Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
nicht immer dieselben Pläne.«
Sebastian stützte den Ellbogen auf die Armlehne, um mich prüfend anzusehen. Wie er so dasaß mit seinem Designer-Ledermantel und seinem smarten Zopf, ließ er meine Couch noch viel hässlicher wirken. »Wer hatte denn die Idee, mein Grimoire zu klauen?«
Die Frage klang beiläufig, doch angesichts der kühlen Reserviertheit, die er ausstrahlte, wünschte ich, ich hätte ihn nicht so leichtfertig in meine Wohnung gebeten. Ich stemmte die Ellbogen auf die Couch und hievte mich hoch, um mich neben ihn zu setzen. Bei diesem Disput wollte ich mit ihm auf Augenhöhe sein. Außerdem hatte ich das Gefühl, dass es keine große Rolle spielte, was ich auf seine Frage antwortete. Es lief alles auf dasselbe hinaus. Er war hintergangen worden, und ich war an der Sache beteiligt.
»Lilith«, sagte ich trotzdem.
Ein lautes Klopfen ließ uns beide zusammenfahren, dann ertönte aus dem Flur eine energische Männerstimme: »Hier ist die Polizei! Alles in Ordnung da drin? Uns wurde gemeldet, dass hier ein Schuss abgefeuert wurde.«
Sebastian und ich sahen uns an. Wir hatten wohl beide denselben Verdacht: Wollte sich der Todesschütze des Vatikans auf diese Weise Zutritt zu meiner Wohnung verschaffen? Keiner von uns rührte sich. Ich hätte so tun können, als wäre ich nicht da, aber dummerweise hatte ich vor Schreck ein Quieken von mir gegeben, und so wusste der Mann vor der Tür, dass jemand zu Hause war. Abgesehen davon hatte er vermutlich unsere Stimmen gehört, bevor er geklopft hatte.
»Hallo?«, ließ sich die Stimme wieder vernehmen. »Es wäre wirklich nett, wenn wir kurz mit Ihnen reden könnten. Ich möchte mich gern vergewissern, ob bei Ihnen alles in Ordnung ist.«
In solchen Momenten gäbe ich alles dafür, telepathische Fähigkeiten zu besitzen. Was dachte Sebastian? Fand er auch, dass der Typ als Cop eigentlich ganz überzeugend klang? Oder hielt er genau diesen Umstand für verdächtig? Ich hatte keine Ahnung, was ich tun sollte, und war daher ziemlich erleichtert, als Sebastian aufstand und mir bedeutete, mich zurückzuziehen. Ich ging hastig wieder hinter der Couch in Deckung. Das war zwar nicht besonders heldenhaft, doch ich wollte lieber ein bisschen Stahl zwischen mir und eventuellen Querschlägern haben.
Dann fiel mir etwas ein: Wenn es sich um echte Cops handelte, musste ein Streifenwagen vor dem Haus stehen. Ich hob Parrishs improvisierte Gardine ein kleines Stückchen hoch und spähte nach draußen. Mist! Kein Polizeiauto zu sehen. »Äh, Sebastian …«, begann ich.
Er drehte sich zu mir um. Er hatte gerade aufgeschlossen und wollte einen Fuß vor die Tür stellen, als sie auch schon aufflog. Ich zog den Kopf ein.
Ich hörte ein merkwürdiges Surren, als ließe jemand ein straff gespanntes Drahtseil los, gefolgt von einem dumpfen Schlag und einem erstickten Schrei. Ich krallte entsetzt meine Finger in die Rückenlehne der Couch.
O mein Gott, Sebastian ist tot, und ich bin schuld!, dachte ich.
»Das dürfte ihn für ein Weilchen lahmlegen«, sagte die energische männliche Stimme. »Durchsucht die Wohnung! Unsere Quelle hat gesagt, es ist hier.«
Schlurfende Schritte, dann erwiderte jemand: »Ich dachte, wenn man einem Vampir einen Pfeil ins Herz jagt, ist er tot. Der hier sieht ziemlich sauer aus.«
Die gute Nachricht war, dass Sebastian anscheinend noch lebte. Die schlechte war, dass in seinem Herzen offenbar irgendein Pfeil steckte.
»Unsere Quelle hat uns doch erklärt, dass ein Pflock aus Eschenholz Vampire nur lähmt und nicht tötet.«
»Das stimmt«, sagte Sebastian nicht ohne eine gewisse Erleichterung. »Ihr seid gar keine Vampirjäger, was? Habt ihr euch nicht ein bisschen übernommen? Vergreift ihr euch normalerweise nicht an unbewaffneten, harmlosen Ökos?«
Hey, das ist nicht fair!, wollte ich schon rufen. Doch dann begriff ich, dass Sebastian sie nur zu provozieren versuchte.
Als sie nicht darauf eingingen, fuhr er fort: »Ich hoffe, ihr könnt eurer Quelle vertrauen. Ein Langbogen – sehr originell, aber ziemlich riskant. Was hättet ihr getan, wenn es nicht geklappt hätte?«, zischte er mit zusammengebissenen Zähnen. Er schien große Schmerzen zu haben. »Ihr wisst doch, dass ihr mir den Kopf mit einem Hieb abschlagen müsst, wenn ihr mich erledigen wollt? Welcher von euch Schweinehunden hat denn genug Mumm in den Knochen, um mir so nahe zu kommen?«
»Beachte ihn nicht«, sagte der Anführer. »Geh und hilf den anderen, das Buch zu
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