Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
schreckliche Sorgen gemacht!«
Sebastian stellte die Tüten neben der Tür ab und hängte seine Jacke auf. »Ich hatte wirklich gehofft, dass meine Schutzbanne dich von meinem Haus und meinen Freunden fernhalten, Mátyás«, sagte er mit uns zugewandtem Rücken.
Sonnyboy hatte also einen Namen: Mátyás. Der slawische Klang passte, wie ich fand, ziemlich gut zu seinem Eurotrash-Look.
Mátyás ignorierte Sebastians Bemerkung. Mir erklärte er: »Mein Vater findet es total pfiffig, wenn man das Haus eines Vampirs nur auf Einladung betreten kann.«
»Ich war nicht eingeladen«, entgegnete ich.
»Vielleicht nicht explizit, aber du hattest wahrscheinlich etwas von ihm dabei, seine Visitenkarte oder so.«
»Mátyás!«, schaltete Sebastian sich ein. »Garnet braucht von dir keine Nachhilfe in Sachen Magie!«
Vielleicht ja doch. Schutzbanne. Ich hatte es vermutet, doch nun hatte ich die Bestätigung. Sie mussten äußerst kunstvoll gefertigt sein, denn bis auf die Schwingungen war mir beim Betreten des Hauses nichts aufgefallen.
»Nein? Dann hast du dir also noch eine kleine Hexe angelacht, was? Ist sie auch eine Roma? Mama wäre begeistert.«
Sebastian wurde rot. Ob vor Wut oder Scham, vermochte ich nicht zu beurteilen. »Sprich nicht in diesem Ton von deiner Mutter!«
»Gewiss doch«, entgegnete Mátyás mit gespielter Fügsamkeit. »Wie du wünschst.«
Das Frühstück rumorte plötzlich unangenehm in meinem Magen. Ich überlegte, ob ich mich hinsetzten sollte, aber ich wollte bei dieser missratenen Vater-Sohn-Begegnung nicht noch mehr zur Zuschauerin werden.
»Ich habe Mamas Grab besucht.« Mátyás wandte sich dem Kamin zu und inspizierte seine manikürten Fingernägel. »Sie ist immer noch tot.«
»Das habe ich mir gedacht«, sagte Sebastian. Er klang gleichgültig, doch er durchbohrte Mátyás förmlich mit seinem Blick. »Hör endlich damit auf, sie ständig auszugraben! Es kostet mich ein Vermögen, sie immer wieder beerdigen zu lassen.«
Wie bitte? Das war doch wohl nicht sein Ernst? Ich sah Mátyás an, der nur mit den Schultern zuckte. Dann sagte er zu mir: »Sie ist immer noch wunderschön. Genau wie früher. Aber sie steht einfach nicht auf.«
»Sie ist tot, Mátyás«, sagte Sebastian leise. In seinem Ton schwang ein Hauch von … Bedauern? Reue? »Lass sie in Ruhe!«
»Ist sie es wirklich?« Mátyás’ Frage war an mich gerichtet. »Ich habe schon mehr als ein Medium und andere Leute mit übersinnlichen Fähigkeiten konsultiert und es mit Hexenbrettern versucht, sogar mit Totenbeschwörung, aber niemand kann sie auf der anderen Seite finden.«
Sebastian kniff grimmig die Lippen zusammen, schnappte sich die Einkaufstüten und ging in die Küche. In der Tür blieb er stehen und drehte sich zu Mátyás um. »Hast du schon mal in Erwägung gezogen, dass sie vielleicht einfach nicht mit dir reden will?«
Autsch! Ein Punkt für Dad, auch wenn ich die Bemerkung ziemlich heftig fand. »Das hat er bestimmt nicht so gemeint«, sagte ich zu Mátyás, als die Küchentür zuging.
»Oh doch, das hat er.« Mátyás stand auf und schnippte einen nicht vorhandenen Fussel von seiner Hose. Unsere Blicke kreuzten sich, und für einen kurzen Moment schien sein wahres Ich zum Vorschein zu kommen. Er sah mich traurig an und zeigte auf den »Knutschfleck« an meiner immer noch schmerzenden Schulter. »Lass das nicht zu oft mit dir machen, sonst endest du noch wie meine Mutter.«
»Glaub mir«, entgegnete ich, »das wird nicht passieren.«
»Gut.« Er nickte, und seine Erleichterung wirkte echt. Doch schon im nächsten Moment kehrte sein kaltes Lächeln zurück. »Oh, und ich hoffe, ihr seid auf Nummer sicher gegangen. Dass er tot ist, heißt noch lange nicht, dass kein Unfall passieren kann. Sieh mich an!«
»Was? Willst du damit sagen, dass Sebastian dich nach seiner Verwandlung gezeugt hat?«
Mátyás grinste nur.
Das war also ein Dhampir! Heilige Scheiße! Ich meine, ich hatte gedacht, tot wäre tot – also komplett, inklusive Sperma. Das war jedenfalls immer mein Eindruck gewesen. Parrish hatte nie etwas davon gesagt, dass wir uns um diese Dinge Sorgen machen mussten, doch ich nehme natürlich auch die Pille. Was mich daran erinnerte, dass ich sie heute noch nicht genommen hatte, und nach Kondomen hatte ich nicht gefragt … »Wie ist das möglich?«
»Magie, kleine Hexe. Magie!«, entgegnete er mit diesem überheblichen, blasierten Lächeln, das unserem kurzen Moment der Verbundenheit ein jähes Ende
Weitere Kostenlose Bücher