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nichts als die wahrheit

nichts als die wahrheit

Titel: nichts als die wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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Wissenschaft, dachte er. Andererseits …
    »Wetten werden entgegengenommen!« Sie strich sich mit langen Fingern das blonde Haar hinters Ohr.
    Er legte den Kopf schräg. »Ich liege eigentlich meistens richtig, aber bei Ihnen …«
    »Sagt Ihnen das DNA-Identitätsfeststellungsgesetz etwas?«
    »Also Wissenschaft!«
    »Politik. Wir haben den Antrag 14/445 zur Änderung des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes vorgestern im Bundestag verabschiedet.« Sie lachte ihm ins verblüffte Gesicht und streckte ihm die Hand hin.
    »Anne Burau. Mitglied des deutschen Bundestags. Aber der Punkt geht an Sie. Ich bin erst seit ein paar Tagen im Geschäft und habe nicht den blassesten Schimmer, für was ich da eigentlich gestimmt habe.«
    Plötzlich durchmaßen ihre Augen unruhig den Raum. Bei ihr wirkte das anders als bei ihren Kollegen – sie sah dabei so aus, als ob sie sich vergewissern wollte, daß sie auch wirklich dazugehörte.
    »Und Sie?« Er sah, wie sich langsam ihre Augenbrauen zusammenzogen, während sie ihn betrachtete. Zu seiner Überraschung machte ihn das verlegen. Wie ein Teenager fragte er sich plötzlich, ob ihr gefiel, was sie sah.
    Bevor ihm eine wirklich intelligente Antwort hätte einfallen können, schlug ihm jemand auf die Schulter und brüllte »Jonathan Frei! Jon, alter Kumpel!« in sein Ohr. Unwillig drehte er sich um und sah in das breite Grinsen seines Studienkollegen David Grossman.
    Er begrüßte ihn so hastig, wie es die Höflichkeit gerade noch erlaubte, und drehte sich dann wieder zu ihr hin. Aber sie war schon verschwunden. Abgetaucht in der Menge, als hätte sie nur auf diesen Moment gewartet.
    David schien sich wenig daran zu stören, daß er nicht gerade enthusiastisch empfangen wurde. »Hab’ ich sie vertrieben?« Der Attaché an der amerikanischen Botschaft riß die großen blauen Augen in gespieltem Entsetzen auf, bis Jonathan lachte.
    »Schon gut«, sagte er und nahm den anderen in den Arm. »Wie geht’s dir, was machst du, was führt dich hierher?« Sein Blick suchte in der Menge nach ihren blonden Haaren.
    »Willst du wirklich alles wissen?« Wieder riß David die Augen auf.
    Natürlich nicht, dachte Jonathan, winkte der Bedienung und ließ sich sein leeres Glas wieder füllen. Vor allem keine reich bebilderten Geschichten von idealen Gattinnen und gesunden Kindern.
    »Alles«, sagte er.

5
    Er hatte unruhig geschlafen. Die Bettdecke lag auf dem Boden, und das Laken schlug Falten, als er aufwachte. Er hatte von Paula geträumt, von der wunderbaren, frechen, schönen Paula, von ihren Beinen, von ihren Fesseln. Becker setzte sich auf. Prompt wurde ihm wieder heiß. Er sah sie vor sich, wie im Traum, wie in der Wirklichkeit: so, wie sie gestern auf seinem Schreibtisch gesessen hatte, mit dem kurzen Rock und mit schwingenden Beinen. Aber dann war sie plötzlich heruntergerutscht vom Schreibtisch, plötzlich saß sie auf seinem Schoß, hatte ihm die Brille abgenommen, die weißen Arme um den Hals gelegt und ihn lange und tief geküßt – und dann waren es mit einem Mal ihre Beine, mit denen sie ihn umschlang, ihre kühlen nackten Beine, und er war tief in ihr und wollte noch tiefer in sie hinein, wollte sie halten, sie stoßen, bis ihre Augen unter den halbgeschlossenen Lidern verschwammen, bis er nur noch das Weiße sah in ihren Augen, bis er schielte, bis … Becker stöhnte in der Erinnerung. Das war der schöne Teil des Traumes gewesen. Der andere war weniger schön.
    Mitten in der tiefsten Leidenschaft war die Tür aufgegangen und Paula hatte sich mit einem erschrockenen Quieken von ihm befreit. Sonnemann tat so, als ob es das Normalste von der Welt sei, daß einer seiner Redakteure im Büro die Praktikantin vögelte, lächelte Paula an, die versuchte, ihren Rock glattzustreichen, und sagte zu Becker, der hastig nach einer Zeitung gegriffen hatte, um sich zu bedecken:
    »Hast du eine Gegendarstellung zu unserem Bericht über Alexander Bunge geschrieben?«
    »Aber wieso …?« Hatte Sonnemann nicht in Hinblick auf die Auflage eine Richtigstellung abgelehnt?
    Der Redaktionsleiter schüttelte mit sanftem Tadel den Kopf. »Hast du denn wenigstens die Ermittlungsbehörden benachrichtigt?«
    »Aber …«
    Sonnemann schüttelte wieder den Kopf, machte »Tztz!«, verbeugte sich in Richtung Paula, die noch immer an ihrem Röckchen herumzupfte, und schloß die Tür sanft hinter sich.
    Becker schwang sich aus seinem zerwühlten Bett und ging auf unsicheren Beinen zur Kochnische. Es war schon

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