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Nicht ohne meinen Mops

Nicht ohne meinen Mops

Titel: Nicht ohne meinen Mops Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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heulen an.
    »Hey, kein Problem«, sage ich. Denn noch habe ich nicht begriffen, was Onkel Fritz mir sagen will.
    »Ich muss dir kündigen. Sofort.« Fritz hebt den Kopf und eine dicke Träne kullert über seine Wange. »Es tut mir so leid, so leid.«
    »Oookay«, sage ich gedehnt. »Das heißt, ich bin arbeitslos?«
    Fritz nickt. »Ab sofort«, presst er hervor.
    »Scheiße«, sage ich. Langsam sickert in mein Hirn, was ich eben erfahren habe. Kein Job, keine Kohle für die Miete … keine Jungs mehr? Nein , auf gar keinen Fall.
    »Ach, Fritz«, sage ich und nun rollt auch mir eine Träne runter. »Komm schon, du schaffst das mit dem Laden, ich gehe zum Arbeitsamt.« Man geht doch zum Amt, wenn man keinen Job hat?
    »Tanja, das … also … scheiße!« Hinter Fritz sehe ich durch den Spiegel, dass Koslowski in den Laden kommt.
    »Kundschaft«, sage ich. Onkel Fritz erhebt sich schwerfällig. Jetzt wirkt er wie ein Michelinmännchen, dem jemand die Luft abgelassen hat.
    »Bitte sei mir nicht böse«, sagt er. »Und komm die Woche noch mal vorbei, wegen eines Zeugnisses.«
    Ich nicke stumm. Fritz geht hinter den Tresen und versorgt Koslowski mit der täglichen BILD-Zeitung. Ich schnappe meine Tasche und stehle mich aus dem Laden. Jetzt noch ein tränenreicher Abschied – das würde ich nicht ertragen.
    Ich hole mir beim Bäcker den vielleicht letzten Grande Latte to go aus diesem Laden und ein Croissant. So bewaffnet trete ich auf die Straße. Berufsverkehr. Ich trotte neben der Fahrbahn her und lande irgendwann im Killesberg-Park. Setze mich auf eine Bank am Streichelzoo und starre die Ziegen an. Mir gegenüber sitzt eine Omi, die Tauben füttert. Über den Kiesweg schlappt ein Rentner heran. Die Sonne scheint und wenn ich Urlaub hätte, wäre das ein perfekter Tag. Ich habe aber keinen Urlaub. Langsam schlürfe ich den Kaffee und zerbrösele das Croissant. Sofort stürzt sich eine Horde Tauben auf die Krümel und die Omi schaut mich böse an.
    »Ich wollte ihnen die Vögel nicht wegnehmen!«, rufe ich ihr zu. Sie reagiert nicht. Wahrscheinlich ist ihr Hörgerät falsch justiert. Und bei mir? Was läuft bei mir falsch? Das ist schnell gesagt:
    Job weg.
    Arne – vermutlich auch weg.
    Marc sowieso weg.
    Kohle – noch nie da gewesen. Also auch weg. Die letzte Lohnüberweisung vor knapp einer Woche hat mit Ach und Krach geschafft, mein Girokonto aus den roten Zahlen wieder in den schwarzen Bereich zu beamen. Das Geld auf dem Sparbuch reicht für zwei, vielleicht auch drei Monatsmieten. Und dann? Ich sehe mich selbst in ein, zwei Jahren. Ein Team von RTL II verfolgt mich tagelang mit der Kamera. Hier sehen sie Tanja, die beim Tafelladen halb verfaulte Äpfel kauft. Hier sehen sie Tanja, die zum Sozialamt geht. Hier sehen sie Tanja, die unter einer Brücke lebt. Hallo? Geht’s noch? Nein, das bin ich nicht und so will ich auch nicht enden. Nicht bei RTL II.
    Aber was dann? Die einzige Idee, die ich im Moment habe: ab nach Hause. Ab ins Bett und bewacht von meiner gläsernen Tiffanyfrau die Flucht antreten ins Reich der Träume. Ich bin müde. So müde …
     
    Leider kann ich meine Vitalfunktionen, vor allem die des Verdauungstraktes, nicht über mehrere Stunden einschläfern. Vor allem dann nicht, wenn ich vorher Kaffee getrunken habe. Irgendwann drückt meine Blase dermaßen, dass ich aufwachen muss. Im Zimmer ist es dämmerig und aus der Küche höre ich Geschirrklappern und das muntere Plaudern meiner Jungs. Ich schlappe zum Klo, erledige mein Geschäft, putze mir notdürftig die Zähne (ich sabbele im Schlaf, leider, was nicht besonders sexy ist, nehme ich mal an) und folge dem Duft von frisch gebratenem Fleisch.
    »Guten Morgen, Prinzessin!« Rolf wendet drei Steaks in der Pfanne. Wenn Rolf mit Einkaufen dran ist, gibt es meistens etwas sehr, sehr Leckeres. Während ich mich auf einfache Übungen (Vesperplatte, Salate) beschränke, durchstöbert er vor jedem Einkauf die Kochbücher und geht systematisch durch den Supermarkt oder besucht die Markthalle. Ich kaufe, was mir grade so in die Hände fällt – und stelle dann zu Hause fest, dass man daraus eigentlich nichts kochen kann.
    Ich gähne herzhaft.
    »Bist du krank?« Chris kommt mit einer Handvoll Kräutern vom Balkon und reicht sie unserem Chefkoch.
    »Nein, wieso?«
    »Na ja, du liegst den ganzen Mittag im Bett …«
    Jetzt fällt es mir wieder ein. Job weg, Arne weg, Wohnung vielleicht bald weg. Fassung auf jeden Fall in diesem Moment weg. Schwerfällig

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