Nicht schon wieder ein Vampir! (German Edition)
mehr oder weniger korrekt«, entgegnete Sebastian. »Die Frage ist nur, was Ihr Hauptanliegen ist: uns zu töten oder das Buch in Ihren Besitz zu bringen.«
»Und wenn beides zutrifft?«
»Dann müssen Sie uns vorerst laufen lassen.«
»Wir könnten Sie als Geiseln festhalten«, sagte der Anführer. »Wir packen Sie einfach hinten in den Van, bis wir wissen, ob dieses Grimoire auch das ist, nach dem wir suchen.«
»Eine ausgezeichnete Idee«, entgegnete Sebastian mit einem Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. Seine Hand zitterte zwar vor Anstrengung, aber er winkte den Anführer zu sich herüber. »Dann kommen Sie mal her, und ziehen Sie den Pfeil raus! Machen wir einen kleinen Zweikampf, Mann gegen Mann. Wer von uns beiden wird wohl gewinnen, Sterblicher?«
Der Anführer trat einen Schritt zurück. »Dann nehmen wir eben Ihre Freundin.«
»Das können Sie gern versuchen«, erwiderte Sebastian.
Sein unheilvolles Lächeln schien den Anführer etwas zu verunsichern. Er drehte sich um und musterte mich, als wollte er sagen: Was hat das nun wieder zu bedeuten? Dann sah er den Sensitiven an, der energisch den Kopf schüttelte, was wohl so viel heißen sollte wie: Von der lassen wir besser die Finger. Der Anführer interpretierte es offenbar genauso, denn er steckte Sebastians Schlüssel in die Hosentasche.
»Bei welcher Bank?«, fragte er.
» Wells Fargo . Im Zentrum.«
Der Geistliche sah auf seine Uhr und runzelte die Stirn. Ich schaute zu der Uhr an der Wand. Es war schon nach acht. Die Bank hatte geschlossen.
Er sah erneut den Sensitiven an, der noch heftiger den Kopf schüttelte, ohne mich aus den Augen zu lassen.
»Warum denn nicht?«, fragte der Anführer. »Sie wäre doch eine hervorragende zusätzliche Sicherheit.«
Lilith machte sich wieder bemerkbar. Ich legte eine Hand auf meinen Bauch, um IHR Einhalt zu gebieten.
»Nein, Monsignore, das wäre sie nicht.« Der Sensitive sprach mit einem Akzent, den ich nicht recht einordnen konnte. Möglicherweise stammte er aus der Karibik. »Sie würde Hackfleisch aus uns machen.«
»Verstehe ich das richtig? Den Vampir kann ich nicht mitnehmen, weil er uns alle töten könnte, wenn ich den Pfeil rausziehe. Und die Frau kann ich nicht mitnehmen, weil sie … eine Art Ninja-Hexe ist, oder was?«
Der Sensitive gab sich nicht die Mühe, ihm zu antworten. Vielleicht wusste er die Antwort aber auch nicht.
»Du kannst sie nicht mal so lange in Schach halten, bis wir sie gefesselt haben?«, fragte der Anführer.
»Sie ist zu mächtig«, entgegnete der Sensitive und winkte ab. »Gegen diese Magie komme ich nicht an.«
Der Anführer sah richtig sauer aus, und ich fragte mich, ob er mich als Nächstes aus purem Frust erschießen würde.
»Dass Magie mächtiger ist als die Kirche«, überlegte Sebastian laut, »ist schon ein ziemlich ketzerischer Gedanke, nicht wahr?«
»Die Kirche wird schon bald mächtiger sein als ihr alle«, entgegnete der Anführer und bedachte Sebastian und mich mit einem vielsagenden Blick. Zu seinen Männern sagte er: »Wir ziehen ab.« An Sebastian gerichtet, fügte er hinzu: »Aber wenn der Schlüssel eine Finte ist, kommen wir wieder. Dann seid ihr beide dran.«
»Daran habe ich nicht die geringsten Zweifel, Monsignore«, sagte Sebastian.
Um zu unterstreichen, dass es ihm ernst war, vielleicht aber auch nur, weil er ein elender Dreckskerl war, zog der Anführer eine Pistole und schoss Sebastian in den Bauch. Ich konnte mir gerade noch die Ohren zuhalten.
»Gut«, sagte er und winkte seine Männer zu sich. Dann verließen sie im Rückwärtsgang die Wohnung und richteten dabei ihre Waffen abwechselnd auf Sebastian und mich. Nur der Sensitive nicht: Er sah mich unverwandt an, bis er die Tür hinter sich schloss.
»Vielleicht hätte ich ihnen sagen sollen, dass es ein Mikrofilm ist, nach dem sie suchen«, sagte Sebastian, nachdem ihre Schritte im Treppenhaus verklungen waren. Er schlug einen lockeren Ton an, aber ihm war anzumerken, wie er sich quälte.
Ich lief rasch zu ihm. Ein dunkelroter Fleck breitete sich auf seinem weißen Hemd aus. Blut. Mein Blut. Er brauchte dringend eine Transfusion, doch zuerst musste ich ihn vom Fensterrahmen loskriegen. »Das haben wir gleich«, sagte ich und umklammerte den Pfeil mit beiden Händen. Er war ziemlich dick; der Schaft hatte in etwa den Durchmesser eines Zehncentstücks. Ich zog so fest daran, wie ich konnte, aber er rührte sich nicht. »Mist!«
»Der Schweinehund hat gut getroffen«,
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