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Nichts als Knochen

Nichts als Knochen

Titel: Nichts als Knochen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Felizitas Carmann
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er ein Karree, das aus einer doppelten Baumreihe gebildet wurde. In der Mitte befand sich ein achteckiges, mit Flechten überdecktes Steinbecken, das früher einmal ein Springbrunnen gewesen war. Sven hielt sich im Schatten der Bäume und folgte ihm in gebührendem Abstand. Hinter den Bäumen folgte ein weiteres Rosenbeet, das genauso wie das vordere aussah und auf der linken Seite von einer Reihe hoher Sträucher begrenzt wurde. Vorsichtig schlich Sven weiter und verbarg sich hinter einem Strauch. Jan war neben einem Rosenstock stehen geblieben und sah sich nach allen Seiten um. Schnell ging Sven in Deckung. Nachdem er einige Sekunden abgewartet hatte, bog er langsam die Zweige des Strauchs auseinander und sah Jan auf dem Boden knien und mit beiden Händen in der Erde wühlen. Nach kurzer Zeit griff er in das Loch, das er gegraben hatte, rüttelte ein-, zweimal und zog mit einer letzten kraftvollen Bewegung einen metallisch glänzenden Gegenstand aus der Erde. Sven brauchte nur zwei Sekunden, um seine Dienstpistole aus dem Halfter zu holen, die Sicherung zu lösen und mit schussbereiter Waffe aus seinem Versteck zu springen. Er kniff die Augen hinter den verschmutzten Brillengläsern zusammen und zielte sorgfältig.
    »Waffe fallen lassen und Hände hinter den Kopf!«, rief er scharf und unmissverständlich. Jan zuckte zusammen und drehte sich zu dem Schatten um, der am Rande des Rosengartens stand. Die Pistole, an der noch einige Erdklumpen zu erkennen waren, hielt er fest mit der rechten Hand umklammert.
    »Kripo Köln«, donnerte Sven noch mal, »lassen Sie sofort die Waffe fallen, oder ich schieße!«
    Plötzlich hallte ein Schuss durch die Nachtluft und übertönte das monotone Röhren der nahen Verkehrsader. Das Projektil schlug in dem Gebüsch ein, das bis vor wenigen Sekunden noch Svens Versteck gewesen war. Sein Herz machte einen Satz, dann bewegte Sven den rechten Zeigefinger mit dem Abzug nach hinten.
    »Nicht schießen! Es war ein Versehen!« Jans Stimme klang schrill, und seine Hand zitterte, als er die Pistole fallen ließ. Für einen Augenblick schloss Sven die Augen und atmete tief durch. Dann bewegte sich sein Zeigefinger wieder langsam nach vorne.
    »Stehen Sie mit erhobenen Händen auf und treten Sie drei Schritte zurück«, befahl er und kam näher, während Jan seinem Befehl Folge leistete.
    »Umdrehen! Hände auf den Rücken!«
    Svens Stimme klang eiskalt, obwohl er spürte, wie ihm am ganzen Körper der Schweiß ausbrach. Mit der Linken griff er nach einem Paar Handschellen, die Rechte hielt immer noch die Dienstpistole im Anschlag. Erst als die Handschellen mit einem leisen Klicken einrasteten, ließ er die Waffe sinken und atmete erleichtert auf. Dann griff er zum Handy und forderte Verstärkung an.
    »Mein Gott, das war aber auch total bescheuert von dir!«
    Knut sah Sven streng an und schüttelte missbilligend den Kopf. Er hatte sich gerade mental darauf vorbereitet, die Nachtschicht der Observierung anzutreten, als Svens Anruf ihn erreichte. Jetzt saß er in ihrem Büro auf seinem Schreibtisch und hatte einen Fuß auf den Papierkorb gestellt.
    »Warum hast du mit der Festnahme nicht gewartet, bis Verstärkung kam – oder zumindest so lange, bis Jan Zander die Pistole eingesteckt hatte? Du hättest dabei draufgehen können!«
    »Ja, verdammt, du hast ja Recht!«
    Sven saß vornübergebeugt auf einem Schreibtischstuhl und hatte die Ellenbogen auf die Oberschenkel gestützt. Seine Hände gruben sich in seine glatten, kurzen Haare und verhinderten, dass der Kopf zwischen seine Knie fiel. Zwei Stunden waren seit der Festnahme vergangen, und immer noch fühlte er sich erbärmlich. Vielleicht hatte er ja so eine Art Schock. Knut hatte Recht. Ein bisschen weiter links, und die Kugel hätte ihn erwischt.
    »Ich hab einfach instinktiv reagiert, ohne nachzudenken. Als ich sah, dass es eine Pistole war, die er in dem Rosenbeet vergraben hatte, konnte ich nur noch denken: ›Jetzt hab ich dich, du Schwein!‹ Endlich war das passiert, worauf wir seit Tagen warten, und ich wollte mir die Chance auf keinen Fall entgehen lassen. Ich bin einfach raus aus meinem Versteck und hab ihn gestellt.«
    »Ja, super!«, entgegnete Knut mit tadelndem Unterton. »Reife Leistung, wie aus dem Lehrbuch, allerdings eher unter dem Kapitel ›Fehler, die Sie auf jeden Fall vermeiden sollten‹ zu finden.«
    Sven sah auf und brachte ein schiefes Lächeln zustande.
    »Na, immerhin haben wir jetzt die Tatwaffe, und wenn ich

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