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Nicht ohne meinen Mops

Nicht ohne meinen Mops

Titel: Nicht ohne meinen Mops Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Silke Porath
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Gott. Glaubt die Aufseherin, ich wollte die Bücher klauen? Ich bin doch registrierter Nutzer!
    »Sie müssen das nicht mitnehmen«, gurrt Blüslein. Erstaunt reiße ich die Augen auf.
    »Wenn Sie ein paar Minuten Zeit haben, dann kann ich Ihnen einen Spindschlüssel geben. Unser Angebot für Studenten. Die brauchen ja immer viele Bücher …«
    Das Wort ›Studenten‹ zieht Bluse extrem lang und dabei noch die Augenbrauen hoch.
    »Tiermedizin?«, fragt sie.
    Ich nicke. »Erstes Semester«, knödele ich.
    »Fern-Uni, was? Hier gibt’s diesen Studiengang nicht.«
    Mir wird heiß. Und kalt. Und wieder heiß. Aber das Blüslein nickt nur und wenig später habe ich ein schwesterliches Augenzwinkern und einen eigenen Spind von ihr bekommen.
     
    Zwei Wochen später weiß ich, dass Blüslein Dorothea Schneider heißt. Seit 32 Jahren in der Bibliothek ihren Dienst versieht. Und vermutlich genauso lange dieselbe Frisur hat. Außerdem kenne ich mich im Uterus einer Katze aus, habe alles über die Diagnose von Schuppenflechte bei Karpfen gelesen und weiß, wie und wo man bei Hund, Katze oder Maus eine Spritze setzt, Fieber misst und die Vitalfunktionen überprüft. Eigentlich ist das alles nicht viel anders als bei Menschen. Mit dem einen Unterschied, dass die meisten (aber längst nicht alle!) Homo sapiens weniger Haare als die Tiere haben.
    Zwei Wochen später weiß ich allerdings irgendwie auch, dass Arne Geschichte ist. Der hätte sich längst gemeldet – und außerdem ist die Bärchenfußmatte verschwunden. Chris und Rolf schieben das auf die Kehrwoche, die Frau Otto für den aushäusigen Mieter mit übernommen hat. Wahrscheinlich, behauptet Rolf, befindet sich die Matte gerade in Trudchens spezieller Reinigung. Ich wünsche mir, dass er recht hat – aber glauben kann ich das nicht.
    Die Nachmittage in der Bibliothek werden zu einer festen Einrichtung im Leben der Tanja B. Der arme Earl kommt ein bisschen zu kurz, doch Rolf meint, ich solle mir wegen des Mopses keine Gedanken machen: »Der hält locker den ganzen Tag dicht!«
    Dorle, wie ich Blüslein insgeheim nenne, hat mich mittlerweile in das elektronische Suchsystem der Bibliothek eingeweiht. Was meine Arbeit enorm erleichtert – ich muss gar nicht Regal für Regal abschreiten, um ein Buch zu einem passenden Stichwort zu finden! Mein Selbststudium treibt mich tiefer und tiefer in die Geheimnisse der Tiermedizin und ich lasse mich von Stichwort zu Fußnote und zurück durch die Wissenschaft treiben. Aktuellste Suchanfrage: ›Blasenvolumen – Trocken bleiben.‹ Ergebnisse: 17. Zu finden, wie merkwürdig, in der Ratgeberabteilung, Unterabteilung Kinder. Nun gut, Kinder und Hunde spielen auf denselben Plätzen, warum sollten sie nicht auch ähnliche Verdauungsprobleme haben?
    Zum ersten Mal bin ich nicht allein in der Selbsthilfeabteilung. Eine Frau mit müde hängenden Schultern schiebt einen massigen Kinderwagen durch den Gang. Ihr Hintern ist eindeutig zu groß für die Hose und das Arschgeweih über dem Bund merkwürdig verzogen. Aus dem Wagen höre ich leises Quengeln. Sind Kinder in der Erwachsenenabteilung erlaubt? Ich mache größere Schritte, um zu der Dame aufzuschließen und sie darauf hinzuweisen, dass ein schreiendes Kind garantiert in dieselbe Kategorie fällt wie ein klingelndes Handy.
    »Entschuldigung«, spreche ich die Mutter an. Die dreht sich langsam zu mir um. Die ausgewachsene Dauerwelle fällt dabei schlaff über die Schultern. Ich blicke mitten in das blasse und von mächtigen Augenringen dominierte Gesicht von Melanie. Marcs Melanie.
    »Jaaa?«, sagt sie lahm und dann sehe ich die Erkenntnis in ihrem fahlen Gesicht und den mit verschmiertem Kajal gezierten Augen.
    »Ach, hallo«, sagen wir gleichzeitig. »Auch hier?«
    Alles andere als originell, aber was sagt man zur Ex seines Neuen beziehungsweise zur Neuen seines Ex? Eben.
    »Das Baby?«, frage ich und zeige auf den Wagen. Wie blöd ist das denn? Klar muss da das Baby drin sein, Miss Melly wird kaum einen Kasten Bier in dem schicken Designerteil durch die Bücherei gurken.
    »Ja, das Baby«, sagt Melly und macht einen Schritt zur Seite. Ich interpretiere das als Aufforderung, in den Wagen zu schielen. Unter dem Verdeck sehe ich das kreisrunde und rote Gesicht mit eingedellter Nase und verquollenen Augen.
    »Wie süß«, sage ich. Meine ich aber nicht. Sollten nicht alle Babys niedlich sein? Dieses hier ist es definitiv nicht. Es sieht aus wie … ein zerknautschtes Marzipanschwein. Und

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