Nicht so stuermisch Hannah
mütterlich nennen konnte.
Ein Blick auf ihre Armbanduhr zeigte ihr, dass sie noch eine Stunde auf Adams Kommen warten musste. Innerlich kochte sie vor Wut, wenn sie darüber nachdachte, wie lässig er seine Arbeit betrachtete. Dem Mann schien es an Ehrgeiz zu fehlen. Wie wollte er im Leben vorwärts kommen?
Sie ärgerte sich über ihn, weil er das Streichen ihres Hauses ans Ende seiner Liste gestellt hatte. Und sie nahm es sich übel, dass sie sich zu solch einem ... Faulpelz hingezogen fühlte.
„Ich habe lange genug gewartet", murmelte sie vor sich hin. Sie war nicht einmal sicher, ob er - wie versprochen - am Nachmittag aufkreuzen würde.
Hannah ging ums Haus herum zu dem Schuppen und fand dort die alte wackelige Leiter, die sie schon beim Abkratzen der Farbreste auf der vorderen Veranda benutzt hatte. Dann holte
sie Farbeimer, Pinsel und Roller, die sie in der Stadt gekauft hatte. Warum auf Adam warten, wenn sie den Job auch selbst bewältigen konnte?
Der klare Menschenverstand riet ihr, mit dem Streichen oben anzufangen und sich nach unten zu arbeiten. Deshalb stellte sie die Leiter an einer Ecke der Hauswand auf und stieg hinauf, um sich zuerst die Decke der Veranda vorzunehmen. Erst, als ihr bereits weiße Farbe den Arm hinunterrann, und ein dicker Tropfen ihr Kinn zierte, wurde ihr klar, dass sie den Pinsel zu tief in die Farbe getaucht hatte. Sie streifte ihn am Farbeimer ab, wobei wiederum Farbe an ihren Händen hängen blieb. Macht nichts, sagte sie sich, waschen kann ich mich später.
Alle zehn Minuten kletterte sie von der Leiter und warf einen Blick durch das Fenster, um zu sehen, ob Brian noch am Küchentisch saß. Wahrscheinlich war es übertrieben, sich wegen Tammys Freundschaft mit Brian zu große Sorgen zu machen, aber sie wurde einfach der rätselhaften Angst nicht Herr, die sie quälte.
Sie sind verliebt, hatte Adam ihr gesagt.
Nun, es ist nicht unmöglich, dass eines Tages etwas passiert, das die beiden auseinander bringt, sorgte sich Hannah. Vielleicht enttäuschte Brian Tammy. Hannah wusste nicht, wie ihre empfindsame Schwester eine so schmerzvolle Zurückweisung verkraften würde.
Andererseits konnte diese Beziehung auch zu etwas Tieferem, Intimeren führen...
Der Gedanke veranlasste Hannah, sofort wieder von der Leiter zu steigen. Dabei rutschte ihr der Pinsel aus der Hand, und bei dem Versuch, ihn wieder aufzufangen, schätzte sie den Abstand zwischen den beiden unteren Sprossen falsch ein, und die Leiter begann bedrohlich hin und her zu schwanken.
Mit einem Aufschrei versuchte Hannah, den Farbeimer zu umklammern. Doch sie war nicht schnell genug. Er krachte zu Boden, und die weiße Farbe ergoss sich über die Holzdielen. In aller Eile wollte Hannah den Eimer wieder aufstellen, um nicht noch mehr Unheil anzurichten. Dabei trat sie auf den nassen Pinsel, verlor endgültig die Balance und saß schließlich inmitten einer Pfütze aus weißer Farbe auf dem Fußboden. Ausgezeichnet!
Schlimmer hätte es gar nicht kommen können.
Aufgeschreckt von dem Tumult, kamen Tammy und Brian angelaufen. „Haben Sie sich verletzt?", fragte der junge Mann.
„Mir ist nichts passiert." Hannah verzog das Gesicht. Sie fühlte, wie die Farbe in ihre Shorts sickerte.
„Ich dachte, Adam würde das Anstreichen übernehmen", sagte Tammy.
„Nun. Er ist nicht da." Ärgerlich schnippte Hannah mit den Fingern. „Ich kann mich auf sein Versprechen leider nicht verlassen.“
„Aber es ist doch erst Mittag", wandte Tammy ein.
Mit irritierender Pünktlichkeit fuhr Adam in genau diesen Moment vor dem Haus vor. Warum zum Teufel musste der Mann gerade heute rechtzeitig kommen?
Verzweifelt sprang Hannah auf. Sie musste verhindern, dass Adam sie in dieser abscheulichen Farbpfütze antraf, für die sie auch noch selbst verantwortlich war.
Dass ihr dabei die Farbe an den Beinen hinunterrann, machte die Sache noch schlimmer.
Adam blieb auf der ersten Stufe der Verandatreppe stehen. In seinen Augen blitzte es belustigt auf.
Wenn er auch nur eine einzige anzügliche Bemerkung macht, dann werfe ich ihm den Pinsel an den Kopf, schwor sich Hannah.
„Hallo, Tammy, hi Brian." Offensichtlich wollte Adam sich seine Belustigung nicht anmerken lassen.
Dann räusperte er sich, bevor er sich Hannah zuwandte. „Mir scheint, du hast schon ohne mich angefangen."
„Richtig."
Er sah hoch zur Decke. „Sieht gut aus."
Sein Kompliment freute Hannah, dennoch, ihre Freude hielt sich in Grenzen. „Bitte entschuldige
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