Nicht tot genug 14
Klaustrophobie. Ich kann nicht –«
»Es wird rund um die Uhr jemand da sein, der sich um Sie kümmert, Sir«, sagte Nick Nicholas besänftigend.
Sie traten beiseite, um eine Frau durchzulassen, die einen Wagen mit alten Taschenbüchern vor sich her schob, und blieben dann vor einer angelehnten Zellentür stehen.
Glenn Branson stieß sie auf und trat ein, Nicholas folgte mit Bishop.
Als Erstes traf ihn der schier überwältigende, widerliche Geruch eines Desinfektionsmittels. Fassungslos schaute er sich in dem kleinen, rechteckigen Raum um. Cremefarbene Wände, brauner Boden, die gleiche harte Bank wie im Warteraum und darauf eine dünne blaue Matratze. Er schaute zu dem vergitterten Fenster hinauf; dem Beobachtungsspiegel, der außerhalb seiner Reichweite an der Decke hing und auf die Tür gerichtet war; zu der Überwachungskamera, die auf ihn herunterblickte, als wäre er Kandidat bei Big Brother.
Mein Gott. Seine Kehle wurde eng.
DC Nicholas hielt ein Bündel in der Hand, das er nun auseinanderfaltete. Ein blauer Overall aus Papier. Ein junger Mann, der ein weißes Uniformhemd und schwarze Hosen trug, kam mit einigen braunen Beweismittelbeuteln zur Tür herein und reichte sie Branson, worauf dieser die Zellentür schloss.
»Mr. Bishop, bitte entkleiden Sie sich vollständig. Auch Socken und Unterwäsche.«
»Ich will meinen Anwalt sprechen.«
»Er wird bereits benachrichtigt.« Branson deutete auf die Sprechanlage. »Sobald ihn der Haftbeamte erreicht hat, wird er zu Ihnen durchgestellt.«
Bishop fing an, sich auszuziehen. DC Nicholas legte jedes Kleidungsstück und sogar jede Socke in einen eigenen Beutel. Als er völlig nackt war, reichte Branson ihm den Papieranzug und ein paar schwarze Stoffturnschuhe zum Hineinschlüpfen.
Gerade als er den Anzug zugeknöpft hatte, knisterte die Sprechanlage, und er hörte die ruhige, aber besorgte Stimme von Robert Vernon.
Mit einer Mischung aus Erleichterung und Verlegenheit tappte er barfuß hinüber. »Robert, danke, dass Sie mich angerufen haben. Vielen, vielen Dank.«
»Geht es Ihnen so weit gut?«
»Nein, tut es nicht.«
»Brian, ich kann mir vorstellen, wie belastend das alles für Sie sein muss. Der Haftbeamte hat mich kurz informiert, aber man hat mir offenbar nicht alle Fakten genannt.«
»Können Sie mich herausholen?«
»Als Ihr Freund werde ich alles Menschenmögliche für Sie tun, aber dies ist nicht mein juristisches Fachgebiet, dafür brauchen Sie einen Experten. Leider haben wir in meiner Kanzlei niemanden, der auf Strafrecht spezialisiert ist. Der Beste hier in der Gegend ist ein Bekannter von mir, Leighton Lloyd. Er hat einen ausgezeichneten Ruf.«
»Wie schnell können Sie ihn erreichen, Robert?«
»Ich werde es jetzt gleich versuchen. Hoffentlich ist er nicht in Urlaub. Die Polizei möchte heute Abend mit der Vernehmung beginnen. Bislang hat man Sie allein zu diesem Zweck verhaftet, was bedeutet, dass man Sie nur vierundzwanzig Stunden festhalten kann. Möglicherweise mit einer Verlängerung von zwölf Stunden. Sprechen Sie mit niemandem, bevor Leighton sich mit Ihnen in Verbindung gesetzt hat.«
»Was machen wir, wenn er in Urlaub ist?«, erkundigte Bishop sich besorgt.
»Es gibt noch andere gute Anwälte.«
»Ich will aber den Besten, den Allerbesten. Geld spielt keine Rolle. Das ist doch lächerlich. Ich habe hier nichts zu suchen. Absoluter Wahnsinn. Ich habe keine Ahnung, was hier vorgeht.«
»Ich mache jetzt besser Schluss, Brian«, sagte der Anwalt ein wenig kurz angebunden. »Ich muss mich an die Arbeit machen.«
»Selbstverständlich.« Bishop bedankte sich noch einmal, dann verstummte die Sprechanlage. Erst jetzt bemerkte er, dass man ihn in der Zelle allein gelassen und die Tür verschlossen hatte.
Es war völlig still, wie in einem schalldichten Raum.
Er setzte sich auf die Matratze. Irgendetwas an dem Gespräch mit Robert Vernon störte ihn. Warum hatte er nicht mitfühlender geklungen? Nach seinem Tonfall zu urteilen, schien er sogar mit dieser Entwicklung gerechnet zu haben.
Aber wieso?
Die Tür öffnete sich wieder, und man führte ihn in einen Raum, in dem er fotografiert wurde. Dann wurden seine Fingerabdrücke elektronisch eingelesen und DNA-Proben von seiner Mundschleimhaut genommen. Danach brachte man ihn zurück in seine Zelle.
Und überließ ihn den vielen quälenden Fragen.
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MANCHE P OLIZEIBEAMTEN erlebten in ihrer Laufbahn ständige und nicht immer vorhersagbare Veränderungen. Am einen Tag
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