Nicht ohne meinen Mops
Myers Erben, je größer die Hupe, desto geiler. Mein Tag war gelaufen (Körbchengröße 75 B ist nun mal höchstens so groß wie die Brustwarzen dieser Plastikmelonen). Ich war enttäuscht. Eifersüchtig. Fühlte mich wie ein wandelndes Bügelbrett. Aber Marc ansprechen? Nach meinem Einbruch in sein Allerheiligstes? Und, mal ehrlich, die Hefte waren alle älteren Datums, sehr zerlesen. Vielleicht stammten sie aus seiner wilden Zeit? Vor mir?
Wir hatten in Chris’ Fundus jede Menge Fotos nackter Kerle gefunden. Sahneteilchen erster Rangordnung. Die Chippendales, zum Beispiel. Muskelpakete, Knackärsche und perfekt geformte Schwänze. Manche davon reckten sich keck in die Kamera.
»Sieht ja keiner, dass die Jungs schwul sind«, meinte Chris, als ich mit bedauerndem Blick auf die Fotos starrte. Wirklich schade für die Damenwelt, dass die besten Männer sich scheinbar nur für das eigene Geschlecht interessieren.
Diese Bilder wollen wir nun im Arbeitszimmer deponieren. Marc würde staunen, was seine Melanie so treibt. Ich betrete den Raum – und schreie auf. Die Lederliege ist verschwunden, die Bücherregale haben sich in Luft aufgelöst. Stattdessen knallt uns eine hellblaue Wand entgegen, auf der geklebte Elefanten nach Luftballons jagen. Mitten im Raum prangt eine Wiege, deren Himmel fast noch üppiger ist als jener im Schlafzimmer.
»Upps.« Chris drängt sich an mir vorbei. »Da hat Papa Marc wohl sein Zimmerchen räumen müssen?«
»Aaaargh!« Mehr bringe ich nicht heraus. Die Wickelkommode scheint mich hämisch anzugrinsen. Auf einem Regal prangt ein knallrotes Blechauto, in der Ecke schaukeln Holzbärchen an einem Mobile.
Das. Ist. Nicht. Fair.
»Jetzt reicht’s!« Die allerletzen, mikrofaserkleinen Skrupel lösen sich auf. Ich reiße Chris die nackten Kerle aus der Hand und deponiere sie unter dem Pampersstapel auf der Wickelkommode. Eines stopfe ich in die oberste Schublade, in der samtweiche Strampler liegen. Wütend stapfe ich aus dem Zimmer und mache den Fernseher im Wohnzimmer an.
»Wie löscht man einen Sender?«, rufe ich.
Chris streckt den Kopf herein. »Sollten wir nicht langsam gehen?«, sagt er und zeigt auf seine Armbanduhr.
»Nicht, bevor ich das hier nicht erledigt habe! Also, wie löscht man einen Sender?«
Chris zuckt mit den Schultern. »Keine Ahnung.«
Männer! Ich ziehe das Handy aus meiner Hosentasche und wähle Rolfs Nummer.
»Probleme bei euch?«, fragt er besorgt.
»Nein, aber sag mal, wie löscht man einen Sender im Fernsehen?«
»Tanja, was …?«
»Später, komm schon, wo muss ich drücken?«
Rolf räuspert sich. »Kommt auf das Gerät an.«
Ich nenne ihm die Marke. Einen Moment lang herrscht Schweigen in der Leitung. Dann lotst Rolf mich fernmündlich durch das Programm-Menü. Bye, bye DSF! Tschüss Eurosport! Adios DMAX! An eurer Stelle senden jetzt Homeshopping Europe, QVC und Bibel-TV. Irreversibel, wie Rolf mir versichert. Ohne Code wird hier nie wieder ein Bundesligamatch zu sehen sein. Aber dafür kann Miss Melly homeshoppen, bis die Plazenta brummt!
»Wir sollten uns beeilen.« Chris drängt zum Aufbruch. Ich werfe einen Blick in alle Räume (außer in das Kinderzimmer). Nein, das Alphateam hat keine Spuren hinterlassen. Wir hasten die Treppe hinunter, stürzen aus dem Haus und gehen eilig zum Parkplatz. Rolf und Earl, der offensichtlich bockig ist und sich jetzt tragen lässt, folgen in einigen Metern Abstand. Erst als wir im Auto sitzen und am alten Messegelände vorbeigefahren sind, bricht der Damm. Chris gackert als Erster los, dann fällt Rolf ein. Earl bellt und ich habe Mühe, die Straße zu erkennen, so viele Lachtränen schießen mir in die Augen. Mission erfüllt! Fehlt nur noch eine Kleinigkeit … und die parkt vor der Bank.
Rolf steigt aus, ich gebe ihm den Zweitschlüssel und ein Paar Einweghandschuhe. »MX5, knallrot«, sage ich.
»Weiß ich doch.« Rolf salutiert. »So einen wollt ich schon immer mal fahren!« Earl protestiert leise, als Herrchen ohne ihn loszieht – aber der Mops verliert mehr Haare, als Gerhard Meir an einem Tag von Promiköpfen scheren kann. Und Profis hinterlassen nun mal keine Spuren.
Chris kurbelt die Scheibe runter und ich das Radio lauter. ›Die perfekte Welle‹ läuft. An uns schießt ein roter Blitz mit geöffnetem Verdeck vorbei. Rolf grinst verzückt, als er den MX5 in den Verkehr einfädelt. Ich habe Mühe, ihm zu folgen, denn der Gute wechselt die Spur wie andere Leute die Meinung. An einer roten Ampel
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