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nichts als die wahrheit

nichts als die wahrheit

Titel: nichts als die wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Chaplet
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hineingeschmiegt in die starken Arme. Ihre wurde noch wärmer. Die Wahrheit war: Sie hatte sich ihm an den Hals geworfen, diesem starken Helden, der sich auf sie gestürzt hatte, als lebte man noch im Dschungel.
    Hi Tarzan, I’m Jane.
    Sie hatte weiche Knie bekommen – nur weil da einer mit harten Muskeln den Beschützer spielte.
    »Du bist so sanft errötet«, spottete Emre und ließ sich auf den Stuhl neben ihr gleiten. »Hast du an was Nettes gedacht?«
    »An die Zukunft des Regenwalds«, antwortete sie und legte sich beide Hände auf die glühenden Wangen. Sie hatte die Chance verpaßt, Jonathan danach zu fragen, warum er praktischerweise zur Hand war, als sie im Dunkeln die Nerven verlor. Sollte ihn wirklich der Zufall dorthin geführt haben? Sie pustete sich das Haar aus der Stirn.
    »Jetzt seid ihr dran.« Emre nickte mit dem Kinn zur Bühne hinüber.
    »Ist es richtig, daß die Verzögerung des Baus in den Ministergärten Millionen von Steuergeldern kosten wird?« fragte ein Journalist mit modischer Halbbrille auf der Nase.
    Anne verstand den Sinn der Frage nicht. Das lag doch auf der Hand.
    »Das ist richtig«, sagte der Kollege mit dem Schlips.
    »Wann rechnen Sie mit der Wiederaufnahme der Bauarbeiten?«
    »Sobald uns das baugeologische Gutachten vorliegt, können wir …«
    Der Journalist unterbrach. »Und der Denkmalschutz?«
    »Also ich bin der festen Überzeugung …«
    Anne hörte nicht mehr hin, wie der Kollege sich aus der Affäre zu ziehen versuchte. Sie sah Emre an.
    »Erzähl mir was über Alexander Bunge.«
    Emre hatte die Arme über der Brust verschränkt, die Beine weit von sich gestreckt, und sah aus, als ob er sich auf ein Mittagsschläfchen eingerichtet hätte.
    »Alexander …? Aber Anne: Der ist tot!«
    Sie fand den Witz nicht komisch. »Was hat Bunge für eine Rolle gespielt in der Baukommission?«
    Emre sah sie scharf an und setzte sich dann auf. »Er war der Vater der Kompanie. Die Seele des Ganzen. Er hat in alle Richtungen Kontakt gehalten – zur Bundesbaugesellschaft, zu den Architekten und den Journalisten. Er kannte jede Baustelle.«
    »Und was hatte er für ein Verhältnis zu Peter Zettel?«
    »Ich glaube, die beiden waren ein gutes Gespann. Beide wie besessen von ihrem Thema – von der neuen Hauptstadt.«
    »War Bunge vielleicht – korrupt?«
    »Bunge?« Emre kratzte sich am Kopf und sah sie an, als ob sie nicht ganz bei Trost wäre.
    »Ich lege normalerweise für keinen Politiker die Hand ins Feuer, ich kenne mich ja schließlich selbst.«
    Wieder lachte er, diesmal nicht ganz so fröhlich wie sonst.
    »Aber Bunge erschien mir immer über den Niederungen des Politgeschäfts zu schweben. Er wollte das Beste. Er wollte die Zukunft …«
    Emre schien nicht weiterzuwissen. Anne nickte. Wenn Bunge ein Ausbund an Tugend war, dann waren da immer noch Mechthild Zang, eine Frau mit unübersehbar schlechtem Gewissen, und Peter Zettel, bequemerweise verschwunden. Irgend etwas jedenfalls war faul – und sie hatte die feste Absicht, es herauszufinden.
    Sie verabschiedete sich von Emre. Es war nicht weit vom Haus der Bundespressekonferenz zu ihrem Büro. Auf der Spreebrücke blieb sie stehen und ließ sich den weichen Morgenwind um die Ohren wehen. Unter ihr erläuterte eine lautsprecherverstärkte Stimme die einschlägigen Sehenswürdigkeiten. Ein Ausflugsboot glitt vorbei, auf dem Oberdeck ein Paar, das sich im Arm hielt. Voller Sehnsucht wünschte sie sich an deren Stelle.
    Vom Wasser aus sah man angeblich die Neubauten des Kanzleramts am besten. Sie bezweifelte, daß sie das jemals ausprobieren würde, und ging weiter, erst langsam, dann immer schneller, bis sie beinahe außer Atem vor ihrem Büro angelangt war. Sie stürmte die Treppe hinauf.
    Die Zang war nicht da – für einen Moment ärgerte sie sich darüber. Und eigentlich hätte es sie ebenfalls ärgern müssen, daß die Sekretärin auch heute wieder vergessen hatte, worum Anne sie schon dreimal gebeten hatte – doch statt dessen atmete sie auf beim Blick auf das Bücherregal in ihrem Arbeitszimmer. Die ganze Handbibliothek von Bunge, die schon längst seiner Familie hätte geschickt werden müssen, stand noch da, darunter Bücher, an denen sie plötzlich ein brennendes Interesse entwickelte.
    Und sogar die Protokolle der letzten Sitzungen des Bauausschusses lagen auf ihrem Schreibtisch – die Zang mußte Überstunden gemacht haben. Das Protokoll der ersten Sitzung, an der sie teilgenommen hatte, lag obenauf.
    Sie

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