weiß nicht, welche Intuition mir diese Worte eingab. Alles stimmte, ich kannte viele Afrikaner, auch Fufu konnte ich kochen, ebenso wie andere afrikanische Gerichte. Und damit traf ich den Jungen mitten ins Herz. Er ließ mich los, schloss die Wohnung auf und ließ mich gehen.
    Solche Situationen gab es viele. Ich umgab mich mit allen möglichen Leuten, denn wenn niemand bei mir war und meine Hand hielt, konnte ich oft nicht einmal ruhig atmen, geschweige denn einschlafen.
    War ich allein in meiner Wohnung, hatte ich schreckliche Horrorvisionen. Darin sah ich meinen Vater durch die Tür kommen. Oder er stand davor und schlug sie ein, und mit jedem seiner Schläge gab sie ein Stückchen mehr nach. Ich konnte nichts dagegen tun; kaum entspannte ich mich, waren diese Bilder und Szenen da. Viele Jahre lang sollten sie mich verfolgen.
    Dennoch sah es danach aus, als würde ich meinen Schulabschluss machen, als ginge alles nun seinen Gang. Ich war unglücklich, doch mithilfe der Drogen gelang es mir, einigermaßen auf Kurs zu bleiben, auch wenn es hin und wieder ein Schleuderkurs war.
    Doch dann geschah etwas, das mich zunächst einmal völlig aus der Bahn warf.

18
In der Klapse
    N och immer war ich mit meinem Freund Ramesh, der im Iran lebte, in Kontakt. Wir schrieben uns Faxe und träumten davon, dass es eines Tages Handys mit Display geben würde, auf denen man sich sehen könnte, während man miteinander sprach. Doch es war das Jahr 1997, und die Welt war noch weit davon entfernt, so vernetzt zu sein wie heute.
    Ramesh lud mich ein, ihn über Weihnachten in Teheran zu besuchen, und für mich war es eine ausgemachte Sache, dass ich die Einladung annehmen würde. Ja, diese Reisepläne waren ein Lichtblick am Horizont für mich in diesem schlimmen Jahr, und ich begann systematisch auf das Flugticket zu sparen. Dafür nahm ich Jobs an, kellnerte in einem Café, und irgendwann hatte ich das Geld zusammen. Ich beantragte ein Visum und bekam es. Elke kaufte das Flugticket für mich.
    Alles stand bereits für meine Weihnachts-Reise nach Teheran fest. Meiner Betreuerin Barbara hatte ich nichts davon erzählt, und damit sie Bescheid wusste, wenn sie aus dem Weihnachtsurlaub zurückkam und mich in meiner Wohnung nicht antraf, schrieb ich einen Brief und warf ihn in den Briefkasten des Büros, das ja im selben Haus

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