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Nicht ohne meinen Mops

Nicht ohne meinen Mops

Titel: Nicht ohne meinen Mops Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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und bin innerlich dankbar, dass so gut wie nichts in diesem Zimmer daran erinnert, was Marc und ich hier erlebt haben. In diesem Ambiente kann ich mir den stundenlangen Sex, die wilden Stellungen und die Küsse an allen möglichen und unmöglichen Körperstellen nicht vorstellen. Hier riecht’s nach Blümchensex und einmal die Woche nach der Sportschau poppen in Missionarsstellung.
    Chris geht zum Kleiderschrank – ein Einbauteil, schweineteuer, aber genial – und zieht die Schiebetür auf, hinter der sich Marcs Anzüge verbergen. Chris pfeift anerkennend.
    Ich öffne die andere Seite des Schrankes – und pfeife ebenfalls. Geschmack hat sie ja, das muss ich zugeben. Einen Moment lang bin ich versucht, ein winziges Designertop mitgehen zu lassen. Eins nur … sie hat doch so viele. Dann aber besinne ich mich: Tanja, wo bleibt dein Stolz? Du brauchst kein Gucci oder Prada, du regierst die Welt in C&A! (Okay, so ganz glaube ich mir selbst nicht).
    Chris fummelt an den Anzügen und Hemden, während ich Melanies Schrank leise schließe. So bescheuert sie auch sein mag – nie im Leben würde ich es übers Herz bringen, Marc Cain oder Jil Sander ein Leid zuzufügen.
    »Ach, so geht das!« Ich staune, als Chris mit einer Nähnadel beginnt, einzelne Knöpfe zu lösen.
    »Hab ich von Schatz«, sagt er. »Für irgendwas muss der doch mal gut sein.« Ach ja, der Herrenschneider! Ich schätze, Marcs Knöpfe halten nach dem Schließen keine zehn Minuten. Nachdem Chris jedes dritte Teil bearbeitet hat und ich ihn grade noch davon abhalten kann, die Schublade zu öffnen, in der Marc seine Unterhosen aufbewahrt (das hätte ich nicht ertragen, ich sentimentale Kuh), ruft er: »It’s your turn!«
    Ich grabbele den knallig pinkfarbenen Lippenstift aus dem Rucksack und lasse mir von Chris sehr, sehr dick die Farbe auf die Lippen schmieren. Dann holt er den beigefarbenen Leinenanzug aus dem Schrank. Auf die rechte Reversseite, die hinten Richtung Schrankwand hängt, drücke ich einen fetten Kussmund. Chris hebt das Jackett an und ich wiederhole die Prozedur am Hosenschlitz. Tränen schießen mir in die Augen – der ganze Anzug riecht nach Marc. Seinem Aftershave und ja, am Hosenstall, nach Sex. Ganz leicht nur – aber meine Nase hat ihn nicht vergessen, diesen antörnenden Geruch.
    »Hey, du sollst dich hier nicht festsaugen!« Chris lacht und verstaut den Anzug wieder im Schrank. Ich wische mir den nuttigen Gloss von den Lippen. Aus einem Tütchen zieht Chris nun drei 60 Zentimeter lange, tiefschwarze Haare und drapiert sie – je einmal durch das Knopfloch gezogen – am hellgrauen, am beigefarbenen und am khakigrünen Anzug. Die Haare sind eine milde Gabe von Chris’ Kollegin Elke aus dem Callcenter, die dann und wann als Modell für Friseurazubis arbeitet. Die Haare sind beeindruckend – und ganz offensichtlich nicht von Blondchen Melanie.
    »Ei, tei, tei!« Chris feixt und macht sachte den Schrank zu. »Was für eine feine Überraschung …«
    »Und sie haben morgen ausreichend Zeit, um sich über die Haare zu unterhalten«, sage ich und gehe zum Bett. Aus den Kissen steigt Lavendelduft und … etwas Modriges.
    »Riech mal«, sage ich und werfe Chris eins der Zierkissen zu. Der steckt seine Nase in die gestickten Röschen auf hellblauem Grund.
    »Mottenpulver.« Er verzieht die Nase und schleudert das Kissen zurück. Vom Luftzug gerät der Betthimmel ins Schwanken. Feine Staubwölkchen rieseln auf das Bett.
    »Hast du nicht erzählt, Marc sei Hausstauballergiker?«
    »Hatschi! Ist er!« Ich nehme den Digitalwecker, der neben Chris’ Bettseite auf dem verschnörkelten weißen Schränkchen steht.
    »Ein Stündchen vorher aufstehen kann nie schaden«, sage ich und tippe auf die Tasten. Chris verstellt derweil den runden Ticktack-Wecker auf Melanies Seite.
    »Gute Nacht«, sage ich und knalle die Tür zu. »Und jetzt ab ins Arbeitszimmer.« Das Arbeitszimmer ist Tabuzone. Marcs Reich. Wehe, klein Tanja wollte hier nur sauber machen … streng verboten!
    Nach einigen Wochen, in denen ich Marcs Wunsch nach einem Rückzugsort respektiert hatte (schließlich standen eine schwarze Lederliege, zwei prall gefüllte Bücherregale und eine Bang & Olufsen im Zimmer), hat eines langweiligen Nachmittags dann doch die Neugier gesiegt. Zwischen ›Der Name der Rose‹ und ›Keinohrhasen – das Buch zum Film‹ stand ein roter Pappschuber. Bis zum Bersten gefüllt mit Tittenheften. Ich meine – richtigen Tittenheften, Zielgruppe Russ

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