Nichts Als Ärger
an diesem Tag sah Subar seinen Gast in einem völlig neuen Licht. Dieses Mal war er für ihn jedoch kein potenzielles Opfer, sondern jemand, der einem leidtun konnte. Das war merkwürdig. Er empfand Mitleid mit diesem begüterten, weitgereisten Außenweltler. Wenn er doch nur etwas von dem, was sich in diesem bedauernswerten Kerl verbarg, in Erfahrung bringen konnte, dann …
Er zog es vor, sich diesen Spekulationen lieber nicht länger hinzugeben.
Das war eine völlig neue Situation. Er war daran gewöhnt, die Welt in Freund und Feind aufzuteilen. Der Gedanke, dass ein völlig Fremder, und höchst seltsamer Außenweltler noch dazu, etwas anderes sein konnte - kein Freund, aber auch kein Feind -, brachte ihn ziemlich durcheinander.
Konnte er ihm vielleicht doch irgendwie nützlich sein? Sich in der Gesellschaft des Fremden aufzuhalten, wäre so, als würde man mit einer großen Bombe herumlaufen. Zwar wäre er in der Lage, anderen zu drohen, er lief aber auch Gefahr, dass ihm jederzeit alles entgleiten konnte. War er bereit, dieses Risiko einzugehen? Was seine Entscheidung noch viel schwerer machte, war die Tatsache, dass diese Bombe eigene Pläne zu haben schien.
»Ich sollte gehen.« Flinx drehte sich um, und der Minidrache, der auf seiner Schulter lag, wickelte den Schwanz um seinen Hals.
»Warte, bitte …« Erneut versuchte Subar, den Fremden zurückzuhalten, jetzt hatte er jedoch andere Absichten. Doch es war sinnlos. Flinx öffnete die Tür. Als sie aufging, hob Pip den Kopf und zischte laut.
Vor der Tür stand jemand.
Besucher und Neuankömmlinge starrten einander abschätzend an. »Tchoul«, murmelte der überraschte Chaloni, während er den Außenweltler von oben bis unten musterte. »Wer oder was ist das?« Dirran und Sallow Behdul, die neben ihm standen, bewegten die Hände in Richtung ihrer verborgenen Waffen. Flinx betrachtete das Trio ruhig.
Subar drängte sich dichter an ihn heran, damit man ihn auch sehen und hören konnte. »Laze, Chal! Er ist cool, er ist ein Freund.«
Der Ganganführer ignorierte die Beteuerungen des Jüngeren. Seine Aufmerksamkeit richtete sich einzig und allein auf Flinx. »Du hast ihn hierher gebracht? In unser Versteck?«
Subar, der sich ehrerbietig zu erklären versuchte, zwängte sich weiter vor. »Ich hab doch gesagt, er ist okay. Er hat mich vor den Käfern gerettet - und vor der Polizei.« Taktvoll verzichtete er darauf, Chaloni und die anderen daran zu erinnern, dass sie es gewesen waren, die ihn seinem Schicksal überlassen hatten, und bewies damit, dass er sich mit den Feinheiten der Erwachsenendiplomatie ziemlich gut auskannte. »Wie geht’s Zezula… und Missi?«
Der Ganganführer wog die Worte seines Untergebenen ab und murmelte leise vor sich hin. Falls er in Subars Tonfall mehr als formelle Besorgnis um Zezulas Wohlergehen zu hören glaubte, so ließ er es sich nicht anmerken. »Sie sind noch in Kolindus Klinik und werden zusammengeflickt. Immer, wenn Zez ihre Nase befühlt, will sie losziehen und den ersten Käfer, den sie sieht, umlegen.« Er begegnete Flinx’ starrem Blick. »Was ist mit dir, Langer? Wie stehst du dazu, Käfer umzubringen?«
Anders als Subar merkte Flinx, dass der Chal genannte Junge nichts Schillerndes an sich hatte. Wäre er derjenige gewesen, der zwischen kämpfenden Thranx in der Klemme saß, dann hätte Flinx keinen Finger gerührt, um ihm zu helfen. Die Emotionen, die von ihm ausgingen, verkörperten alles, was Flinx an seiner eigenen Spezies verabscheute: Gier, Egoismus, eine widerwärtige Freude am Leid anderer, ein ungebändigtes Verlangen nach Macht und noch viel mehr. Seine beiden Begleiter waren nur wenig besser, wobei der größere der beiden möglicherweise eine Ausnahme bildete. Die Emotionen des dicklicheren Jungen waren ebenso leer und langweilig wie alles andere an ihm.
Aber Subar - für Subar gab es noch Hoffnung. Und wenn das für ihn galt, dann vielleicht auch für den Rest der Zivilisation - vorausgesetzt Flinx befasste sich weiterhin mit deren unsicherer Zukunft.
Chaloni ließ eine Hand in seine Tasche gleiten und betrat den Raum. »Ich habe dich gefragt, was du über das Töten von Käfern denkst, Alter.«
Flinx hob eine Hand, um Pip zurückzuhalten, deren Meinung über den Ganganführer ziemlich genau der ihres Herrn entsprach. »Kommt drauf an, wo sie sind.«
Daraufhin blieb Chaloni stehen. Er war verblüfft, was er sich aber nicht anmerken ließ. »›Wo‹? Was meinst du mit ›wo‹?«
»Ob sie in
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