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Nicht Totzukriegen

Titel: Nicht Totzukriegen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claus Vaske
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Schoß sitze.
    »Ich … ich muss dir was gestehen. Ich bin verheiratet.«
    »Oh, wow!«
    Ja, ich geb zu, ich hab’s verpatzt. Denn als ich mich oute, sind wir schweißnass, wir liegen auf dem Teppich, und wir haben nichts mehr an. Aber konnte ich denn wissen, dass wir gleich im Wohnzimmer loslegen?
    »Und?«, fragt er.
    »Weiß auch nicht«, sage ich.
    Björn steht auf, er legt eine neue CD ein, wir ziehen um ins Schlafzimmer. Damit scheint das Thema für ihn abgehakt. Typisch Mann! Die ganze Zeit mache ich mir ernsthaft Sorgen, wie ich es ihm am besten sagen kann, ohne seine Gefühle zu verletzen, und am Ende ist es ihm gar nicht so wichtig. Er soll mir nicht die große Liebe versprechen, bloß nicht, aber ein bisschen enttäuscht könnte er gefälligst sein.
    Aber natürlich sprechen wir hinterher noch darüber, was wir einander bedeuten, also meistens tun wir das erst hinterher. Wir sitzen dann auf seinem Bett und vertilgen Reste von Fertigpizza, ich spiele Luftgitarre, er bewirft mich mit Sockenknäueln. Herrlich! Ich kann einfach so sein, wie ich will, ein längst vergessenes Gefühl. Und wir haben klare Spielregeln vereinbart: Ich genieße, was er tut, und dafür muss er nicht den Müll runterbringen. Ist doch ein Deal. Wir haben Spaß, mehr nicht. Manchmal beschwert er sich, er würde nur benutzt, gedemütigt und weggeworfen wie ein gebrauchtes Taschentuch; Melodram kann er echt gut. Dann verlange ich, wir müssten dringend über unseren Bausparvertrag reden. Es ist herrlich. Endlich kann ich wieder mit einem Mann zusammen lachen.
    Er ist jünger als ich: Ja und!? Für mich ist die Zeit mit ihm wie eine alte Jeans, die wieder passt: Es fühlt sich vertraut an. Björn gibt mir so viel, was ich bei Tom seit langem vermisst habe, er ist zärtlich, spontan und macht mir entzückende Komplimente. Ich koste jede Sekunde aus, die ich mit ihm zusammen bin. Und das weiß er auch.

30
    »Du gehst wie Jennifer Lopez mit Fußfesseln. Woran liegt das, an zu viel Training oder an zu viel … Björn?«
    Herzlichen Dank! Ausgerechnet vor unserer Donnerstagabendafterworkfreundinnenshoppingtour, zu der ich Maryam im Gericht abhole, kann ich mich vor Schmerzen kaum bewegen und watschle nur noch durch die Gegend. Gern würde ich mir eine neue Lieblingsjeans aussuchen, aber wie soll ich sie anprobieren? Ich bin nicht mal in der Lage, mir selbst die Schuhe zuzubinden.
    Schuld ist mal wieder mein übertriebener Ehrgeiz. »Bauch, Beine, Po« war mir zu langweilig, und ich fand, Poweryoga klingt entspannt, aber gleichzeitig auch sehr effektiv, in der Beschreibung auf der Homepage stand: »Durch gezielte, dynamische Übungen und progressive Posen, welche durch die Atmung unterstützt werden, gewinnen wir Widerstandskraft, Beweglichkeit, Ausdauer und Vitalität. Das Geheimnis liegt in der Balance von Ruhe und Dynamik, Power und Sensibilität, Kontrolle und Loslassen. Bei regelmäßigem Training entwickelt sich schnell das Gefühl dafür, was Körper und Seele guttut.«
    Super, dachte ich, genau das, was ich brauche, deshalb habe ich das Training gestern ausprobiert – und zwar gleich den Kurs für Fortgeschrittene, so ein bisschen meditatives Hopsen kann doch nicht so anstrengend sein.
    Entpuppt hat sich die angekündigte Balance von Ruhe und Dynamik als eine moderne Form der Folter, und meine Atmung hat mich zwischendurch nicht nur nicht unterstützt, sondern komplett im Stich gelassen.
    Erst merkt man es gar nicht, man bewegt sich ein bisschen, nimmt verschiedene groteske Körperhaltungen ein, dann kommt von vorn das Kommando »haltän, immer weiter haltäään, sie dahintäään, nicht lockerlassän«, und kurz bevor einem vor Anspannung die Augäpfel explodieren, soll man noch irgendeinen Körperteil von sich wegstrecken, von dem man in dem Moment aber schon gar nicht mehr weiß, wo er sich überhaupt befindet. Ich fühle mich, als wäre ich am ganzen Körper durchgeprügelt worden, den schlimmsten Muskelkater habe ich in den Waden, hinten an den Oberschenkeln und unter den Achseln. Was sind da für Muskeln, wozu braucht man die?
    Ich erzähle Maryam, dass ich ein neues Training ausprobiert habe.
    »Das sieht man.«
    »Danke für das Kompliment.«
    »Ich mein das ehrlich«, sagt sie anerkennend und tritt einen Schritt zurück, mustert mich von oben bis unten, was mir, so mitten im Foyer des Gerichtsgebäudes, ein wenig peinlich ist, und ich würde gern möglichst schnell Richtung Ausgang flüchten. Aber das verhindern die

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