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Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition)

Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition)

Titel: Nicht ohne meine Mutter: Mein Vater entführte mich als ich ein Jahr alt war. Die Geschichte meiner Befreiung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Meral Al-Mer
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mit mir in der Öffentlichkeit zu zeigen. Also erzählte ich Behzad davon.
    Eines Abends war es über unseren Mathebüchern spät geworden. Wir bekamen Hunger und beschlossen, uns eine Pizza zu holen. An der Tür befiel mich ein komisches Gefühl, eine Art Vorahnung.
    »Ist das klug?«, fragte ich noch. »Mein Vater kann jederzeit hier auftauchen.«
    »Ach, komm«, sagte Behzad, »man wird sich doch noch eine Pizza holen können.«
    Kaum waren wir aus dem Haus, strahlten grelle Nebelscheinwerfer auf. Wir waren geblendet. Ich wusste sofort: Das ist mein Vater. Ich hörte, wie sich diese unverwechselbaren Schritte näherten, entschlossen und hart.
    »Ins Auto«, schrie ich, »und verriegeln. Ins Auto und verriegeln!«
    Es war wie in einem Horrorfilm. Wir konnten uns gerade noch in Behzads Wagen retten, die Knöpfe runterdrücken, als mein Vater auch schon wie ein Wahnsinniger mit einer riesigen Stabtaschenlampe aus Metall begann, gegen das Seitenfenster auf der Fahrerseite zu schlagen.
    »Los«, keuchte ich, »fahr los!«
    Behzad steckte den Schlüssel ins Zündschloss und drehte ihn herum, doch der Wagen wollte nicht anspringen. Indessen ging das Seitenfenster zu Bruch, die Scherben fielen über Behzad, doch damit nicht genug. Mein Vater packte seinen Kopf und schlug unerbittlich mit der riesigen Stabtaschenlampe auf ihn ein. Ich versuchte, mit meinen Händen seinen Kopf zu schützen, während Behzad die ganze Zeit versuchte, den Wagen zu starten.
    Endlich sprang er an. Behzad gab Stoff, der Wagen setzte sich mit einem Ruck in Bewegung und nahm Fahrt auf. Mein Vater, der ja halb im Seitenfenster hing, wurde noch eine Weile mitgeschleppt, dann stürzte er zu Boden. Ich glaubte eigentlich, dass er sich schwer verletzt haben müsste, doch als ich mich umsah, konnte ich erkennen, wie er sich aufrappelte und zu seinem eigenen Wagen rannte.
    »Er wird uns verfolgen«, presste ich hervor. »Los, fahr schneller.«
    »Wir fahren direkt zur Polizei«, sagte Behzad, dem das Blut vom Kopf rann. Quer durch die Stadt ging es in einer filmreifen Verfolgungsjagd. Mit quietschenden Reifen legte sich unser Wagen in die Kurven, über rote Ampeln brausten wir hinweg. Da! Ein LKW , der von rechts angeschossen kam, wir nahmen ihm die Vorfahrt – ich weiß bis heute nicht, wie wir es schafften, gerade noch vor ihm über die Kreuzung zu brausen.
    Endlich bogen wir in den Hof der Polizeiwache ein. Wir sprangen aus dem Wagen, rannten zur Tür. Die war verschlossen. Wir rüttelten an ihr, bis ich eine Klingel entdeckte und sie wie verrückt drückte. Ich war außer mir vor Panik. Vollkommen hysterisch versuchte ich dem Beamten, der endlich in aller Ruhe dahergeschlurft kam, um die Tür aufzuschließen, zu erklären, in welcher Gefahr wir uns befanden. Der musterte uns nur: eine bizarr gekleidete Sechzehnjährige und einen Typen mit langen Dreadlocks, dazu beide ganz offensichtlich Ausländer – er schien nicht sicher zu sein, ob er uns überhaupt ins Haus lassen sollte. Und dann passierten zwei Dinge: Mein Vater kam in vollem Karacho angefahren. Und Behzad fiel vor unseren Augen einfach um. Er hatte schwere Wunden am Kopf; ein Wunder, dass er es überhaupt noch bis zu der Polizeiwache geschafft hatte.
    Da öffnete der Polizist endlich die Tür, und mein Vater fuhr wieder vom Hof. Wieder einmal kam der Rettungsdienst, wieder einmal hatte mein Vater jemanden krankenhausreif geschlagen. Ich fuhr mit dem Krankenwagen mit, blieb bei Behzad; ich sah mit an, wie man ihm seine wunderschönen Dreadlocks abrasierte, um seine Wunden am Kopf versorgen zu können. Da weinte ich, wieder einmal weinte ich um den Verlust von schönem Haar.
    »Dieser Mann muss gestoppt werden«, sagte Behzad, während sie ihm eine Platzwunde zusammennähten. »Das kann so nicht weitergehen, dass der wie ein Terminator durch die Gegend rast!«
    Als ich spät in der Nacht nach Hause kam, wählte ich die altbekannte Nummer, die einmal unsere gewesen war.
    »Dieses Mal hast du einen Fehler gemacht«, sagte ich, als mein Vater abnahm. »Du hast den Falschen erwischt. Er studiert Jura, er wird dich vor Gericht bringen. Für all das, was du tust, wirst du eines Tages büßen müssen. Eines Tages schlage ich zurück, das schwöre ich dir.«
    Er lachte nur, wie so ein Gangster in einem schlechten Film. Aber das war mir egal. Ich hatte zum ersten Mal in meinem Leben meinem Vater seine Grenzen aufgezeigt, hatte ihm gedroht. Hatte ihm den Krieg erklärt.
    Behzad ließ sich nie wieder die

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