Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
er gestorben?
Mein Interesse an ihm verlieh ihm Macht über mich. Wäre ich nicht so fasziniert von ihm gewesen, hätte ich klarer denken können. Ich hätte mehr Einfluss darauf gehabt, in welche Richtung die Beziehung lief. Aber da saß ich nun, beobachtete, wie der zuckende Schein des Feuers die Risse an der Decke verlängerte, und versuchte, mich nicht von dem ständigen Geklopfe am Fenster verrückt machen zu lassen.
Plötzlich hörte ich über mir die Dielenbretter knarren. Sebastian war wach! Kam er vielleicht zu mir herunter? Sollte ich so tun, als schliefe ich? Oder als fürchtete ich mich ganz schrecklich vor Benjamin? Ich dachte ernsthaft daran, das hilflose Weibchen zu spielen und mich in die Ecke zu kauern, vielleicht sogar ein bisschen zu wimmern, aber das konnte ich einfach nicht tun. Ich wollte nicht, dass Sebastian die Achtung vor mir verlor. Selbst wenn ich auf diese Weise vielleicht in sein Bett gekommen wäre.
Wie ich beim ersten Mal in sein Bett gelangte, war mir nämlich sehr wichtig.
Mannomann, ich hatte wirklich ein Problem. Oder ich brauchte dringend etwas Schlaf. Wahrscheinlich beides.
Ich hörte die Toilettenspülung und das Knarren des Holzbodens. Verdammt! Sebastian war nur aufgestanden, weil er pinkeln musste, und hatte vermutlich überhaupt nicht an mich gedacht.
Nachdem ich noch eine Weile über diesen deprimierenden Umstand nachgegrübelt hatte, schlief ich ein.
Als ich aufwachte, lag der Geruch von gebratenem Speck in der Luft. Ich liebte diesen Duft über alles! Wirklich jammerschade, dass ich Vegetarierin war.
Sebastian sah morgens sogar noch hinreißender aus. Als ich in die Küche kam, schnitt er gerade eine rote Paprika in Streifen und kehrte mir den Rücken zu. Und was hatte er für einen prächtigen, breiten Rücken! Weil er kein Shirt anhatte, konnte ich jeden Zentimeter seines muskulösen Oberkörpers studieren. Er trug lediglich eine dünne, mit kirschroten VW-Käfern bedruckte Baumwollschlafanzughose. Das Radio lief, und Sebastian summte fröhlich ein Lied von Johnny Cash mit, während er zum Spülbecken ging, um ein paar Champignons zu waschen.
Mensch, er war schon ein ziemlich süßer Kerl! Irgendwie kam ich auf die verrückte Idee, ihn zu kitzeln. Ich schlich mich also von hinten an ihn an, und dank Johnny hörte er offenbar nicht, wie ich barfuß über den Linoleumboden tappte. Ich stand gerade hinter ihm, als er sich zur Seite drehte, um Pilze und Gemüse in die Bratpfanne zu werfen, und das Sonnenlicht auf eine scheußliche Narbe fiel, die vom Schulterblatt bis zu seinem Allerwertesten reichte. Ich musste wohl irgendeinen Laut von mir gegeben haben, denn er drehte sich ruckartig zu mir um. Weil wir nur Zentimeter voneinander entfernt waren, hatte ich das Vergnügen, mir auch die zweite, noch scheußlichere Narbe neben seinem Brustbein ansehen zu dürfen.
»Um Himmels willen, Sebastian!«, rief ich und berührte vorsichtig die verhärtete Haut unmittelbar unter seinem Herzen. »Sie müssen ja irgendwann durchlöchert gewesen sein wie ein Schweizer Käse!«
Er legte seine Hand auf meine, als wollte er die Wunde schützen. »Das war leider der Todesstoß.«
Ich sah erschrocken auf. »Sie wurden ermordet?«
Er grinste mich an, als hätte ich etwas sehr Dummes gesagt, und legte einen Finger unter mein Kinn. »Vor meiner Wiederbelebung natürlich.«
»Ja, natürlich. Ich meine, ich weiß, dass Sie irgendwie gestorben sind. Es ist nur … Ich dachte, ein anderer Vampir hätte damit zu tun gehabt.«
»Nein.« Ein Muskel in seiner Wange zuckte, als hätte ich ein heikles Thema angesprochen.
»Wirklich nicht?«
»Wirklich nicht.« Sebastian wandte sich von mir ab, nahm einen Kochlöffel aus der Schublade und rührte das Gemüse in der Pfanne um. Der leckere Duft von angebratenen Zwiebeln und Paprika breitete sich in der Küche aus.
Irgendetwas ging mir hier eindeutig ab – etwas Wichtiges; etwas, das Sebastian zu schaffen machte. Ich betrachtete nachdenklich seinen Rücken und versuchte dahinterzukommen, was es war. Ich wusste nicht viel über das Erwachen oder wie auch immer Vampire es nannten, wenn sie auferstanden, aber ich kannte Parrishs Geschichte. Er hatte auf einer englischen Landstraße eine Kutsche überfallen, und eines seiner vermeintlichen weiblichen Opfer hatte unversehens versucht, eine warme Mahlzeit aus ihm zu machen. Parrish hatte mir erzählt, er wäre erledigt gewesen, wenn er nicht in seiner Todesangst die Kühnheit besessen hätte, sie
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