Nicht so stuermisch Hannah
mich einen Moment", sagte Hannah. „Ich komme gleich zurück. Dann können wir die Decke zu Ende streichen."
Hannah stürzte an Adam vorbei ums Haus herum, wo sie, wie sie wusste, den Gartenschlauch finden würde.
Offensichtlich war der Anblick von Hannahs farbverschmier-ten Hinterteil zu viel.
Kaum war sie um die Hausecke verschwunden, brach Adam in schallendes Gelächter aus.
Die Renovierung des Hauses schreitet gut voran, dachte Hannah. Selbstverständlich hatte Adam darauf bestanden, am Samstag und Sonntag blau zu machen und mit Tammy Angeln zu gehen, Freunde zu besuchen, und was immer er an den Wochenenden zu unternehmen pflegte. Meditation und Erholung nannte Adam das, wie er Hannah erklärt hatte. Hannah hielt das für eine beachtliche Zeitverschwendung.
Diese Überzeugung war es auch, die sie dazu trieb, mit der Arbeit am Haus fortzufahren, nachdem Adam mit Tammy und Brian zum Angeln an den See gefahren war.
Am Montag gegen Mittag kam Adam dann wieder. Bis Mittwoch war beinahe der gesamte Außenanstrich des Hauses vollendet. Und während der gemeinsamen Arbeit erfuhr Hannah eine Menge über Adam.
Er war ein harter Arbeiter - wenn er erst einmal angefangen hatte. Allerdings weigerte er sich weiterhin, vor Mittag bei ihr aufzutauchen, und Hannah hatte keine Ahnung, wie er seine Vormittage verbrachte. Zu gern hätte sie ihre Neugier befriedigt und ihn danach gefragt. Aber diese Wissbegierde sollte er ihr doch nicht anmerken. Es geht mich auch wirklich nichts an, sagte sie sich.
Adam schien die Freundschaft zwischen Tammy und Brian korrekt eingeschätzt zu haben. Je länger Hannah die beiden zusammen sah, je besser verstand sie, was Adam meinte, als er von einer unschuldigen Zuneigung gesprochen hatte. Die jungen Leute schienen eine harmlose Freundschaft zu bewahren.
Hannah erfuhr mehr über Adams Liebe zu Little Haven und den Menschen, die in dieser Stadt lebten. Er erzählte ihr, dass er ein College in Philadelphia besucht und sich für eine Weile dort niedergelassen hatte. Aber er war nach Little Haven zurückgekehrt, weil er hier glücklicher war als an allen anderen Orten der Welt.
Hannah vermutete noch andere Gründe hinter Adams Rückkehr in diese kleine Stadt. Sie wollte ihn jedoch nicht mit Fragen bedrängen. Wie auch immer, mit jedem Tag fühlte sie sich mehr aufgerüttelt von Adams Vorwürfen, die ihre selbstständige Lebensführung betrafen. Bis jetzt hielt sie lieber den Mund aus Angst, einen Streit zu entfachen, wenn sie versuchte, ihm ihr Bedürfnis nach Unabhängigkeit verständlich zu machen. Aber da der Renovierungsjob beinahe beendet war, blieb ihr dazu nicht mehr viel Zeit.
Warum es ihr so viel bedeutete, sich Adam gegenüber zu rechtfertigen, wusste Hannah nicht. Es war eben so. Und dieser Wunsch schien jeden Tag stärker zu werden.
„Nun", Adam stieg von der Leiter, „das war's heute für mich."
Aber uns bleiben noch mehrere Stunden Tageslicht, wollte Hannah protestieren. Ihnen blieb noch Zeit, zusammen zu arbeiten - zusammen zu sein.
Der Gedanke erschreckte sie. Ein Glück, dass sie ihn nicht laut ausgesprochen hatte.
Was war nur los mit ihr? Wichtig war, dass das Haus fertig gestrichen war, und nicht, dass sie Zeit mit Adam verbrachte. Aber das aufgeregte Gefühl in ihrem Bauch sagte ihr, dass sie sich dessen nicht mehr so ganz sicher war.
Adam legte den Pinsel beiseite und ergriff einen Eimer. Nachdem er ihn mit Wasser gefüllt hatte, tauchte er den Pinsel mehr mals hinein.
„Weißt du", begann Hannah zögernd, „du hattest neulich doch Recht."
Er hob die Brauen und sah sie an. Die Überraschung, die seine Miene widerspiegelte, freute Hannah, und sie lächelte.
„Ich spreche von meinem Bedürfnis nach Unabhängigkeit", erklärte Hannah.
Adam nickte. Er hatte ihre Diskussion im Park vor einer Woche nicht vergessen.
„Für mich war es immer sehr wichtig, nicht abhängig zu sein von ... von ..."
„Von einem Mann?", half Adam mit leiser Stimme aus.
„Von irgendjemandem", verbesserte Hannah.
Eine Weile fuhr Adam mit dem Reinigen seiner Malutensilien fort, ließ Hannah dabei jedoch nicht aus den Augen. Das Interesse, das er schweigend bekundete, überzeugte sie, mit ihrer Erklärung fortzufahren.
„Adam, ich war noch nicht sieben Jahre alt, als meine Mutter mich von Little Haven wegholte. Sie ging aus der Stadt, weil sie hier keine Perspektive für sich sah. Sie verließ ihren Ehemann, der nicht den Ehrgeiz besaß, etwas aus sich zu machen. Sie musste gehen.
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