Nicht ohne meinen Mops
fummeln wir die Einweghandschuhe und Schuhschoner aus dem Malerbedarf aus unseren Hosentaschen. Chris pustet in die Gummihandschuhe und seine Hände gleiten hinein. Meine Handschuhe scheinen mit einem Mal Kindergröße zu haben, ich bekomme sie einfach nicht über die Finger. Chris hilft mir.
»Schnell!«, flüstert er. Meine Hand zittert so stark, dass ich erst beim dritten Anlauf den Schlüssel ins Schloss bekomme. Eine Sekunde später stehen Chris und ich in meinem alten Nest.
»Das glaub ich nicht.« Mit weit aufgerissenem Mund starre ich die drei weißlackierten Schuhschränke an. Marc, der Minimalist, ließ sich den Flur von Schuhschränken verstellen – ich hatte meine paar flachen Schuhe und die wenigen Pumps, die ich besaß, brav in den Kleiderschrank gepackt. Vorsichtig öffne ich die oberste Klappe. Und bringe die eigene nicht wieder zu.
»Boah«, sage ich.
»Boah«, sagt Chris.
Wir stehen vor … einem Vermögen. Allein hinter der ersten Klappe verbergen sich ein Paar Pumps von Prada und zwei Sandaletten von Blahnik.
»Ich wusste gar nicht, dass es wirklich Frauen gibt, die sich so was kaufen«, hauche ich.
»Let’s rumble!« Chris wirft den Rucksack auf den Boden und marschiert mit der Palme ins Bad. Zu Hause hatten wir den Grundriss der Wohnung aufgezeichnet, um keine unnötige Zeit zu verlieren. Doch die vielen neuen Schränke und der Nippes, der sich in den Regalen türmt, machen meinem Plan einen kleinen Strich durch die Rechnung.
»Du liebe Güte.« Das Wohnzimmer hat sich in einen lackroten Albtraum verwandelt. Auf der minimalistischen schwarzen Ledercouch kuscheln sich sieben Porzellanpuppen, die alle – bis auf die Größe – aussehen wie echte Kinder. Drei Jungs, vier Mädchen. Neben der Grafik aus dem MomA, Marcs ganzer Stolz und zu meiner Zeit einziger Schmuck der Wohnzimmerwand, hängen Dutzende winziger Bilderrahmen. In jedem steckt ein anderes Foto des glücklichen Paares: Marc und Melanie in Paris, Marc und Melanie beim Picknick. Mir wird schlecht. Aber es gehört nicht zur ›Operation Affenarsch‹, auf den Teppich zu reihern.
Ich gehe zum Sideboard. Die Sonne fällt durchs Fenster und das Licht bricht sich in den unzähligen Kristallfiguren. Alle original Swarowski. Gruselig. In der obersten Schublade finde ich auf Anhieb, was ich suche: den Zweitschlüssel für Marcs Cabrio. Ich lasse den Schlüssel in meine Hosentasche gleiten und husche zu Chris ins Bad. Der ist eben mit seiner ersten Mission fertig: Mitten in der Kloschüssel prangt die Yucca-Palme, sauber von Erde umgeben.
»Schade um die Pflanze«, sagt er. Doch sein Grinsen straft ihn Lügen – ich weiß, dass Chris sich in diesem Moment vorstellt, eine Palme im Klo seines ehemaligen Schatzes zu pflanzen.
Ich sause in die Küche und hole das Spülmaschinenpulver. Chris hat in der Zwischenzeit das Waschpulver in eine Tüte umgefüllt. Nun kippe ich das Spülsalz in den Waschmittelkarton und Chris schüttet den Behälter für den Geschirrreiniger mit Ariel Color voll. Zurück in der Küche werfe ich einen Blick nach draußen. Rolf lehnt gegenüber an einer Laterne, den Hauseingang fest im Blick. Er zieht lässig an einer Zigarette, und als er mich am Fenster entdeckt, hebt er den Daumen. Earl hat es sich zu seinen Füßen bequem gemacht – mit pikiertem Gesicht.
»Alles entspannt!«, rufe ich Chris zu.
»Aber hier chillt so schnell keiner mehr.« Chris hantiert weiter im Badezimmer. Mit einem winzigen Trichter füllt er Melanies Parfum in die Flasche von Marcs Aftershave. Der Herrenduft Marke Joop landet im Fläschchen von Gaultier.
»Boah, was für ein Stinkezeugs.« Chris rümpft die Nase. »Geschmack hat dein Ex jedenfalls nicht.« Angewidert schraubt er die Flakons zu. Dann fummelt er eine Packung von den billigsten Papiertaschentüchern, die wir finden konnten, aus dem Rucksack. Sorgfältig deponiert er das Tuch so in der Waschmaschine, dass man es nicht sehen kann. Ich lache, als ich an die Flusen denke, die Miss Melly nach der nächsten Wäsche finden wird.
»Da fällt mir was ein, was Marc so gar nicht leiden kann«, sage ich und schraube den Deckel der Zahnpastatube auf. Der Klassiker schlechthin – und eine Garantie, dass Mr. Marc auf die Palme geht.
»Sag mal, so richtig sauber finde ich das Klo aber nicht«, sagt Chris und beugt sich kopfschüttelnd über die Keramik. »Na, ich will mal nicht so sein«, sagt er und schnappt sich die beiden Zahnbürsten aus dem Becher neben dem Waschbecken.
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