Nichts Als Ärger
aber es sah so aus, als wolltest du den ganzen Tag verschlafen.« Immer noch vorsichtig deutete er auf den daliegenden Minidrachen. »Dein Tier hat mich nicht in deine Nähe gelassen.«
Flinx nickte wissend. »Ihr Name ist Pip, sie ist ein alaspinischer Minidrache, auch geflügelte Schlange genannt. Sie beschützt mich.«
»Tsba, das ist allerdings wahr. Ich musste es einfach versuchen. Da ich dich mit Worten nicht wachbekam, dachte ich, ein wenig kaltes Wasser wäre harmlos.« Er rammte sich den Daumen gegen die Brust. »Ich bin Subar. Ich hab dich vor der Polizei gerettet.«
Flinx wischte sich mit dem Ärmel übers Gesicht, um die letzten Tropfen damit aufzusaugen, und sah sich blinzelnd um. »Irgendwie dachte ich, es wäre andersrum gewesen. Wo sind wir? Ich weiß noch, dass wir in ein öffentliches Transportmittel gestiegen sind, aber ich habe ansonsten auf nicht mehr viel geachtet. Ich war hundemüde.«
»Müde?« Subar verzog das Gesicht. »Tchai, du warst wie gelähmt. Mehrmals dachte ich, du würdest im Stehen einschlafen. Ich glaube, du warst schon weggetreten, bevor du richtig gelegen hast.« Mit dem Kinn deutete er in Richtung des Minidrachen. »Ich hätte dich ja eher geweckt, aber ich wollte kein Risiko eingehen. Hatte ich recht? Ist sie gefährlich?«
»Nur, wenn es sein muss.« Mit jetzt wieder wachen Augen betrachtete Flinx seinen Gastgeber.
»Und du?«, fragte Subar frei heraus.
»Ich? Nein, ich bin nicht gefährlich. Ich bin viel zu durcheinander, um für irgendjemand anderen als mich selbst eine Gefahr darzustellen.«
Subar verschränkte die Arme und lehnte sich mit dem Rücken an einen verbeulten Schrank. Darin befanden sich zwei Waffen, doch er sah keinen Grund, seinen Gast darauf hinzuweisen.
»Was tust du?«
»Du bist ziemlich direkt.« Flinx gähnte. »Ich bin Student.«
»Tsai? Was studierst du?«
»Alles«, erklärte Flinx seinem Gastgeber freimütig.
Oh, sbatet, dachte Subar. Ein Dilettant. Ein Philosoph. Nutzlos. Vielleicht wäre es doch besser gewesen, den Langen der schießwütigen Polizei von Malandere zu überlassen.
Andererseits hatte ihn der Fremde aus dem entschlossenen Griff der beiden Thranx gerettet und ihn durch sein vernünftiges Einschreiten vor der Aufmerksamkeit der öffentlichen Gesetzeshüter beschützt. Es bestand also die Möglichkeit, dass sein Besucher log. Die meisten Menschen konnten recht überzeugend lügen. Er wusste nicht ansatzweise genug über den Fremden, um dessen Fähigkeiten auf diesem Gebiet einschätzen zu können. Aber der Lange war kein Dieb, kein Qwarm, kein Emo. Und auch gewiss kein verdeckter Ermittler. Dieser Flinx strahlte eine seltsame Mischung aus Zuversicht und Verwirrung, Weisheit und Ignoranz aus. Subar fühlte sich schon ein wenig besser, was ihn betraf.
»Warum hast du mich vor den Käfern gerettet?«
Flinx antwortete, ohne den jugendlichen Fragesteller anzusehen. »Du hast mich an jemanden erinnert, den ich früher mal kannte. Außerdem muss ich zugeben, dass ich ziemlich verzweifelt war, als ich auf euch gestoßen bin. Indem ich dir half, hatte ich etwas zu tun. Nenn es, wie du willst. Der Wunsch nach einer kurzfristigen Ablenkung. Ein Schub intravenöser Selbstlosigkeit. Ein übler Anfall von ›Scheiß drauf‹.«
Subar gab sich Mühe, eine gleichgültige Miene aufzusetzen. »Da hatte ich wohl Glück. Aber ich wäre den Käfern auch alleine entkommen.«
»Äh, sicher wärst du das.« Flinx nickte und versuchte, nicht zu grinsen. »Die Thranx sind nicht groß und auch nicht besonders stark, aber Chitin ist deutlich robuster als Muskelgewebe, und wenn ich mich nicht verrechnet habe, sind zweiunddreißig Finger weitaus mehr als zehn.«
»Okay, okay, tsbail« Verunsichert von Flinx’ Wahrnehmungsvermögen wandte sich Subar ab. »Dann war es vielleicht doch ganz gut, dass du vorbeigekommen bist und gerade nichts Besseres zu tun hattest.« Er sah ihn wieder an. »Zuerst dachte ich, du wärst betrunken oder hättest was genommen.«
»Ich litt nur unter Schlafmangel«, erklärte Flinx. »Und, ahm, emotionalem Überfluss.«
»Oh.« Plötzlich empfand Subar Mitleid. »Y-Chromosomen-Probleme, was?«
Dieses Mal gelang es Flinx nicht ganz, das Grinsen zu unterdrücken. »Nein, nicht so ganz.«
»Was war es dann? Bist du einfach ein sehr emotionaler Kerl?«
Das Grinsen verschwand. »Du hast ja keine Ahnung, Subar.«
Nickend rückte der Junge näher. Die fliegende Schlange sah dabei noch nicht mal in seine Richtung. Es war
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