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Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante

Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante

Titel: Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Francis Lee
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brannten Tränen in meinen Augen.
    Nur vage registrierte ich die neugierigen Blicke einiger Leute, die sich im Flur des Gerichtsgebäudes aufhielten. Auch Jack musste es bemerkt haben, denn er schaute sich fluchend um. Dann zog er mich durch die nächstbeste Tür. Wohin er mich führte, wurde mir erst bewusst, als ich einen unglücklichen, völlig verwirrten Mann vor einem Urinal stehen sah.
    »Raus!«, befahl Jack.
    Das ließ sich der Mann nicht zweimal sagen. Hastig schloss er den Reißverschluss seiner Hose und stürmte hinaus.
    Sobald wir allein waren, schob Jack den Riegel vor die Tür. »Was ist los, Carlisle?«, wiederholte er.
    Seine sanfte Stimme gab mir den Rest, und ich begann zu schluchzen.
    Dann fluchte er wieder, brummte etwas von einer Nervensäge, und wanderte umher. Schließlich blieb er stehen und zwang mich, ihn anzuschauen. »Nun?«
    »Sie wird sich niemals ändern«, flüsterte ich.
    »Wer?«

    »Insgeheim habe ich immer gehofft, alles würde sich ändern - und dann könnten wir eine richtige Beziehung aufbauen.«
    »Von wem redest du, Carlisle?«
    Was ich über meine Mutter wusste, durfte ich dem gegnerischen Anwalt nicht verraten. So tief war ich noch nicht gesunken. Aber der Zorn drohte meine Brust zu sprengen wie ein wilder Kampfbulle, der endlich in die Arena stürmen will.
    »Ich hab’s satt«, würgte ich hervor und überraschte uns beide. Aber während ich mit Jack in der Herrentoilette stand, traf mich die Wahrheit wie ein Faustschlag in die Magengrube. »Ja, ich hab’s satt, ständig zu überlegen, wer meine Mutter wirklich ist. Und ich will nicht mehr hoffen, sie würde mich endlich so akzeptieren, wie ich bin. Oder sie zu enttäuschen, weil ich nicht ›fabelhaft‹ bin, weil ich mich nicht für Make-up und Tanzfeste und Jungs interessiere …«
    Sorry, ich weiß, das klingt nach Selbstmitleid. Und ich tat mir tatsächlich leid.
    »So satt habe ich’s …«
    Die Worte erstarben. Mehr konnte ich nicht sagen. Nicht zu Jack, nicht zu sonst jemandem. Niemals würde ich aussprechen, wie selbstsüchtig und oberflächlich meine Mutter war, wie gebieterisch sie ihre Forderungen an alle Mitmenschen stellte. Und sosehr man sich auch um sie bemühte, es würde ihr niemals genügen.
    Diese Erkenntnis erschien mir wie ein grelles Licht, das plötzlich einen dunklen Raum erfüllte, und ich musste blinzeln, weil es so schmerzhaft in meine Augen stach. In
diesem Moment war es mir gleichgültig, ob meine Mutter den Scheidungsprozess verlor oder gewann - ich wollte nur noch weg von hier.
    »Und ich hab’s satt, ständig auf der sicheren Seite zu bleiben«, wisperte ich.
    Wortlos starrte er mich an. »Verdammt«, murmelte er nach einer langen Pause und zog mich an sich.

30
    Ganz egal, wie man’s betrachtet - im Leben gibt es immer Dinge, die man hätte anders machen können, und mindestens zwei Möglichkeiten. Wenn wir klug sind, müssen wir nichts bereuen. Wenn nicht, fragen wir uns unentwegt, was geschehen wäre, hätten wir den anderen Weg gewählt, und die Worte »Hätte ich doch« beherrschen vielleicht unsere ganze Welt.
    Weder das eine noch das andere gefiel mir, und weil es mir nie an Ideen mangelt, entschied ich mich für eine dritte Möglichkeit - ich würde meine Fehler wiedergutmachen. Unter diesen Umständen fand ich das am vernünftigsten. Und als Jack mich umarmte, ohne seine Leidenschaft zu verhehlen, setzte ich meinen Entschluss in die Tat um.
    Wir taumelten in eine WC-Kabine, zerrten an unseren Kleidern, suchten unsere Haut und vergaßen alles - wo wir waren, wer im Gerichtssaal saß. Geradezu verzweifelt küssten wir uns, bis wir uns voneinander losrissen.
Jack schaute mich an, und ich glaubte, ich wäre nie zuvor so angeschaut worden. Ein Wasserhahn tropfte. Leise hallte das Geräusch von den Kachelwänden und dem Fliesenboden wider. Panik mischte sich mit prickelnder Erregung.
    Zitternd rang ich nach Atem, als Jacks Daumen über meine Lippen glitt. »Küss mich«, forderte er.
    Was sollte ich denn sonst tun? Ich stellte mich auf die Zehenspitzen, mein Mund verschmolz mit seinem. Da verflog der letzte Rest unserer Geduld oder Zurückhaltung. Wir pressten uns aneinander, wollten alle Barrieren überwinden. Hastig öffnete Jack meine Bluse und küsste meine nackte Haut.
    Beim Anblick meiner Schulter hielt er inne. »Was ist das?«
    Ich versuchte, den Seidenstoff darüberzuziehen. »Nur eine Narbe«, antwortete ich und hasste die Erinnerung an jenen Tag. Schluchzend, halb von

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