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Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante

Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante

Titel: Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Francis Lee
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ich in die High Heels schlüpfte, ohne die Strumpfhose, die ich nicht gefunden hatte.
    Dann raste ich zur Universität. Aber ich kam um
zwanzig Minuten zu spät, die Tür war bereits geschlossen. Atemlos stand ich davor und flehte den Prüfungsvorsitzenden an, mich einzulassen. Ohne Erfolg.
    An jenem Tag, vor der geschlossenen Tür des Prüfungsraums, konnte ich nicht fassen, was ich getan hatte. Meine Pläne, meine Zukunft - alles zerstört. Und dann rief meine Mutter an und erklärte, sie würde sich von dem Dichter scheiden lassen. Schluchzend versuchte sie, mich in ein weiteres Schlamassel hineinzuziehen. Damit ich sie wieder einmal vor einer Katastrophe bewahrte, die sie selbst verschuldet hatte …
    Das war der Moment, wo ich zusammenklappte und zu weinen begann. Ich, die vernünftige Carlisle Cushing, brach vor dem Wachtposten, der die Tür hütete, in Tränen aus.
    In den Augen der Welt war meine Mutter wunderbar, charmant und temperamentvoll, schön wie kostbares Porzellan. Aber was niemand zu verstehen schien - nicht einmal meine Schwester -, war, dass sie tatsächlich einer Porzellanfigur glich, die immer wieder zerbrach und sich dann so fachkundig reparierte, dass nur ich die Sprünge in der glatten Oberfläche sah. Ich hatte erkannt, wovon ihr Glück und ihr Selbstwertgefühl abhingen: von der Liebe eines Mannes. Und jedes Mal, wenn der Mann die Nase voll hatte und verschwand, entstanden neue Sprünge.
    Während der Wachtposten zwischen meinem Ziel und mir stand, spürte ich einen tiefen Schmerz, der meine Seele erfüllte. Nicht weil ich mein Selbstwertgefühl wegen eines Mannes verloren hatte, sondern weil das Leben
wie eine schwere Last auf meinen Schultern lag und weil ich - das gestand ich mir endlich ein - nicht wusste, wie ich es meistern sollte.
    Jack und meine Mutter überwältigten mich, Verantwortungslosigkeit und unerwünschte Pflichten zogen mich nach unten wie Zementstiefel in einem Ozean. Und so tat ich das Einzige, was einem vernünftigen Mädchen übrig blieb. Ich öffnete den großen Atlas in der Bibliothek unseres Familiensitzes und studierte die Karte von Nordamerika, schloss die Augen und tippte mit dem Zeigefinger auf irgendeinen Punkt. Zufällig landete er im Atlantik, aber in der Nähe von Nova Scotia, Maine und Boston … Den Rest kennen Sie.
    Und dann hatte ich Willow Creek verlassen, ohne irgendjemandem auch nur ein Wort zu sagen, Jack und meine Mutter inklusive.
    Im Rückblick wirkt das lächerlich. Ich bin nicht stolz, weil ich zu feige war, die Situation gründlich zu überdenken, statt in ein scheinbar gesünderes Klima zu fliehen. Und vielleicht - nur vielleicht - hatte ich diese Reise nach Texas angetreten, um jenen Fehler wiedergutzumachen. Natürlich würde ich nicht hierbleiben, nur etwas länger als bei den kurzen Besuchen, die ich genutzt hatte, um das Examen nachzuholen oder an Feiertagen familiäre Pflichten zu erfüllen. Ich würde meine Mutter entschädigen, weil ich sie damals im Stich gelassen hatte, und ihre nächste Scheidung erfolgreich abwickeln. Und ich musste Jack um Verzeihung bitten, weil ich damals ohne Erklärung verschwunden war. Vielleicht würde ich dann endlich einen Termin festsetzen und Phillip heiraten können.
    »Verdammt«, sagte Jack.
    In der Küche meiner Mutter starrten wir uns an, wollten nicht wahrhaben, was wir füreinander empfanden, und wussten nicht, wie wir den Bann brechen sollten.
    »Tante Carlisle!« Winzige Trippelschritte eilten durch den Korridor zur Küche, kleine Hände stießen die Schwingtür auf, die krachend gegen die Wand flog. »Tante Carlisle!«, schrie Priscilla, obwohl ich direkt vor ihr stand. »Du hast Besuch!«
    Jack und ich wandten uns zur Tür, die erneut aufschwang.
    »Carlisle?«
    »Phillip!«, würgte ich hervor und ließ die Flasche mit dem Putzmittel fallen.

21
    Theatralisch schnappte ich nach Luft, wie ein manierierter Filmstar.
    »Carlisle?«, wiederholte Phillip und musterte Jack über meine Schultern hinweg.
    Nicht nur wegen der furchtbar peinlichen Situation überschlugen sich meine Gedanken. »Was machst du hier, Phillip?«
    »Nun, ich wollte meine Verlobte sehen«, erwiderte er, ohne Jack aus den Augen zu lassen.
    »Verlobte?« Jack hob die Brauen, und dieses Wort riss mich aus meiner Paralyse.

    Ein paar Sekunden lang versuchte ich zu überlegen, wie ich mich aus dem Schlamassel herauslavieren könnte. Aber ich wusste es - der Moment der Wahrheit war gekommen. Und sogar ich erkannte, welche Taktik

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