Nichts als Knochen
der Schlüssel an verschiedenen Stellen noch deutliche Staubpartikel aufwies.«
»Also vielleicht ein Reserveschlüssel aus einem Versteck, das er kannte. Damit ist er in die Wohnung gekommen, nachdem Andrea ihm nicht geöffnet hatte, weil sie zu diesem Zeitpunkt bereits tot war. Wir sollten einmal nach dem Schlüsselversteck suchen und auch die Nachbarin dazu befragen.«
»Ja, das sollten wir.« Rebecca blätterte weiter in dem Bericht und las einen Abschnitt.
»Bei der Untersuchung der Fingerabdrücke hat sich ebenfalls ein interessanter Aspekt ergeben. Es finden sich auf dem Türknauf frische Abdrücke, die weder von Andrea Walterscheidt noch von Tobias Gutfeld stammen. Daneben gibt es keine weiteren Fingerabdrücke, wenn man mal von denen der Nachbarin absieht, welche die Leichen gefunden hat. Das heißt also, dass die Person, von der die nicht identifizierten Fingerabdrücke stammen, den Türknauf als letzte angefasst haben muss, nach Andrea und Tobias. Sollte sich erweisen, dass diese Abdrücke von Jan Zander stammen, könnten wir beweisen, dass er die Wohnung nach den beiden Opfern betreten hat.«
»Wieso gab es dann keine Fingerabdrücke von Andrea und Tobias?«, fragte Thomas immer noch übellaunig. »Die müssen doch auch Abdrücke hinterlassen haben, als sie in die Wohnung kamen.«
»Was weiß ich!«, gab Rebecca zurück. »Vielleicht hat Andrea noch einen großen Hausputz gemacht, bevor ihr Mörder kam, und dabei auch die Tür abgewischt. Es ist unsere Aufgabe, das herauszufinden.«
Sie blätterte noch mal in dem Bericht und las mit konzentrierter Miene einige Stellen, bevor sie die Blätter sinken ließ. Schließlich warf sie den anderen einen Blick zu und sprach mit nachdenklicher Stimme weiter.
»Es gibt da aber einen Punkt, der nicht so richtig mit der Theorie zusammenpassen will. Wenn Jan sich eine Pistole besorgt hat, um Andrea und Tobias umzubringen, warum entschließt er sich dann, Andrea zu erwürgen? Hat jemand eine Idee dazu?«
Sie sah einen Moment fragend in die Runde, bevor ihr Blick bei Martin hängen blieb.
»Was ist mit dir? Fällt dir als Psychologe nichts dazu ein?«
»Um ehrlich zu sein, ist das genau der Punkt, über den ich bei der ganzen Geschichte auch gestolpert bin.«
Martin schüttelte zweifelnd den Kopf.
»Es sind zwei Tötungsarten, die nicht so recht miteinander in Einklang zu bringen sind. Wenn ein Mensch erwürgt wird, bedeutet das fast immer, dass der Mörder starken Gefühlen unterworfen ist. Er verspürt tiefen Hass, rasende Wut oder auch krankhafte Lust am Töten. Jedenfalls ist da keine Distanziertheit zwischen Mörder und Opfer. Bei einem Schuss ist das anders. Diese Art zu töten ist nicht so unmittelbar wie das Erwürgen, sondern eher indirekt. Es ist die Kugel, die tötet, und die Hand des Mörders löst nur den Mechanismus aus, der die Kugel in Gang bringt. Es besteht eine größere Distanz zwischen Täter und Opfer.«
»Vor allen Dingen, wenn man bedenkt, dass die Tatwaffe einen Schalldämpfer hatte«, warf Christina ein. »Wenn ich mich recht erinnere, hat die Ballistikuntersuchung ergeben, dass die Waffe aus einer Entfernung von etwa zwanzig Zentimetern abgeschossen worden ist. Die Schmauchspuren wiesen aber auf einen direkt aufgesetzten Schuss hin. Also wurde höchstwahrscheinlich ein Schalldämpfer verwandt.«
»Richtig!« Martin nickte Christina zu. »Das ist genau der Punkt. Eine Pistole mit Schalldämpfer als Tatwaffe setzt eine distanzierte Planung voraus. Die Tat wird von einer anderen Warte aus gesehen, eher nüchtern und aus der Entfernung betrachtet. Das ganze Vorgehen ist planvoller, und die Verwendung eines Schalldämpfers wirkt schon fast wie die Tat eines Profikillers, nicht wie die Kurzschlusshandlung eines enttäuschten Liebhabers.«
»Du glaubst also, es ist nicht möglich, dass Jan geplant hatte, die beiden zu erschießen, und dann seine Ex-Freundin trotzdem erwürgt hat?« Rebecca sah Martin fragend an.
»Das habe ich nicht gesagt«, antwortete dieser und lehnte sich zurück. »Alles ist möglich. Es wäre nur … ungewöhnlich. Aber natürlich ist es denkbar, dass er zwar geplant hat, beide zu erschießen, aber in dem Moment, als er Andrea gegenüber stand, von Wut und Hass überwältigt wurde und sie erwürgte.«
»Gut!« Rebecca seufzte tief auf. »Wir halten also fest, dass unsere bisher entwickelte Theorie prinzipiell möglich und außerdem die bis jetzt wahrscheinlichste Alternative ist. Das Wichtigste ist jetzt wohl,
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