Nicht schon wieder Champagner! - The Ex-Debutante
Tisches, eingehüllt in die Stille der Bibliothek, das große Buch in den Händen.
»Komm schon!«, drängte er.
Entschlossen schüttelte ich den Kopf.
»Wenn ich dir was vorschlagen darf - wir gehen ins
Moe’s, setzen uns ganz hinten in eine Nische, und ich frage dich ab.«
»Nein, Jack, ich mein’s ernst.« Mit aller Kraft zerrte ich an dem Buch, und er ließ es endlich los. »Ich kann nicht mit dir ins Moe’s gehen.«
Und dann - fast verzweifelt, weil ich alles verdammen wollte, was ich über Männer und Frauen und besonders über diese Art von Mann wusste, und weil ich außerdem ahnte, wozu die Situation führen würde - sammelte ich meine Bücher ein. Ringsherum fielen Papiere hinab. Ratternd landete mein Bleistift auf dem harten Boden. Ohne ihn aufzuheben, murmelte ich: »Bye« und rannte aus der Bibliothek.
Nie zuvor war mir etwas so schwergefallen. Ich begehrte ihn. Seit jenem Tag, an dem ich ihn zum ersten Mal gesehen hatte. Und wenn ich den Ausdruck in seinen Augen richtig deutete, wollte er mich auch. Trotzdem … Es ist unmöglich, sagte ich mir während meiner Flucht. Völlig unmöglich. Zwischen uns beiden - das würde niemals gut gehen.
Diese Sehnsucht nach einem Mann, die das Leben meiner Mutter beherrschte, ertrug ich nicht - jene Sehnsucht, die einem den Atem nimmt, wenn das ganze Selbstwertgefühl in dem Geständnis Ich liebe dich ertrinkt.
Ich stürmte hinaus, durch die schwere Bibliothekstür, die breiten Steinstufen hinab, die Bücher in den Armen. Die Sinne geschärft, roch ich viel zu intensiv den Duft des keimenden Geißblatts, der mir ins Gesicht wehte. Und ich hörte, wie die Tür hinter mir aufschwang.
»Carlisle!«
Wortlos eilte ich weiter.
»Komm schon, Carlisle.«
Obwohl die Stimme der Vernunft schrie, ich müsste weitergehen, hielten meine Füße inne. Wie aus eigenem Antrieb. Eine halbe Sekunde lang kniff ich die Augen zusammen und sagte mir - nein . Trotzdem drehte ich mich um. Einfach beschämend, wie schlecht ich mich in der Nähe dieses Jungen beherrschen konnte.
Mit einem schiefen Lächeln ging er auf mich zu, und als er vor mir stehen blieb, stockte mein Atem.
»Das hast du vergessen«, sagte er und hob meinen Bleistift hoch.
Leicht benommen starrte ich den Bleistift an. Dann ließ ich die Bücher fallen und lief die Stufen hinauf, die mich von Jack trennten.
Wirklich und wahrhaftig.
Nachdem ich mich jahrelang von ihm ferngehalten hatte, sank ich jetzt vor der juristischen Bibliothek der WCU an seine Brust. Mein Handy läutete. Im Display erschien die Nummer meiner Mutter. Offenbar besaß sie die unfehlbare Fähigkeit, mich jedes Mal zu behelligen, wenn ich von Jack Blair betört wurde. Aber diesmal ignorierte ich den Anruf und weigerte mich, mit ihr zu reden. Ich schaltete das Handy aus, ließ mich zu Jacks Harley führen und zu seinem Apartment fahren, die Arme um seine schwarze Lederjacke geschlungen.
Einen erstaunlichen Monat lang schwelgte ich in meinem Glück. Wir liebten uns auf dem Esstisch, am Küchenboden, in der hinteren Nische in Pete’s Bar and Grill. An seinen Rücken geschmiegt, raste ich auf seiner Harley
durch Willow Creek, ohne die neugierigen Blicke und das Getuschel zu beachten. Und ich verlor mich selber in allem, was ich für Jack Blair empfand.
Ich kümmerte mich nicht um meine Mutter und ihre neueste Heirat mit einem hübschen Dichter, der halb so alt war wie sie und sie abwechselnd zum Lachen und zum Weinen brachte. Entschlossen redete ich mir ein, ich sei die Tochter einer Frau, die wenigstens halbwegs erkannt hatte, was eine vernünftige, stabile Ehe ausmachte. Und ich verhielt mich so, als wüsste ich alles über eine normale Beziehung. Zumindest bis ich eines Morgens in Jacks Bett erwachte, von zerwühlten Laken umhüllt, und verspätet in die Realität zurückkehrte … An diesem Tag sollte das Examen stattfinden.
Einer Panik nahe, sprang ich aus dem Bett. Jack wachte auf und versuchte, mich zurückzuziehen. Aber ich schlug auf seine Hand. »Ich muss gehen! Sonst versäume ich die Prüfung!«
Jack schenkte mir sein berühmtes Lächeln und griff wieder nach mir. »Dann holst du sie eben ein andermal nach.«
Als wenn das so einfach wäre! Dieses Examen konnte man nur zweimal im Jahr ablegen. Also würde ich sechs Monate warten müssen.
»Nein, Jack. So verantwortungslos wie du bin ich nicht. Klar, du machst immer nur, was dir in den Kram passt. Da bin ich anders.« Ich zog mich an und hüpfte auf einem Bein herum, während
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