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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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Sache. »Ich habe gestern nacht eine Wette verloren«, sagte er. »Ich hätte zuerst darauf geschworen, daß der kleine McGuire nach Hause gehen würde. Das tat er aber nicht - Sie wissen ja, was passierte.«
    Der Captain nickte. »Er hat sich vielleicht nicht getraut. Oder er hat sich - schlicht und einfach - verlaufen.«
    Tibbs nickte. »Ich halte beides für möglich, Sir, tippe aber auf Nummer zwei. Noch etwas - Sie wissen doch, wo die Schießerei stattfand. Die Stelle ist nur etwa fünf Blocks vom Arroyo Seco entfernt. Falls der Junge nicht mehr heimfand oder sich nicht nach Hause traute, kann er sich irgendwo im Park versteckt haben.«
    Lindholm lächelte. »Zwei Beamte in Zivil durchsuchen den Park seit einer Stunde. Ich würde gern noch mehr hinschicken, aber wir hatten in der Nacht zwei Raubüberfälle.«
    »Was soll ich tun?«
    »Sie befassen sich weiterhin mit der McGuire-Affäre. Sagen Sie mir Bescheid, wenn’s brenzlig wird und Sie mehr Hilfe brauchen.«
    »Danke«, sagte Virgil und ging hinaus. Zwanzig Minuten später war Tibbs im Huntington Memorial Hospital. Das Chirurgenteam, das versucht hatte, Willie Orthcutt das Leben zu retten, hatte bestimmt einen Bericht hinterlassen. Eines Details wegen, das ihm in der vergangenen Nacht aufgefallen war, lag Tibbs sehr viel daran, den Bericht einzusehen.
    Die Autopsie war zwar noch nicht ausgeführt worden, aber der vorläufige Befund war ganz klar. Die tödliche Kugel war geradlinig in den Bauch eingedrungen, woraus sich schließen ließ, daß sie aus etwa ein Meter Höhe abgefeuert worden war. Wäre das Opfer an Ort und Stelle sachgemäß verarztet worden, hätte es vielleicht gerettet werden können; allerdings war das im höchsten Grade fraglich.
    Es war noch eine zweite Verletzung vorhanden, ein Schuß in den Oberarm. Angenommen, beide Schüsse waren vom gleichen Punkt aus abgefeuert worden, dann ließ sich aus der Lage und Richtung der beiden Wundkanäle nach Ansicht der Chirurgen eine Schußentfernung zwischen drei und viereinhalb Meter errechnen. Die Kugel im Oberarm hatte den Bizeps durchbohrt und den Knochen getroffen. Die Rekonstruktion der Ärzte setzte voraus, daß beide Schüsse unmittelbar hintereinander abgefeuert worden waren, weil andernfalls das Opfer seine aufrechte Körperhaltung nicht hätte beibehalten können.
    Der medizinische Bericht schloß mit der uneingeschränkten Erklärung, daß der Bauchschuß den Tod herbeigeführt habe; die Kugel habe den Leib ganz durchquert und auf der anderen Seite wieder verlassen. Die Wirbelsäule sei dabei nicht getroffen worden, aber das sei im Hinblick auf die Todesursache unerheblich. Tibbs nahm diese Information mit Befriedigung zur Kenntnis. Der Bericht hatte Hand und Fuß und war auch dem Laien verständlich; er ersparte ihm Mühe und Zeit und konnte, so wie er war, dem Jugendgericht als Beweisstück vorgelegt werden.
    Nach dem Besuch im Krankenhaus fuhr Tibbs zu der Adresse, die Dempsey für den Jungen namens Jeff angegeben hatte. Er fand eine bescheidene Wohnung vor, wo die ganze Familie versammelt war; offenbar hatte man mit einem polizeilichen Verhör gerechnet. Seine Rassenzugehörigkeit hatte ihm seine Arbeit oft erschwert; diesmal erleichterte sie ihm seine Aufgabe.
    Die Eltern des Jungen begrüßten ihn so freundlich, wie er es sich nur wünschen konnte. Es handelte sich allem Anschein nach um achtbare, anständige Leute, die über die Tatsache, daß ihr Sohn in einen Fall von Totschlag verwickelt war, tief beunruhigt waren.
    Außer Jeff waren noch drei Schwestern da, die sich still und verschüchtert im Hintergrund hielten.
    »Ich kann bloß sagen, Mr. Tibbs«, erklärte Jeffs Mutter, »ich bin Gott von Herzen dankbar, daß der weiße Junge nicht unseren Jeff erschossen hat. Es war eine Gnade des Himmels, daß er’s nicht tat.« Sie war eine mächtige Frau von über zweihundert Pfund, als sie aber ihren Sohn an sich drückte, war sie nur noch eine hilflose Mutter, die ihren Liebling zu schützen suchte.
    Nach den üblichen Präliminarien konzentrierte sich Virgil auf Jeff. »Wie heißt du mit vollem Namen, mein Junge?« fragte er sanft.
    »Jeffrey William Howell.«
    »Gut, Jeffrey, soviel ich bisher weiß, bist du persönlich nicht in Schwierigkeiten. Du brauchst also keine Angst zu haben.«
    »Gott sei Dank«, sagte der Vater in einem überraschend vollen Baß. Er war ein dünner Mann, dessen Gesicht und Hände Zeugnis für viele Jahre harter körperlicher Arbeit ablegten. Er stand

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