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Nicht ohne meinen Mops

Nicht ohne meinen Mops

Titel: Nicht ohne meinen Mops Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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pervers teure Mineralpuder, das ich mir geleistet hatte, auf meiner Stirn braune Klümpchen bildet. Wer weiß, dass der Stuttgarter Sommer im 19. Jahrhundert als Training für Tropenmissionare genutzt wurde, der ahnt, wie ich mich fühle.
    Zu allem Übel ist heute Mittwoch. Mittwoch im Tabakladen heißt Liefertag. Hinter der Theke stapeln sich die Kartons mit Zigarettenstangen, Pfeifenreinigern und Billigfeuerzeugen. Kaugummis, Bonbons und Grußkarten wollen ausgepackt und einsortiert werden. Dazu die gut 50 Bücher für die Drehständer; von der Liebesschmonzette über die australische Familiensaga bis hin zum blutrünstigen Thriller ist wieder alles für den leichten Lesegenuss dabei. Da Fritz schnauft wie eine alte Museumslok und trieft wie ein Springbrunnen, übernehme ich das Einräumen der Ware. Mein Chef sieht mich dankbar aus dem hitzegeröteten Gesicht an – hoffentlich erinnert er sich an diesen Saunatag, wenn ich mal wieder ein bisschen früher Feierabend machen will!
    Ich bin eben dabei, eine Wasserpfeife auf das oberste Regal zu wuchten und habe alle Hände voll damit zu tun, das Gleichgewicht auf dem Hocker zu halten. Da höre ich seine Stimme: »Eine Packung Marlboro Menthol, bitte.«
    Das Timbre.
    Leicht rau.
    Wie frisch aus dem Bett.
    Marc.
    Der Arsch.
    Der Hocker gerät ins Schwanken und ich schaffe es mit Mühe und Not, die Wasserpfeife ins Regal zu schieben. Bitte, bitte, lass ihn mich nicht erkennen … Fritz langt nach den Zigaretten und ich höre, wie er unter der Theke nach einem Gratisfeuerzeug kramt. Das bekommen sonst nur Kunden, die eine ganze Stange kaufen. Aber scheinbar beeindruckt Marc meinen Chef. Los, Fritz, schnell, mach hin!
    »Tanja, wo sind denn die Feuerzeuge?« Fritz! Bitte nicht!
    »Weissichnichmussugucken«, murmele ich auf meinem Hocker. Warum muss ich eigentlich ausgerechnet heute ein pinkfarbenes Shirt anziehen, das sich unter den Achseln schweißdunkel gefärbt hat?
    »Tanja?« Marc, der Arsch, ruft meinen Namen so laut, dass es sicher noch bis zum Joghurtregal im Supermarkt zu hören ist. Langsam, sehr langsam, drehe ich mich um.
    »Hi.« Nicht sehr geistreich. Aber immerhin. Ich klettere vom Hocker, streiche mir schnell über das fettig glänzende Gesicht und bin zu einem halben Prozent bereit, Marc ins Gesicht zu sehen. Leider sehe ich nicht nur in sein Gesicht, sondern auch in das von Melanie.
    »Oh, hi.« Wieder keine intellektuelle Glanzleistung.
    »Hier arbeitest du also«, sagt Marc und ich hätte ihm mit dem nackten Hintern ins Gesicht springen können, als ich den süffisanten Ton in seiner Stimme höre. Ja, genau, Klugscheißer, hier arbeite ich, weil die Stellen für Arzthelferinnen dünn gesät sind und ich die letzte in der Landarztpraxis gekündigt habe, um mit dir Eumel in Stuttgart zu leben!
    »Ja«, piepse ich stattdessen. Melanie grinst breiter als ein Breitmaulfrosch und entblößt dabei zwei Reihen makelloser Zähne. Ich weiß, dass sie Veneers an den Kauleisten hat – trotzdem tut es weh. Das Gesicht ist perfekt geschminkt, die blonden Locken wirbeln luftig um den Kopf. Von Hitze und Schweiß keine Spur.
    »Na, dann brauch ich dich ja deswegen nicht mehr anzurufen«, sagt Marc, legt den einen Arm um Melanies schmale, perfekte Schultern und den anderen auf ihren Bauch. Ha! Sie wird fett!
    »Wir bekommen Nachwuchs.« Marc grinst wie ein Honigkuchenpferd. Marc, der Kinderhasser. Marc, der Freiheitsliebende. Marc, der Arsch.
    »Glückwunsch«, schnaube ich. Auch nicht originell.
    »Ja, und deswegen rauche ich jetzt Menthol«, sagt Marc und streicht versonnen über Melanies Bauch. »So kann ich mir das Rauchen schneller abgewöhnen, ist ja nicht gut fürs Baby.« Marc, der Kettenraucher. Marc, der Lebemann. Der Arsch.
    Onkel Fritz wendet sich Olaf zu, der seine tägliche BILD-Zeitung abholen kommt. An seiner Körperhaltung sehe ich, dass er Marc am liebsten aus dem Laden geworfen hätte – schließlich hat mein Chef die ganze Chose damals mitbekommen, als ich wochenlang wegen jeder Kleinigkeit in Tränen ausgebrochen bin. Nachdem ich Marc und Melanie überrascht hatte. In unserem Bett. In den Laken, auf die ich so lange gespart hatte.
    »Du, wenn du magst, dann komm doch zu unserer Verlobungsfeier in den chinesischen Garten am Killesberg, ich hab ja Beziehungen, dann kann man den mieten, weißt du«, säuselt Melanie.
    »Da kann ich nicht«, rufe ich.
    »Aber du weißt doch noch gar nicht, wann das ist?« Blondchens veilchenblaue Augen weiten

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