Nicht tot genug 14
hundertprozentiger Sicherheit schließen, dass Brian Bishop einen Zwillingsbruder hat.«
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UM KURZ NACH ZEHN betrat Nick Nicholas den in freundlichem Pastellblau gestrichenen Lesesaal der Bibliothek von Brighton. Der Geruch von Papier, Leder und Holz erinnerte ihn an seine Schulzeit, doch er war nach einer weiteren schlaflosen Nacht so erschöpft, dass er seine Umgebung kaum wahrnahm. Er trat an die Informationstheke, zeigte einer Bibliothekarin seinen Ausweis und erklärte, worum es ging.
Fünf Minuten später saß der junge Ermittler unter der kuppelförmigen, stuckverzierten Decke vor einem Microfiche-Lesegerät. Man hatte ihm ein rechteckiges Stück Film gebracht, auf dem das gesamte britische Geburtenregister für das erste Quartal 1964 gespeichert war. Er legte den Film dreimal falsch ein, bis er verstand, wie die Sache funktionierte. Dann kämpfte er mit den Knöpfen, um das Gerät einzustellen, bevor er endlich die Liste der Namen durchgehen konnte, die für seine müden Augen viel zu klein und unleserlich war.
Die hilfsbereite Adoptionsberaterin hatte ihm geraten, sich auf unverheiratete Mütter mit dem Familiennamen Jones zu konzentrieren, mit anderen Worten auf Einträge, bei denen Familienname des Kindes und Geburtsname der Mutter identisch waren.
In der Nähe summte ein Ventilator und wirbelte einige Papiere auf, bevor er sich in eine andere Richtung drehte. Vor ihm auf dem Bildschirm zogen die Namen in weißen Buchstaben auf dunklem Hintergrund vorbei. Dann endlich war er bei Jones angelangt.
Belinda. Bernard. Beverley. Brett. Carl. Caroline.
Er betätigte ungeschickt den flachen Metallgriff, worauf ihm die Liste mit den Jones völlig abhanden kam. Mit mehr Glück als Geschick fand er sie schließlich wieder.
Daniella. Daphne. David. Davies. Dean. Delia. Denise. Dennis. Dann gelangte er zu einem Desmond und hielt inne. So lautete Bishops ursprünglicher Vorname auf der Geburtsurkunde.
Desmond. Geburtsname der Mutter: Trevors. Geboren in Romford.
Leider falsch.
Desmond. Geburtsname der Mutter: Jones. Geboren in Brighton.
Bingo!
Einen anderen Desmond Jones gab es nicht auf der Liste.
Nun musste er nur noch einen weiteren Eintrag finden, bei dem der Name der Mutter passte, und kam so auf siebenundzwanzig Übereinstimmungen. Er notierte sich die Vornamen der Jungen und hechtete hinaus, wobei er sofort die Nummer von Roy Grace wählte.
Er beschloss, seinen Wagen in der Tiefgarage zu lassen, und eilte am Royal Pavilion und dem Theater vorbei, nahm die Abkürzung durch die Lanes mit ihren Juweliergeschäften und stand schon bald vor dem imposanten grauen Gebäude des Rathauses.
Fünf Minuten später saß Nicholas im kleinen Warteraum des Standesamtes, in dem ein großes Aquarium mit tropischen Fischen stand. Kurz danach kam Grace als Verstärkung hinzu. Die Adoptionsberaterin hatte sie gewarnt, dass sie womöglich Druck ausüben müssten, um an die nötigen Informationen zu gelangen.
Ein gehetzt wirkender Mann um die fünfzig, sehr förmlich in Anzug und Krawatte gekleidet, öffnete die Tür. »Ja, meine Herren? Ich bin Clive Ravensbourne, der leitende Standesbeamte. Möchten Sie zu mir oder zu einem meiner Kollegen?«
»Vielen Dank«, sagte Grace, »dass Sie uns so kurzfristig empfangen haben.«
»Bitte entschuldigen Sie, dass ich so in Eile bin, ich habe in zehn Minuten eine Trauung.« Er sah auf die Uhr. »Besser gesagt, in neun Minuten.«
»Ich habe Ihrer Mitarbeiterin bereits erklärt, weshalb wir mit Ihnen sprechen müssen. Hat sie Ihnen Bescheid gegeben?«
»Ja, ja, es geht um einen Mordfall.«
Nicholas reichte ihm die Liste mit den siebenundzwanzig Geburten. »Wir suchen nach einem Zwillingsbruder. Sagen Sie uns bitte, ob es sich bei einem dieser Jungen um den Zwillingsbruder von Desmond William Jones handelt.«
Der Standesbeamte sah ihn panisch an. »Wie viele Namen stehen auf dieser Liste?«
»Siebenundzwanzig. Wir müssen wissen, ob es eine Übereinstimmung gibt. Wir sind uns ziemlich sicher, dass einer von ihnen der Zwillingsbruder von Desmond William Jones ist. Wir müssen ihn dringend finden.«
Der Standesbeamte schaute wieder auf die Uhr. »Ich habe keine – Moment, das können wir abkürzen. Haben Sie zufällig die Geburtsurkunde von diesem Desmond William Jones?«
»Wir haben Kopien von Geburtsurkunde und Adoptionsurkunde«, antwortete Nicholas.
»Geben Sie mir bitte die Geburtsurkunde. Darauf befindet sich nämlich eine Indexnummer.«
Nicholas reichte
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