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Nichts für Anfänger - Roman

Nichts für Anfänger - Roman

Titel: Nichts für Anfänger - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Maher
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Hausmädchen im weißen Seidenhemdchen liegt, das uns beiden immer noch durch den Hinterkopf geistert, fühlt sich alles etwas komisch an. Ich warte darauf, dass sie mich einen Madser nennt, oder Finno oder sogar Jimbo, aus Scherz, aber sie tut es nicht. Sie steht vor mir, nimmt ein paar Atemzüge, als ob sie zehn verschiedene Sätze auf einmal anfangen will, tut es aber nicht.
    Wir stehen vor dem Tor, sodass man uns vom vorderen Fenster des Hauses aus wegen einer immergrünen, wuchernden Riesenhecke nicht sehen kann. Taighdhg, der allwissende Dad, und Eaghdheanaghdh, der stumme Bruder, können uns nicht bespitzeln. Saidhbh trägt eine Jeanslatzhose über ihren Doc Martens und eine alte braune Sportjacke von Taighdhg, die sie neu erfunden hat und die jetzt dank der Buttons von Madness und The Clash, ihrem Markenzeichen, wieder cool aussieht. Ihre braunen Haare hat sie sich in einem lockeren Last-Minute-Zopf aus dem Gesicht gebunden. Und selbst jetzt, im tiefsten Winter, ist ihre Haut leicht gebräunt, wodurch ihr weißlicher Lippenstift noch zauberhafter aussieht. Sie ist einfach perfekt.
    Das Schweigen zwischen uns dauert ewig lange. Wir stehen einfach da wie bestellt und nicht abgeholt. Ich halte es nicht mehr aus und platzte plötzlich mit »You leave in the morning with everything you own in a little, black case!« raus. Ganz offensichtlich hat sie für heute genug von Jimmy und würgt mich ab, indem sie sagt, ich soll mich vom Acker machen, und sich für das kleine Wangenküsschen runterbeugt. Wenn ich sage »runterbeugen«, meine ich eigentlich »ein wenig nach vorne lehnen, aber leicht nach unten« – wir sind fast gleich groß, trotz des Altersunterschieds, aber sie hat immer hohe Absätze an – nicht die hochhackigen Dinger zum Aufbrezeln, sondern die soliden fünf Zentimeter, die dir ein ordentliches Paar Docs an einem guten Tag bringt.
    Ist ja auch egal, jedenfalls lehnt sie sich für den Wangenkuss nach vorne, und aus Gründen, die allein ich und die Macher von Zoff in Beverly Hills kennen, drehe ich ganz plötzlich im letzten Augenblick den Kopf rum und gehe auf Frontalkontakt, mit den Lippen.
    Für eine Nanosekunde, genau in diesem Moment des unbeholfenen und erschlichenen Kontaktes, denke ich, Das ist es. Das ist der Moment, wo alles anfängt! Wo sich mein Leben zum Besseren wendet! Endlich! Aber dann zieht sie blitzschnell den Kopf zurück und sagt: Was soll der Scheiß?! Und sie sieht mich an, als hätte sie gerade einen riesengroßen, dampfenden Haufen Scheiße geküsst. Sie nimmt die Hand zum Mund und macht eine halbe Wegwischbewegung (als wäre ich hier derjenige, der Lippenstift trägt), und dann hastet sie kopfschüttelnd zurück ins Haus.
    Das war’s dann erst mal für eine weitere Ewigkeit. Weihnachten ’84 kommt und geht, dann der ganze Januar und die ersten beiden Februarwochen. Es dauert ganz genau bis 18:45 Uhr am Abend vor meinem vierzehnten Geburtstag. Kein Wort. Kein Anruf. Keine einzige Hollywoodkomödie. Nichts. Die Leitung wird ganz offiziell gekappt. Und das alles wegen einem einzigen verunglückten Kuss.
    Folglich ist Weihnachten total öde. Alle schenken mir das Falsche. Für sie bin ich das ewige Kind. Die haben keine Ahnung, was in mir drin oder um mich herum passiert.
    Am Tag selbst lasse ich mir nichts anmerken. Ich zerreiße einfach das Geschenkpapier und sage: Wow! Boba Fett! Und nochmal: Wow! Einen Snowtrooper mit Rucksackzubehör habe ich mir schon immer gewünscht! Die Schwestern schenken sich Klamotten und Ohrringe und CD s von den Thomson Twins und Paul-Young-Poster. Mam schenkt Dad tausend praktische Sachen, so Wischdinger für die Windschutzscheibe und ein Steckteil für den Kofferraum, in das die Wischdinger reinkommen. Als er an der Reihe ist, ihr ein Geschenk zu überreichen, wandern unsere Blicke zu ihm, und wir alle denken, weil er ein Dad ist und weil er immer noch die Todmüde-Krankheit hat, dass er es vergessen hat oder dass er einfach nicht die Kraft hatte, ihr eins zu kaufen, geschweige denn einzupacken. Aber er wird ganz still und kichert und verschwindet aus dem Zimmer und kommt mit einem riesi gen Karton zurück, groß genug, dass ein Wäschetrockner dar in Platz hätte.
    Wir alle wissen, dass Mam sich einen Trockner wünscht, seit sie Maura Connell in Aktion gesehen hat, schon vor über einem Jahr. Mauras Mann Tim hat mal kurz zehn Minuten Pause bei seinem Pilotenjob gemacht und hat ihr heimlich in der Stadt bei Clery’s einen gekauft. Hat ihn

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