Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
gerade die Scherben zusammen. Ich nutzte die Gelegenheit, um mich ein bisschen umzusehen.
Obwohl Sebastian behauptet hatte, nicht lichtscheu zu sein, hatte er keine Lampen eingeschaltet. Das meiste Licht kam von dem Feuer im Kamin, und auf dem großen Vitrinenschrank brannten ein paar Kerzen. Er war eigentlich für kostbares Geschirr gedacht, doch Sebastian hatte die Regale mit Büchern gefüllt. Die dicken Wälzer hatten nicht die geringste Ähnlichkeit mit dem Lesestoff, der bei mir zu Hause herumstand. Erst einmal war nichts von Llewellyn Press dabei, dem größten New-Age-Verlag, und die Bücher hatten allesamt Ledereinbände und sahen ziemlich anspruchsvoll aus. Die meisten waren nicht auf Englisch verfasst, und wenn doch, dann in einem Dialekt, der so alt war, dass ich kein Wort verstand.
Die alten Schmöker wirkten ziemlich vampirmäßig, fast schon zu klischeehaft. Was mich überraschte, waren die Kuriositäten, die zwischen den Büchern standen: das Modell eines 1965er Mustang mit aufklappbaren Türen und Kofferraum, ein mit Juwelen besetzter Frosch mit einem Fach, in dem sich ein Rosenkranz aus Rosenquarz befand und – was ich am skurrilsten fand – ein Foto von Sebastian und ein paar Freunden in Bergsteigermontur irgendwo im Gebirge.
Ich sah mir das Foto sehr lange an. Der Himmel im Hintergrund war strahlend blau. Sebastian war … sonnengebräunt. Es war wirklich ein gutes Bild von ihm; es zeigte, wie gut gebaut er war, aber das lenkte nur davon ab, wie merkwürdig die ganze Sache eigentlich war. Ein Vampir, der Berge bestieg? Mit seinen Kumpels? In der Sonne?
Ich studierte das Foto immer noch, als Sebastian zurückkam. Ich hätte es vermutlich rasch wieder an seinen Platz stellen sollen, doch ich war völlig perplex. »Sie sind Bergsteiger?«, fragte ich erstaunt.
Er lächelte wehmütig. »Oh ja, das habe ich eine ganze Weile gemacht. Das war in Alaska.« Er kam zu mir und zeigte auf einen seiner Freunde auf dem Foto. »Das hier ist Smitty, ein verrückter Australier. Er würde Ihnen gefallen, glaube ich. Er hat auch seine verborgenen Seiten. Und das ist Ron …«
Es war wohl mein Gesichtsausdruck, der ihn innehalten ließ.
»Was?«, fragte er unsicher.
»Sie gehen wirklich in die Berge?«
»Ich bin sogar richtig geklettert«, entgegnete er, während er das Foto in meinen Händen betrachtete. »Aber ich habe damit aufgehört. Es ist zu gefährlich.«
Ich nickte. Die Gefahr, als Vampir entlarvt zu werden, stieg sicherlich gewaltig, wenn man allein mit einer Gruppe lebendiger Männer in der Wildnis unterwegs war. Als ich an die Logistik einer solchen Expedition dachte, drängte sich mir die folgende Frage auf: »Wie viel Blut müssen Sie eigentlich zu sich nehmen, damit Sie am helllichten Tag nach draußen können?«
Sebastian lachte verlegen berührt. »Finden Sie diese Frage nicht etwas taktlos? Zumal ich es diplomatisch vermieden habe, Sie nicht danach zu fragen, wie es kommt, dass Sie eine halbe Killergöttin sind.«
Ich wollte schon alles abstreiten, doch dann fiel mir wieder ein, dass Sebastian von Lilith wusste – er hatte sie sogar gesehen und es überlebt. »Takt war noch nie meine Stärke«, räumte ich ein.
»Ist mir auch schon aufgefallen.« Er reichte mir lächelnd meinen Kakao. »Glücklicherweise finde ich das ganz bezaubernd.«
Um die Tasse anzunehmen, musste ich das Foto wieder ins Regal stellen, und das Herumhantieren half mir zu überspielen, wie geschmeichelt ich mich fühlte.
Sebastian musste jedoch bemerkt haben, dass ich etwas von der Rolle war, denn er wechselte das Thema. »Erzählen Sie mir ein bisschen mehr über Ihre vatikanischen Jäger.«
»Es sind nicht meine !«, fuhr ich auf, obwohl ich natürlich wusste, wie er es gemeint hatte.
Er hob beschwichtigend die Hände. »Tut mir leid.«
Ich schüttelte den Kopf. »Nein, nein, ich wollte Sie nicht so anfahren. Ich habe nur schlechte Erfahrungen mit der Kongregation gemacht.«
»Das dachte ich mir.«
Weil Sebastian sich auf die Couch setzte, machte ich es mir in dem Sessel gemütlich, der näher am Kamin stand. Nachdem ich einen Schluck Kakao getrunken hatte, fragte ich: »Was möchten Sie wissen?«
»Zum Beispiel, warum Sie denken, dass sie hinter mir her sind.«
Ich erzählte Sebastian von der Begegnung mit der Immobilienmaklerin. »Es war ziemlich offensichtlich.«
Er nickte. »Ist schon seltsam, dass sie sich mehr für meine Hexenküche interessieren als dafür, dass ich ein Vampir bin. Man würde
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