Nicht ohne Risiko (German Edition)
dass er etwas vor ihr verbarg, machte sie misstrauisch.
Sie hatte ihm nicht gesagt, dass sie ihn liebte. Jedenfalls nicht mit Worten. Sie schreckte davor zurück. Sie hatte Angst, sich verwundbar und schutzlos zu machen, wenn sie es laut aussprach. Angst, aufs Neue verletzt zu werden.
Sie wusste, dass Jim sich danach sehnte, diese Worte zu hören. Sie erkannte es an der Art, wie er ihr seine Liebe beteuerte und sie dann beobachtete, darauf wartete, dass sie irgendwie reagierte. Aber sie konnte es einfach nicht. Einfach zu antworten: „Ich liebe dich auch“ – das klang falsch in ihren Ohren. Und ihren Gefühlen bei anderer Gelegenheit Ausdruck zu geben erschien ihr zu riskant, zu Furcht einflößend.
Dennoch liebte sie ihn. Von ganzer Seele und verzweifelt. Sie brauchte ihm nur in die Augen zu schauen, und ihr Herz begann zu rasen.
Hastig wandte sie den Blick ab. Sie befürchtete, anderen könnte auffallen, wie heftig es zwischen ihnen funkte, wenn sie einander zu lange in die Augen schauten. Immerhin gab Jim sich doch als ihr Bruder aus.
„Schau mich nicht so an“, murmelte sie.
„Ich kann nicht anders“, gab er leise zurück. „Du siehst einfach toll aus. Und es macht mich wahnsinnig, mit ansehen zu müssen, wie er dich andauernd anfasst. Warum habe ich mich nur von dir zu dieser Aktion überreden lassen?“
„Weil wir Alex aufhalten müssen. Das ist richtig und wichtig. Wann wirst du versuchen, in sein Büro zu gelangen?“
„Ich habe es schon einmal versucht, aber es waren einfach zu viele Leute in der Nähe. Ich könnte ein Ablenkungsmanöver gebrauchen.“
„Was zum Beispiel?“
„Keine Ahnung. Irgendetwas Spektakuläres. Eine SchuleWale auf der Steuerbordseite. Einen Meteoritenschauer. Eine Flutwelle. Ein abstürzendes UFO.“
Auf der anderen Bordseite unterhielt Alex sich mit Marty Bevin und ihrem Mann.
„Wie wäre es mit einer Verlobung?“, fragte Emily.
„Nein! Emily, tu das nicht.“
Wenn sie jetzt zu Alex hinüberging und ihm in Martys Gegenwart sagte, sie nehme seinen Heiratsantrag an, wäre der Teufel los. Vielleicht wäre das nicht ganz so spektakulär wie ein abstürzendes UFO, aber …
Jim packte ihren Arm. Es kostete ihn Mühe, leise zu sprechen, und er schaute sich hastig um, ob sie auch niemand beobachtete. „Ich will nicht, dass du auch nur so tust, als wolltest du den Kerl heiraten.“
„Es wäre ein großartiges Ablenkungsmanöver“, wandte Emily ein und lächelte einem Mann und einer Frau zu, die etwas zu nah an ihnen vorbeigingen.
Jim wartete, bis das Paar außer Hörweite war, bevor er antwortete: „Nein.“
„Warum nicht?“
„Weil ich möchte, dass du mich heiratest.“
Das kam für ihn offenbar genauso überraschend wie für Emily. Sie starrte ihn an, er starrte zurück, in seinen Augen spiegelte sich der Schock, der vermutlich auch in ihren zu lesen stand. Jim setzte eine betont gelassene Miene auf, drehte sich zur Reling und stützte sich mit den Ellbogen darauf. Für den beiläufigen Beobachter mussten sie wie zwei Bekannte wirken, die leichthin miteinander plauderten.
Emily wandte sich ab und umklammerte die hölzerne Reling, weil ihr die Knie zu versagen drohten. Jim wollte sie heiraten .
Sie schaute übers Wasser. Die Lichter der Yacht spiegelten sich darin, funkelten und schimmerten wie Diamanten in derDunkelheit. Er wollte sie heiraten. Sie spürte, wie ihr Tränen in die Augen schossen, und sie blinzelte sie entschlossen weg.
„War das ein Heiratsantrag?“, fragte sie schließlich. Ihre Stimme klang ruhig und gelassen, passte zu ihrem gleichmütigen Blick. Er würde nie erfahren, wie viel Selbstbeherrschung es sie kostete, ihn anzuschauen.
„Nein“, stieß er so heftig und impulsiv hervor, dass sie zusammenzuckte.
Sie wollte sich abwenden.
„Ja, verdammt noch mal“, korrigierte er sich heiser. Er wandte allen anderen an Bord den Rücken zu und schloss kurz die Augen. „Ja, das war ein Heiratsantrag.“
Ein Sturm der Gefühle spiegelte sich in seinem Gesicht: Angst, freudige Erregung, Schock, Liebe, Hoffnung – all das huschte in raschem Wechsel über seine Züge, während er sie mit seinem Blick auf ihren Platz zu bannen versuchte.
„Nun sag schon was“, flüsterte er. „Nein. Nein, sag nichts. Em, du musst jetzt nicht antworten. Du musst überhaupt nicht antworten, wenn du nicht willst …“
Der Kampf war vorüber – die Liebe hatte gesiegt. Emily sah die herzzerreißende Verletzlichkeit in seinen Augen. Er liebte
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