Nichts als Knochen
Lebowsky verzog den Mund zu einem breiten Lächeln und nickte: »Klar, mitten drin!«
»Dann würden wir gerne mal mit ihm sprechen. Es wäre möglich, dass er zur Lösung unseres Falles beitragen könnte.«
Lebowsky schüttelte entschieden den Kopf.
»Auf keinen Fall. Das würde meinen Mitarbeiter gefährden. Das kann ich nicht riskieren.«
»Ach kommen Sie! Ich will ihn nicht enttarnen, ich will nur mit ihm reden.«
Lebowsky lehnte sich so abrupt nach vorne, dass Christina zurückschreckte. Er musterte sie aus zusammengekniffenen Augen und stieß den Rauch seiner Zigarette durch die Nasenlöcher aus.
»Hören Sie, Frau Gerke. Das hier ist kein Spiel. Die Jungs von den Ringen sind knallharte Typen. Die fackeln nicht lange. Mein Maulwurf ist noch nicht lange dort und gerade dabei, sich bei den wichtigen Leuten Vertrauen zu verschaffen. Aber er steht mit Sicherheit immer noch unter ständiger Beobachtung. Ein falscher Kontakt, und er fliegt auf. Und wenn er als Bulle enttarnt wird, dann gnade ihm Gott!«
Christina hielt seinem bohrenden Blick stand und holte tief Luft.
»Wissen Sie, Herr Lebowsky, ich weiß nicht, was Sie für eine Vorstellung vom KK 11 haben, aber seien Sie versichert, dass auch wir kein Interesse an Spielchen haben. Wir wollen einen Mord aufklären, und Ihr Mitarbeiter kann uns möglicherweise dabei helfen. Also lassen Sie mich bitte mit ihm reden.«
»Er wird bis auf weiteres nicht hierher kommen. Sie müssten sich mit ihm in der Szene treffen.«
»Kein Problem.«
»Ach? Kein Problem, was? Und wie wollen Sie das bitte machen? Wollen Sie da etwa in Ihrem Seidenblüschen und Ihrer Etienne-Aigner-Jeans auftauchen und nach 'nem Tütchen Kokain fragen? Wirklich sehr glaubwürdig! Da kann ich Mehmet auch gleich den Gnadenschuss geben.«
Christina sah rasch an ihrer Bluse herunter und wandte sich dann wieder an ihr Gegenüber.
»Hören Sie, ich will mich nicht mit Ihnen herumstreiten. Sie können sicher sein, dass ich dort in sehr glaubwürdigem Outfit auftauchen werde. Wenn ihm was daran nicht passt, kann er ja wieder gehen, ohne mich zu kontaktieren. Es liegt in seiner Hand.«
Lebowsky starrte sie einige Sekunden lang an, dann nickte er.
»Also gut. Mehmet ruft mich alle zwei Tage an, wenn er gefahrlos reden kann. Ich werde ihm Ihren Wunsch mitteilen. Aber die Entscheidung, sich mit Ihnen zu treffen, liegt einzig und allein bei ihm. Und ich werde ihm sagen, dass er sofort abbrechen soll, wenn irgendwas nicht in Ordnung ist, einschließlich Ihrer Garderobe! Ist das klar?«
»Einverstanden.«
»Gut. Er müsste mich morgen kontaktieren. Ich teile Ihnen dann Ort und Zeitpunkt des Treffens mit. Sind Sie am Wochenende im Büro erreichbar?«
»Phasenweise sicherlich. Aber ich schreibe Ihnen auch meine Handynummer auf.«
Christina griff nach einem Zettel und notierte die Nummer.
»Heißt er eigentlich wirklich Mehmet?«, wollte sie noch wissen, als sie sich erhob, um zu gehen. Lebowsky nickte.
»Mehmet Yildirim, türkischstämmig mit deutscher Staatsangehörigkeit. Spricht türkisch so gut wie deutsch. Guter Mann! Einer meiner besten und für diesen Job wie gemacht.«
Er grinste, während er erneut nach der Zigarettenschachtel angelte.
»Hat steif und fest behauptet, dass er es auch mit blonder Perücke und blauen Kontaktlinsen schafft, sich das Vertrauen des Königs zu erschleichen. Und wissen Sie was? Ich glaub ihm! Allerdings halte ich es für wesentlich sicherer, wenn er es mit seiner Naturhaarfarbe und einem türkischen Namen versucht.«
Zugriff
T homas fuhr mit dem Mondeo die Luxemburger Straße entlang und hielt erst im letzten Augenblick mit quietschenden Reifen vor dem Haus an, in dem Andrea Walterscheidt gewohnt hatte. In atemberaubendem Tempo fuhr er fünfzig Meter rückwärts und zwängte sich hinter einem alten Golf in eine Parklücke, die eigentlich zu eng war und nur französisch gemeistert werden konnte. Rebecca, die sich mit beiden Händen am Haltegriff festgeklammert und die Füße gegen das Bodenblech gestemmt hatte, warf ihm einen Seitenblick zu.
»Sonst alles klar?«
»Mmpf.«
»Aha.«
Bevor sie noch eine weitere Frage stellen konnte, war er schon ausgestiegen, hatte die Tür zugeknallt und betätigte den Infrarotsender, kaum dass sie die Beifahrertür geschlossen hatte. Eilig ging sie hinter ihm her und folgte ihm ins Haus, als der Türsummer die Haustür öffnete. An der Wohnungstür der rechten Erdgeschosswohnung stand ein Mann mit langen, wirren Haaren in
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