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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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bescheiden in einem Winkel des einfachen Zimmers.
    Die Mutter des Jungen ergriff wieder die Zügel. »Mr. Tibbs, mir war ganz elend, weil er in einem fort in diesem aufgetakelten Wagen rumkutschierte. Es sind seine Freunde, ich weiß, aber es war trotzdem nicht recht. Es hätte ja ebensogut ihm passieren können - unserem Jungen. Ich darf gar nicht daran denken.« Sie fuhr sich hastig über die Augen.
    »Warum, glauben Sie, steckt er dauernd mit dieser Clique zusammen?« fragte Tibbs.
    »Wegen dem Jungen, den sie Sport nennen«, antwortete die dicke Frau wie aus der Pistole geschossen. »Er ist älter; ihm gehört der Wagen. Er gibt den Ton an, und die jüngeren laufen alle hinter ihm her. Und dann auch wegen Luella.«
    »Luella?«
    »Ja. Sie ist ein nettes Mädchen, soviel ich weiß, gar nicht wild oder so, aber die Jungens mögen sie alle ein bißchen zu gern.«
    »Ach, Ma«, sagte Jeffrey.
    »Na, du weißt doch, daß es wahr ist; du hast’s mir ja selber erzählt.« Sie wandte sich wieder ihrem Besucher zu. »Wir wollen mal sagen, daß Luella allgemein beliebt ist. Sie ist wohl eigentlich Sports Mädchen, aber sie hat auch bei den anderen Jungen von der Clique einen Stein im Brett und geht manchmal auch mit ihnen aus.«
    »Das klingt plausibel«, sagte Tibbs.
    »Ja, das ist der Grund - ich meine, Jeffrey ist genauso wie die anderen Jungens in sie verschossen, und deshalb stecken sie in einem fort mit Sport zusammen.«
    »Danke. Und nun, Jeffrey, erzähl mir mal genau von Anfang an, wie es passierte.«
    In Gegenwart der Eltern und des Polizeibeamten war der Junge in bußfertiger Stimmung. Er erzählte seine Version, ohne etwas zu beschönigen, und stockte nur dann und wann, als ginge ihm erst jetzt die Tragweite der Ereignisse auf. Er hatte nichts Neues zu bieten; seine Geschichte unterschied sich kaum von der Version, die Tibbs bereits von Charles Dempsey gehört hatte. In einigen unwesentlichen Details stimmten sie nicht überein; aber Tibbs wußte aus Erfahrung, daß es kennzeichnend für glaubwürdige Zeugenaussagen ist, in den Kernpunkten übereinzustimmen und in minderen Einzelheiten voneinander abzuweichen.
    Einen bestimmten Umstand prüfte Tibbs besonders eingehend - den Moment, als der erste Schuß abgefeuert wurde. Es war von höchster Wichtigkeit, festzustellen, ob Johnny McGuire aus eigenem freien Entschluß auf den Abzug gedrückt oder ob er es unabsichtlich getan hatte, als er plötzlich von hinten gepackt wurde.
    Jeffrey gab sich bei der Antwort große Mühe. »Also, Beater stand ganz still vor dem Kleinen, ging nicht auf ihn los oder so. Dann packte Sport ihn ganz schnell von hinten. Der kleine Weiße strampelte und versuchte sich loszureißen. Und da passierte es.«
    »Der Schuß ging los. Und dann?«
    »Beater, ich meine, Willie preßte die Hände vor den Bauch, und da wußte ich, daß es ihn erwischt hatte.«
    »Sagte er irgendwas?«
    »Da noch nicht. Ein oder zwei Sekunden später stöhnte er.«
    »Paß auf, Jeffrey, ich möchte, daß du dir die nächste Antwort gut überlegst, weil sie sehr wichtig ist. Was hat der weiße Junge gemacht, nachdem er den Revolver abgefeuert und Willie in den Bauch getroffen hatte?«
    Jeffrey schüttelte den Kopf. »Ich weiß nicht. Ich hatte gräßliche Angst. Ich habe direkt neben Willie gestanden, ich bin gerade noch so davongekommen.«
    »Ist dir sonst noch irgend etwas aufgefallen?«
    Der Junge riß sich zusammen. »Ich kann mich nicht mehr genau erinnern. Sport brüllte, wir sollten achtgeben, und ließ den Kleinen los, oder der Kleine riß sich von allein los, das weiß ich nicht mehr. Ich glaube, der Kleine schoß noch mal, aber, wie gesagt, sicher bin ich mir nicht - es ging alles so schnell. Jedenfalls Willie, der kippte um, und der weiße Junge rannte weg. Mir war nicht danach, hinter ihm herzurasen.«
    »Das kann ich verstehen.«
    »Dann sagte Sport, wir müßten Willie sofort ins Krankenhaus bringen. Er hob ihn auf.«
    »Allein?«
    »Tjah, Sport ist stark. Willie flennte, als Sport ihn hinten in den Wagen legte. Dann sagte Sport, wir sollten abhauen, bevor die Cops aufkreuzten, und dann fuhr er los.«
    »Warum habt ihr ihn >Beater< genannt?«
    »Weil er ein wirklich guter Schlagzeuger war und einen tollen Beat hatte. Mann, der war Klasse!«
    »Was hast du gemacht?«
    »Bin nach Hause gegangen.«
    »Hast du deiner Familie sofort von dem Zwischenfall erzählt?«
    Der Junge senkte den Kopf. »Nein. Ich dachte, Willie würde sich vielleicht wieder

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