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Nicht schießen, Johnny!

Nicht schießen, Johnny!

Titel: Nicht schießen, Johnny! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Ball
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konnte.
    Brookside-Park war der Unruheherd von Pasadena; Rasmussen wußte das nur zu gut, obwohl er bisher vorwiegend im Verkehrsdezernat gearbeitet hatte. Mit Problemen, bei denen es sich um Fahrzeuge handelte, wurde er fertig; was er hier vor sich hatte, war neu für ihn, aber er würde es verkraften müssen, denn er hatte die Verantwortung.
    Ein Steinbrocken sauste heran und prallte auf den rechten Kotflügel des Kombiwagens. Der Sergeant nahm keine Notiz davon; er wurde an anderer Stelle dringend gebraucht und hatte keine Zeit, zu Fuß hinter irgendeinem flinken Halbwüchsigen herzujagen. Auch als er an einem geparkten Wagen vorbeikam, dessen Windschutzscheibe demoliert war, drückte er beide Augen zu. Was vor ihm lag, würde viel schlimmer sein. Als er sich dem Park näherte, überraschte ihn die große Anzahl der geparkten Wagen. Er nahm an, daß dessen Fahrer zum Teil aus Los Angeles herübergekommen waren. Bei vielen Leuten war es pure Neugier und Sensationslust, aber es befanden sich bestimmt auch einige wilde Agitatoren darunter, die aufs Ganze gingen.
    Beim Anblick der Menge, die sich bereits angesammelt hatte, stiegen ihm die Haare zu Berge; er hatte nicht mal m it halb so viel Menschen gerechnet. Und noch mehr Leute strömten von allen Seiten herbei, einzeln, in Gruppen, manche im Laufschritt.
    Auf einer erhöhten Plattform brüllte ein Redner auf die Menschen ein. Er hatte ein Mikrofon vor sich, Lautsprecher links und rechts, und schilderte seinen Zuhörern gerade, was für ein wundervoller Junge Willie Orthcutt gewesen sei.
    Ted Rasmussen machte hinter dem äußersten Ring der Menschenansammlung halt, stieg aus und bereitete seinen Befehlsstand zum Einsatz vor. Dann wandte er sich an die beiden Männer, die mit ihm gekommen waren. »Ihr wißt ja, was ihr zu tun habt. Geht außen rum, auf die andere Seite und bleibt dort. Falls ich eine Durchsage machen muß, brauch ich euch als Zeugen, daß man mich auch am entferntesten Punkt hören konnte. Haltet euch aus allem raus, wenn ihr könnt. Gebt mir Bescheid, falls ihr Hilfe braucht.«
    Die zwei uniformierten Beamten gingen zusammen los. Aus einem Wagen, der dem Kombi gefolgt war, stiegen noch drei Männer von der Bereitschaftspolizei. Ted Rasmussen verließ sich auf die Autorität des Gesetzes und die Anweisungen, die man ihm gegeben hatte. Seit den blutigen Unruhen in Watts vor einigen Jahren hatte die Polizei im Umgang mit feindseligen, verhetzten Menschenmassen eine Menge dazugelernt, und der Sergeant kannte seine Lektion. »Nehmt eure Gummiknüppel mit«, sagte er zu den drei Polizisten, »aber benutzt sie nur, wenn’s unbedingt notwendig ist. Haltet euch aus Schlägereien heraus, solange es geht.« Er zeigte mit dem Kopf auf den Redner. »Ich kenne den Burschen da oben nicht, solange er aber bloß protestiert und gleiche Rechte für die Neger verlangt und so was, tut er nichts Gesetzwidriges. Merkt euch das. Sobald er sich Übergriffe erlaubt, so daß wir einschreiten müssen, kriegt ihr Bescheid. Schwärmt aus, aber behaltet mich im Auge.«
    Die drei Beamten gehorchten; in diesem besonderen Fall waren ihre Uniformen ihr bester Schutz. Obwohl sie bewaffnet waren, wären sie im Ernstfall inmitten von Hunderten fanatisierter Menschen praktisch hilflos gewesen.
    Der Sergeant klopfte mit dem Fingernagel auf das Mikrofon, um sich zu vergewissern, ob es funktionierte. Dann gab er einen ersten Bericht ins Präsidium durch. Als er Verstärkung anforderte, sagte man ihm, daß sechs uniformierte Beamte und Virgil Tibbs bereits auf dem Weg zum Brookside-Park seien. Das war eine gute Nachricht; falls die Lage sich zuspitzte, würde Virgil als erfahrener Beamter und als Neger eine echte Hilfe sein.
    »Und ich frage euch, sollen wir uns das gefallen lassen?« Das plötzliche Krescendo des Redners rüttelte Rasmussen auf und machte ihm bewußt, daß er während der letzten Minuten nicht hingehört hatte. Nicht endenwollender Beifall brandete auf, und zugleich damit geriet die Menge in Bewegung. Ein Wagen bremste neben dem Kombi, und Tibbs stieg aus.
    »Wir zahlen Steuern in Pasadena, aber wir sind keine gleichberechtigten Bürger von Pasadena«, fuhr der Redner fort. »Pasadena ist, wie ihr alle wißt, ein Spielplatz für reiche Leute, aber es sind reiche weiße Leute! Jedes Jahr wählen sie eine hübsche weiße Rosenkönigin und schmeißen Feste, wir aber müssen zusammengedrängt im Getto leben. Und das ist ungerecht!«
    »Kennen Sie ihn?« fragte Rasmussen

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